Die prähistorische Evolution... ca. 9600 und 7000 v. Chr.
Beuronien
Beuronien, benannt nach dem Fundort in Beuron, Deutschland, ist eine bedeutende Kulturstufe, die zwischen etwa 9600 und 7000 v. Chr. datiert wird. Diese Periode liegt größtenteils innerhalb der älteren Mittelsteinzeit, auch bekannt als Alt-Mesolithikum, mit fließenden Übergängen in die jüngere Mittelsteinzeit, das Jungmesolithikum. Das Beuronien wird üblicherweise in drei Hauptstufen, A bis C, unterteilt, wobei jede Stufe ihre eigenen charakteristischen Merkmale aufweist.
Beuronien A zeichnet sich durch langschmale Trapeze und gleichschenklige-stumpfwinklige Dreiecke aus. Diese geometrischen Formen, die auf verschiedenen Artefakten wie Keramik und Steinwerkzeugen zu finden sind, geben Einblick in die künstlerischen und technologischen Fähigkeiten dieser prähistorischen Gesellschaft.
Im Beuronien B nehmen gleichschenklige-spitzwinklige Dreiecke eine prominente Rolle ein. Diese Formen weisen auf mögliche kulturelle Veränderungen oder Fortschritte innerhalb der Beuronien-Gemeinschaft hin und könnten auch auf unterschiedliche Verwendungszwecke oder symbolische Bedeutungen hinweisen.
Schließlich zeichnet sich das Beuronien C durch das Vorkommen winziger, extrem ungleichschenkliger Dreiecke aus. Diese Details könnten auf eine Verfeinerung der handwerklichen Fähigkeiten und eine zunehmende Spezialisierung innerhalb der Beuronien-Kultur hinweisen. Die Untersuchung und Klassifizierung dieser Artefakte ermöglicht es Archäologen, die Entwicklung dieser prähistorischen Gesellschaft zu rekonstruieren und Einblicke in ihre Lebensweise, Technologien und sozialen Strukturen zu gewinnen.
Forschungsgeschichte des Beuronien
Die Entdeckung und Erforschung einer prähistorischen Kulturstufe
Die Forschungsgeschichte des Beuronien ist eng mit dem Prähistoriker Wolfgang Taute verbunden, der den Begriff im Jahr 1972 prägte. Taute benannte diese archäologische Kultur nach dem Fundort in der Jägerhaushöhle nahe Beuron, obwohl sich die Höhle tatsächlich auf dem Gebiet der Stadt Fridingen im Landkreis Tuttlingen befindet. Diese Namensgebung führte dazu, dass der Begriff „Beuronien“ synonym für das Frühmesolithikum in diesem Verbreitungsgebiet verwendet wird. Tautes bahnbrechende Arbeit trug maßgeblich dazu bei, das Beuronien als eigenständige Kulturstufe innerhalb der prähistorischen Chronologie zu etablieren. Seine Untersuchungen von Fundstätten und Artefakten aus dieser Periode lieferten wichtige Erkenntnisse über die Lebensweise, Technologien und sozialen Strukturen der Menschen, die während des Beuronien lebten.
Verbreitung und Ausdehnung der Beuronien-Kultur
Ein Blick auf ihre geografische Reichweite und Einflusssphäre
Das Beuronien erstreckt sich geografisch von Paris im Westen über Hessen im Norden bis an die Karpaten im Osten und die Alpen im Süden. Diese weitreichende Verbreitung zeugt von der Bedeutung und dem Einfluss dieser prähistorischen Kultur auf große Teile Europas während ihres Bestehens zwischen etwa 9600 und 7000 v. Chr. Im Verlauf seiner Existenz erlebte das Beuronien dynamische Veränderungen und Interaktionen mit benachbarten Kulturen. Ab etwa 9000 v. Chr. begann sich nördlich dieser Region die Maglemose-Kultur zu entwickeln, deren Einflussbereich sich über Skandinavien erstreckte. Gleichzeitig entstanden in Frankreich und Spanien das Sauveterrien und andere regionale Kulturen, die spezifische Eigenheiten und Merkmale aufwiesen. Diese Entwicklungen zeugen von komplexen kulturellen Austauschprozessen und möglichen Migrationsbewegungen, die das archäologische Bild dieser Zeit prägten.
Lebensweise der Beuronien-Kultur
Jäger, Sammler und die Anpassung an eine sich wandelnde Welt
Die Menschen des Beuronien lebten in einer Zeit des Wandels, während sich die Umweltbedingungen nach dem Ende der letzten Eiszeit, insbesondere im Präboreal ab etwa 9600 v. Chr., veränderten. Diese Veränderungen erforderten eine Anpassung an die neuen Gegebenheiten, die sich auch auf ihre Lebensweise auswirkten. Als Jäger und Sammler waren die Menschen des Beuronien stark von den Ressourcen ihrer Umgebung abhängig. Sie jagten mit Lanzen, Speeren und Pfeil und Bogen und bevorzugten dabei Beute wie Rothirsche, Rehe und Wildschweine, die in ihrer Umgebung reichlich vorhanden waren. Zunehmend spielte auch der Fischfang eine wichtige Rolle in ihrer Ernährung, da Gewässer in der Nähe reiche Quellen für Nahrung boten. Neben verschiedenen Fischarten nutzten sie auch Muscheln, Vogeleier, Pflanzen und Nüsse, um ihren Nahrungsbedarf zu decken.
