Die prähistorische Evolution... ca. 10.000 und 9.500 v.Chr
Göbekli Tepe
Göbekli Tepe, was auf Türkisch „bauchiger Hügel“ und auf Kurdisch „Xirabreşk“ bedeutet, ist eine bedeutende archäologische Stätte, die durch ihre außergewöhnlichen prähistorischen Großbauten beeindruckt. Diese Struktur befindet sich auf einer Anhöhe, die nicht natürlicher Herkunft ist, sondern im Laufe der Zeit durch menschliche Aktivitäten entstanden ist. Seit den 1990er Jahren wird diese Stätte von einem Langzeitprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts intensiv erforscht. Entdeckt wurde sie von dem Archäologen Klaus Schmidt, der die Monumente als die ältesten bekannten Großbauten der Menschheit einordnete. Über ihre genaue Funktion gibt es unter Fachleuten unterschiedliche Ansichten.
Die am weitesten verbreitete Theorie, die Schmidt selbst aufgestellt hat, besagt, dass es sich bei Göbekli Tepe um neolithische Bergheiligtümer handelt. Diese seien nur durch die kooperative Anstrengung verschiedener Gruppen errichtet worden, was auf eine gewisse politische Organisation der frühen Jäger- und Sammlergesellschaften hinweist. Solche Überlegungen stützen die These, dass schon vor etwa 12.000 Jahren kleine, überschaubare Gemeinschaften des Homo sapiens die Fähigkeit besaßen, komplexe soziale Strukturen zu entwickeln und aufrechtzuerhalten. Geografisch liegt Göbekli Tepe im türkischen Teil von Mesopotamien, etwa 15 Kilometer nordöstlich der heutigen Stadt Şanlıurfa in Südostanatolien. Es erhebt sich auf dem höchsten Punkt der Germuş-Bergkette, rund 750 Meter über dem Meeresspiegel. Der archäologische Hügel, der ungefähr 15 Meter hoch ist und an seiner Basis einen Durchmesser von etwa 300 Metern aufweist, ist ein sogenannter Tell, der durch sukzessive Besiedlungsschichten entstanden ist.
Ein besonderes Merkmal der Stätte sind die Steinskulpturen und Reliefs, die verschiedene Tiere darstellen. Ein Beispiel dafür ist die Darstellung eines möglicherweise mächtigen Löwen auf einem der Pfeiler, der durch sein markantes Kinn, auffällige Augen und eine tiefe Zornesfalte auf der Stirn charakterisiert ist. Die Entwicklung von Göbekli Tepe lässt sich in zwei Hauptphasen unterteilen. Die erste Phase datiert zurück bis ins 10. Jahrtausend v. Chr., in die Epoche des frühen Präkeramischen Neolithikums A. Aus dieser Zeit stammen sieben der bislang ausgegrabenen Steinanlagen, die durch ihre charakteristischen T-förmigen Pfeiler auffallen. Diese Pfeiler sind reich verziert mit kunstvoll gearbeiteten Reliefs, die vorwiegend gefährliche Tiere zeigen, die sowohl als Bedrohung als auch als potenzielle Beute angesehen wurden. Die ältesten Strukturen sind kreisförmig angeordnet, wobei neun äußere Pfeiler auf zwei zentrale Pfeiler im Inneren ausgerichtet sind.
Geophysikalische Untersuchungen deuten darauf hin, dass noch etwa 20 weitere solcher Strukturen, mit jeweils circa 11 Pfeilern, unter der Erde verborgen liegen könnten. In der zweiten Phase, die in die Zeit des Präkeramischen Neolithikums B (8800–7000 v. Chr.) fällt, wurden Anlagen errichtet, die sich durch kleinere Pfeiler und rechteckige Anordnungen auszeichnen. Ob diese Strukturen einst überdacht waren und somit als Wohnräume oder als Orte für rituelle Handlungen genutzt wurden, ist Gegenstand aktueller Forschungen. In den nachfolgenden Jahrtausenden wurde der Ort anscheinend verlassen, und erst aus der römischen Zeit gibt es wieder Hinweise auf eine Nutzung, wie die Überreste eines Gebäudes auf dem Südplateau der Stätte zeigen.