Eine bemerkenswerte Entwicklung während des Beuronien war die Nutzung von Wasserfahrzeugen, die einen effizienteren Zugang zu Fischbeständen ermöglichten und möglicherweise auch für den Handel oder die Kommunikation zwischen Gemeinschaften genutzt wurden.
Die Wohnbauten der Beuronien-Gesellschaften bestanden hauptsächlich aus natürlichen Materialien wie Schilf und Ästen, die zu einfachen Strukturen zusammengebunden wurden. Diese Unterkünfte boten Schutz vor den Elementen und dienten als Rückzugsort für Familien und Gemeinschaften.
Bestattungspraktiken geben ebenfalls Einblicke in die sozialen Strukturen und kulturellen Praktiken der Beuronien-Gesellschaften. Oft wurden Familiengräber gefunden, die darauf hinweisen, dass die Bestattungstraditionen eng mit familiären Bindungen verbunden waren. Es wurden auch Gräber entdeckt, in denen möglicherweise eine Mutter mit ihrem Kind bestattet wurde, was auf die Bedeutung der Familie und des Familienerbes hinweist.
Werkzeuge der Beuronien-Kultur
Steinzeitliche Innovationen und Technologien für Jagd und Alltagsleben
In den frühen Phasen des Beuronien ähnelten die hergestellten Steinwerkzeuge noch stark den Formen aus der jüngeren Altsteinzeit. Werkzeuge wie Messer, Schaber und zunehmend Mikrolithen wurden aus Klingenabschlägen hergestellt, wobei die Techniken zur Herstellung und Bearbeitung von Steinwerkzeugen kontinuierlich weiterentwickelt wurden. Eine bemerkenswerte Innovation während des Beuronien war die zunehmende Verwendung von sogenannten Querschneidern, Pfeilspitzen, die eine auffällige Ähnlichkeit mit Schneiden aufwiesen. Diese speziellen Werkzeuge waren für die Jagd von entscheidender Bedeutung und zeugen von einer verbesserten Technik in der Herstellung von Jagdwerkzeugen, die es den Menschen ermöglichte, effizienter und präziser zu jagen.
Ein weiterer interessanter Aspekt der Steinwerkzeuge des Beuronien ist die Anwesenheit von Verfärbungen und einem Glanz auf vielen Funden, was auf eine mögliche Temperung hinweist. Die Temperung von Steinwerkzeugen war eine Technik, bei der die Werkzeuge durch Hitzebehandlung verfestigt und verbessert wurden, was ihre Haltbarkeit und Effektivität erhöhte. Diese Praxis deutet auf ein hohes Maß an handwerklichem Geschick und technologischer Innovation innerhalb der Beuronien-Gesellschaften hin. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Steinwerkzeugen im Verlauf des Beuronien spiegelt die Anpassungsfähigkeit und das technologische Know-how dieser prähistorischen Gesellschaften wider.
Frühmesolithikum
STECKBRIEF
01
Name
Beuronien-Kultur
02
Alter
Circa 9600 bis 7000 v. Chr.
03
Namensgeber
Wolfgang Taute, 1972
04
Fundort
Hauptsächlich in der Jägerhaushöhle nahe Beuron, Deutschland, aber auch in einem weitreichenden Gebiet von Paris im Westen über Hessen im Norden bis an die Karpaten im Osten und die Alpen im Süden
05
Lebensweise
- Jäger und Sammler, zunehmend Fischfang
- Verwendung von Lanzen, Speeren, Pfeilen und Bögen zur Jagd
- Ernährung: Rothirsche, Rehe, Wildschweine, verschiedene Fischarten, Muscheln, Vogeleier, Pflanzen und Nüsse
- Verwendung von Wasserfahrzeugen für den Fischfang
- Wohnbauten aus natürlichen Materialien wie Schilf und Ästen
- Familiäre Bestattungspraktiken
06
Technologie
- Fortschrittliche Steinwerkzeuge, darunter Messer, Schaber, Mikrolithen und Querschneider (Pfeilspitzen)
- Mögliche Anwendung von Temperungstechniken zur Verfestigung von Steinwerkzeugen
07
Kulturelle Merkmale
- Starke Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen nach dem Ende der letzten Eiszeit
- Enge Verbindung mit der Natur und Nutzung lokaler Ressourcen
- Betonung familiärer Bindungen und Gemeinschaft
08
Forschungsgeschichte
- Begriff von Wolfgang Taute geprägt, 1972
- Namensgebung nach Fundort in der Jägerhaushöhle nahe Beuron, Deutschland
09
Bedeutung
- Etablierung als eigenständige Kulturstufe innerhalb der prähistorischen Chronologie
- Wichtige Bezugspunkt für die Erforschung der frühen Menschheitsgeschichte Europas
- Kontinuierliche Weiterentwicklung von Technologie, Lebensweise und kulturellen Praktiken während des Mesolithikums