Forschungsgeschichte von Göbekli Tepe
Entdeckung, Interpretation und Weiterentwicklungen
Die Entdeckung von Göbekli Tepe als steinzeitliche Fundstelle geht auf das Jahr 1963 zurück, als der amerikanische Archäologe Peter Benedict im Rahmen eines Survey-Projekts der Universitäten İstanbul und Ankara den Hügel untersuchte. Damals identifizierte er die Stätte als Fundort aus der Steinzeit und notierte zudem die Anwesenheit eines muslimischen Friedhofs auf dem Gelände . Diese Entdeckung könnte einer der Gründe gewesen sein, warum Benedict der Stätte keine weitere Aufmerksamkeit schenkte, da islamische Friedhöfe in der Regel nicht ausgegraben werden dürfen. Erst mehr als drei Jahrzehnte später, im Oktober 1994, gelang dem deutschen Archäologen Klaus Schmidt bei einem Besuch des Hügels ein entscheidender Durchbruch. Schmidt entdeckte in den Steinwällen Bruchstücke von Pfeilern, die den T-förmigen Pfeilern ähnelten, die zuvor bei den Ausgrabungen in der nahegelegenen Fundstätte Nevalı Çori gefunden worden waren.
Klaus Schmidt konnte jedoch keinen Hinweis auf den von Benedict erwähnten islamischen Friedhof finden und vermutete, dass Benedict die T-Pfeiler fälschlicherweise als Grabsteine interpretiert hatte . Diese Fehleinschätzung führte dazu, dass das ursprüngliche Nevalı Çori-Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts in Zusammenarbeit mit dem Museum von Şanlıurfa unter dem neuen Namen Urfa-Projekt fortgesetzt wurde. Die Leitung und die personelle Besetzung des Projekts blieben eng mit der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts verbunden, während in der Türkei die Abteilung Istanbul des DAI die Grabungen unterstützte. Neben Göbekli Tepe war auch die benachbarte, ebenfalls steinzeitliche Stätte Gürcütepe Gegenstand der Untersuchungen, deren Ausgrabungen jedoch im Jahr 2000 weitgehend abgeschlossen wurden . Eine umfassende wissenschaftliche Publikation über die Grabungen in Göbekli Tepe steht bislang aus. Bisher wurden die Ergebnisse hauptsächlich in Vorberichten und populärwissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Die kontinuierlichen Ausgrabungen und die Untersuchungen der Funde haben jedoch bereits jetzt unser Verständnis der frühen Menschheitsgeschichte und der Entwicklung von komplexen sozialen Strukturen in der Jungsteinzeit tiefgreifend verändert.
Forschungsergebnisse und Befunde von Göbekli Tepe
Entdeckungen und Ausgrabungen
Göbekli Tepe erhebt sich auf einem weitläufigen, flachen Felsplateau, das sich zirkulär ausbreitet und von einer schmalen Felszunge im Norden mit einem benachbarten Gebirgszug verbunden ist. In allen anderen Richtungen fällt das Plateau steil ab, wobei die Hänge teilweise in schroffen Klippen enden, was den Standort zusätzlich isoliert und beeindruckend macht. Auf diesem markanten Bergrücken befindet sich nicht nur der zentrale Hügel von Göbekli Tepe, der rund 15 Meter hoch ist und dessen Oberfläche reichlich Fundmaterial aus verschiedenen Epochen aufweist, sondern es gibt auch zahlreiche weitere Spuren, die auf menschliche Aktivitäten hinweisen. Die gesamte Region ist durchsetzt von archäologischen Funden und Hinweisen auf prähistorische Besiedlung und Nutzung. Die archäologischen Ausgrabungen konzentrieren sich hauptsächlich auf den Südhang des Hügels, südlich und westlich eines markanten Maulbeerbaums, der als islamische Pilgerstätte dient und somit eine besondere kulturelle Bedeutung besitzt. Obwohl der Schwerpunkt der Grabungen in diesem Bereich liegt, stammen die Funde dennoch von dem gesamten Felsplateau. Diese Funde umfassen eine breite Palette an Artefakten, die über das Plateau verstreut sind und sowohl die Bedeutung als auch die ausgedehnte Nutzung der Stätte in der Vergangenheit unterstreichen.
Das Felsplateau von Göbekli Tepe
Geologischer und Archäologischer Kontext
Die Oberfläche des Felsplateaus von Göbekli Tepe hat sich im Laufe der Jahrtausende stark verändert, vor allem durch natürliche Erosion sowie durch menschliche Aktivitäten, wie Steinbrucharbeiten sowohl in der Steinzeit als auch in späteren Epochen. Ein auffälliges Beispiel für diese Eingriffe sind vier etwa zehn Meter lange und rund 20 Zentimeter breite Kanäle, die sich über eine große Fläche des südöstlichen Felsplateaus erstrecken. Diese Kanäle werden als Überreste eines antiken Steinbruchs interpretiert, in dem rechteckige Steinquader entnommen werden sollten. Möglicherweise stehen diese Arbeiten in Verbindung mit den Fundamenten eines benachbarten quadratischen Gebäudes, das vermutlich ein Wachturm war und in der römischen Kaiserzeit Teil des Limes Arabicus gewesen sein könnte. Allerdings ist diese Identifikation bislang nicht endgültig gesichert. Ein Großteil der Strukturen auf dem Plateau lässt sich auf steinzeitlichen Steinabbau zurückführen. Hier wurden die monumentalen Architekturteile, die heute im Tell zu sehen sind, durch ein spezielles Verfahren aus dem Fels gehauen.
Die äußeren Umrisse der Monolithen wurden zunächst in den Felsen gehauen, um sie von ihrer Umgebung zu trennen. Anschließend brach man die so gelösten Monolithen aus der Felsbank heraus. Spuren solcher steinzeitlichen Steinbrüche, die zur Herstellung kreisförmiger Werkstücke dienten, wurden auf dem westlichen Plateau gefunden. Diese Interpretation wurde durch den Fund eines großen Werkstücks mit einer zentralen Bohrung auf dem Südostplateau gestützt. Dieses Werkstück misst 3 × 3 Meter und ist das größte einer Reihe ähnlicher Funde, deren genaue Funktion und Bedeutung bisher unklar ist. Der steinzeitlichen Steinbrucharbeit sind auch drei noch nicht vollständig gelöste T-Pfeiler zuzuordnen. Der größte dieser Pfeiler, der am nördlichen Plateau liegt, hat eine beeindruckende Länge von über sieben Metern und eine Kopfbreite von mehr als drei Metern; sein Gewicht wird auf etwa 50 Tonnen geschätzt. Zwei weitere, etwas kleinere T-Pfeiler befinden sich in den Steinbrüchen des südlichen Plateaus. Ein weiteres interessantes Areal auf dem Plateau befindet sich am westlichen Rand des Hügels. Hier wurde eine Darstellung eines löwenartigen Tieres entdeckt. In diesem Bereich gibt es eine auffällige Häufung von Silexabfall und Kalksteinsplittern, weshalb vermutet wird, dass es sich um eine Art „Bildhauerwerkstatt“ handelte. Unklar bleibt hingegen die Bedeutung von drei gleichartigen Phallusdarstellungen auf einer horizontalen Fläche des Südplateaus. Aufgrund ihrer Nähe zu antiken Steinbrüchen ist ihre zeitliche Einordnung unsicher, und es besteht die Möglichkeit, dass sie später hinzugefügt wurden.
Außerhalb des zentralen Tells gibt es eine in den Felsen eingelassene Fläche, die zwei Podeste mit Einlassungen für Pfeiler sowie eine umlaufende, flache Bank aufweist. Der Grundriss dieser Struktur ähnelt den Anlagen aus Schicht III des Tells, weshalb sie als „Anlage E“ bezeichnet wird. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit einem in Nevalı Çori entdeckten kultischen Bauwerk wird sie auch „Felsentempel“ genannt. Der Boden von Anlage E wurde sorgfältig aus dem Fels gehauen und geglättet, was an die Terrazzoböden der jüngeren Strukturen von Göbekli Tepe erinnert. Unmittelbar nordwestlich dieser vertieften Fläche befinden sich zwei ovale, zisternenartige Vertiefungen im Fels, die vermutlich ebenfalls zu dieser Anlage gehören. Eine dieser Vertiefungen verfügt über einen etwa tischhohen Zapfen in der Mitte, zu dem eine fünfstufige Treppe hinabführt. An der westlichen Abbruchkante des Bergrückens wurde eine kleine Höhle entdeckt, die ein Felsrelief eines Rindes enthält. Die Wände der Höhle sind mit Rillen und Vertiefungen übersät, aber weitere Reliefs wurden bisher nicht gefunden.
Schicht I
Die beeindruckende Stratigraphie von Göbekli Tepe offenbart eine lange und komplexe Nutzungsgeschichte, die sich über mehrere tausend Jahre erstreckt. Die oberste Schicht, bekannt als Schicht I, ist gleichzeitig die jüngste und schmalste Schicht, umfasst jedoch die längste Zeitspanne in der Geschichte des Hügels. Diese Schicht besteht überwiegend aus Lockersedimenten, die im Laufe der Jahrhunderte durch natürliche Erosion und menschliche Eingriffe, insbesondere durch die bis heute fortgesetzte landwirtschaftliche Nutzung des Gebiets, entstanden sind.
Schicht II
Oberhalb der westlichen Bereiche der älteren Bauwerke A und B wurde eine erste Bauschicht entdeckt, die Archäologen als Schicht II bezeichnen. Diese Schicht zeichnet sich durch eine Reihe rechtwinkliger Räume aus, die alle ohne Türen oder Fenster angelegt sind und eine Länge von 4 bis 6 Metern sowie eine Breite von 3 bis 4 Metern aufweisen. Radiokohlenstoffdatierungen haben gezeigt, dass diese Strukturen in der Zeit von 8800 bis 8000 v. Chr. genutzt wurden, was sie zu einer wichtigen Phase in der Entwicklung von Göbekli Tepe macht. In dieser Schicht wurden mehrere T-förmige Pfeiler entdeckt, von denen einige bis zu 1,5 Meter hoch sind. Besonders auffällig ist, dass diese Pfeiler in Paaren angeordnet sind und zentral in den Räumen stehen. Darüber hinaus wurden in zwei Fällen je zwei weitere Pfeiler quer zur Längsachse der Räume in den Seitenwänden eingebaut, was auf eine sorgfältig durchdachte architektonische Planung hinweist. Einige dieser Pfeiler sind kunstvoll mit Reliefs verziert. Besonders hervorzuheben ist ein bereits 1997 entdecktes Paar von Pfeilern, das Darstellungen von Feliden zeigt. Aufgrund dieser Verzierungen wird der Raum, in dem sie gefunden wurden, oft als „Löwenpfeilergebäude“ bezeichnet, auch wenn die genaue zoologische Identifikation der Darstellungen noch nicht zweifelsfrei geklärt ist. Zwischen diesen beiden besonders gestalteten Pfeilern wurde eine Steinbank installiert, die eine Gravur zeigt, welche eine Frau darstellt. Diese einzigartige Gravur unterstreicht die besondere Bedeutung dieses Raums innerhalb der gesamten Anlage und gibt einen faszinierenden Einblick in die künstlerischen und kulturellen Ausdrucksformen der Menschen, die Göbekli Tepe in dieser Zeit nutzten. Die Kombination aus architektonischer Raffinesse und künstlerischer Gestaltung in Schicht II verdeutlicht die komplexe Kultur und die hochentwickelten Baukünste der Menschen jener Zeit.
Schicht III
In der ältesten Siedlungsschicht von Göbekli Tepe, die als Schicht III bezeichnet wird, entdeckten Archäologen eine beeindruckende Anzahl monolithischer Pfeiler, die in Kombination mit grob geschichteten Mauern kreisförmige oder ovale Strukturen bildeten. Jede dieser Anlagen weist im Zentrum zwei noch größere Pfeiler auf, die sich durch ihre monumentale Größe und herausragende Platzierung auszeichnen. Bislang wurden vier solcher Bauwerke freigelegt, deren Durchmesser zwischen 10 und 30 Metern variieren. Geophysikalische Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass es insgesamt etwa 20 solcher Anlagen gibt, die unter der Oberfläche verborgen sind, mit einer geschätzten Gesamtzahl von etwa 200 Pfeilern. Die Radiokohlenstoffdatierungen der Funde aus Schicht III legen nahe, dass diese Bauwerke zwischen 9600 und 8800 v. Chr. aktiv genutzt wurden. Nach ihrer Nutzung wurden die Anlagen bereits in der Steinzeit absichtlich zugeschüttet, was auf eine rituelle oder symbolische Bedeutung dieses Vorgangs hindeuten könnte.
Die monolithischen Pfeiler sind kunstvoll mit Reliefs von Tieren und abstrakten Piktogrammen verziert. Obwohl diese Zeichen keine Schrift im herkömmlichen Sinne darstellen, könnten sie als allgemein verständliche heilige Symbole gedient haben, ähnlich wie man sie in jungsteinzeitlichen Höhlenmalereien findet. Die Pfeiler selbst sind T-förmig und wurden aus einem einzigen Stück Fels gehauen. Klaus Schmidt, der die Stätte umfassend erforschte, interpretierte diese Pfeiler als „Verkörperungen geheimnisvoller Wesen“. Er sah in den Querbalken nicht Arme, sondern Köpfe mit hervorstehendem Kinn und Hinterkopf in der Seitenansicht, was darauf hindeutet, dass die Figuren, die im Kreis stehen, nach innen auf die beiden zentralen Pfeiler blicken. Diese Interpretation wird durch die Reliefs an den Seiten einiger T-Pfeiler unterstützt, die Arme und Hände zeigen. Die kunstvoll gearbeiteten Reliefs auf den Pfeilern stellen eine Vielzahl von Tieren dar, darunter Löwen (oder möglicherweise Tiger oder Leoparden), Stiere, Wildschweine, Füchse, Gazellen, Schlangen, verschiedene Reptilien, Geier, Kraniche, Ibisse und Skorpione. In einer der kleineren Darstellungen erkannte Schmidt eine menschliche Figur ohne Kopf, aber mit erigiertem Penis, was auf eine komplexe Symbolik hinweisen könnte, die mit den religiösen oder spirituellen Vorstellungen der Menschen jener Zeit in Verbindung steht. Die Vielfalt und Präzision der Darstellungen unterstreichen das hohe künstlerische Niveau und die symbolische Tiefe der Kultur, die diese Bauwerke schuf.
Anlage A
Anlage A ist die erste der ausgegrabenen Strukturen von Göbekli Tepe und bietet faszinierende Einblicke in die architektonischen und künstlerischen Fähigkeiten der steinzeitlichen Erbauer. Bei den Ausgrabungen kamen zunächst zwei imposante, aufrecht stehende Pfeiler mit einer Höhe von etwa 3 Metern, bekannt als Pfeiler 1 und Pfeiler 2, ans Licht. Parallel zu diesen und in einem ähnlichen Abstand wurden später Pfeiler 3 und Pfeiler 4 entdeckt. Die Pfeiler wurden von dicken Mauern umgeben, die über einen Meter stark waren und aus großen, brotlaibförmigen Steinen bestanden, die jeweils etwa 80 Zentimeter lang waren. Zwischen den äußeren Pfeilern 3 und 4 und dem zentralen Pfeilerpaar verlief eine weitere Mauer, die sich nordwestlich des Zentralpfeilerpaares zu einer Apsis formte. Innerhalb dieser Apsis, im Südwesten der Anlage, stand Pfeiler 5 mit einer Höhe von 2,1 Metern. An dieser Mauer entlang verlief eine Steinplattenbank, die im Bereich der Apsis angelegt war. Ein später entdeckter Pfeiler, Pfeiler 17, wurde ebenfalls der Anlage A zugeordnet und befindet sich in der Nordwestecke des Gebäudes. Die Gesamtstruktur von Anlage A besitzt eine annähernd quadratische Form, mit mehreren Pfeilern und dicken Mauern, die um ein zentrales Paar von Pfeilern angeordnet sind. Diese Bauweise weist bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit dem sogenannten „Terrazzo-Gebäude“ von Nevalı Çori auf. Der Zugang zu Anlage A befand sich im Südosten, und hier fand man eine bearbeitete Steinplatte, die einst Teil einer Türkonstruktion war. Über den Überresten von Anlage A wurden nur wenige Überreste einer späteren Bebauung aus Schicht II gefunden, und stattdessen dominieren hier dicke Füllschichten, die möglicherweise eine beabsichtigte Verfüllung darstellen. Besonders bemerkenswert an Anlage A sind die Reliefs, die auf drei der Pfeiler zu finden sind. Pfeiler 1 trägt auf seiner Vorderseite fünf Darstellungen von Schlangen, die der Anlage den Namen „Schlangenpfeilergebäude“ einbrachten. Auf der linken Seite von Pfeiler 1 ist eine netzartige Struktur zu erkennen, die als Darstellung einer Schlangengruppe interpretiert wird, basierend auf ähnlichen Funden in Göbekli Tepe. Darunter befindet sich eine kleine Darstellung eines vierbeinigen Tieres. Pfeiler 2 zeigt auf seiner Rückseite ein Hochrelief eines Bukranions, während die dem Raum zugewandte Seite dieses Pfeilers eine Gruppe von Tieren abbildet, darunter ein Stier, ein Fuchs und ein Kranich. Auch Pfeiler 5 weist eine Darstellung von Schlangen auf. Zusätzlich zu diesen dekorierten Pfeilern wurden in Anlage A mehrere tierförmige Skulpturen entdeckt. Bis heute ist Anlage A noch nicht vollständig freigelegt, und besonders der ursprüngliche Fußboden wurde noch nicht erreicht. Die sichtbare Schicht repräsentiert die jüngste Bauphase der Anlage, wobei mindestens zwei ältere Bauphasen darunter verborgen liegen. Diese unfertige Freilegung bietet Raum für weitere Entdeckungen und Erkenntnisse über die Nutzung und Bedeutung dieses Teils von Göbekli Tepe.
Anlage B
Anlage B wurde nach der Freilegung von Anlage A entdeckt und ausgegraben. Diese Anlage zeichnet sich durch ein zentrales Pfeilerpaar, bestehend aus Pfeiler 9 und Pfeiler 10, aus, die in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet sind. Um dieses Zentralpaar herum sind mehrere weitere Pfeiler konzentrisch angeordnet, die durch Mauern miteinander verbunden sind. Eine Ausnahme in dieser Anordnung bildet Pfeiler 15, der sich im Westen der Anlage befindet und eine Besonderheit aufweist: Er besitzt ein Loch in seinem oberen Teil. Der Raum, den Anlage B einnimmt, hat einen Durchmesser von etwa 9 Metern in Ost-West-Richtung, während die Nord-Süd-Ausdehnung zwischen 10 und 15 Metern liegt. Die beiden zentralen Pfeiler von Anlage B sind besonders auffällig und gaben der Struktur ihren Namen, das „Fuchspfeilergebäude“. An den Innenseiten ihrer Schäfte befindet sich jeweils ein lebensgroßes Hochrelief, das einen nach Süden springenden Fuchs darstellt. Diese detailreichen Darstellungen sind außergewöhnlich gut erhalten und zeugen von einer hohen handwerklichen Kunstfertigkeit der Erbauer.
Die Pfeiler standen fest in einem Terrazzofußboden, der ebenfalls mit großer Sorgfalt angefertigt wurde. Direkt vor Pfeiler 9 ist eine steinerne Schale in den Boden eingelassen, zu der von außen eine schmale Rinne führt. Diese architektonische Gestaltung könnte auf eine rituelle Nutzung hinweisen, bei der Flüssigkeiten möglicherweise eine Rolle spielten. Die Höhe der Pfeiler in Anlage B variiert stark, was einige Archäologen zu der Annahme führt, dass die Struktur vermutlich nicht überdacht war. Diese offenen Konstruktionen könnten ein weiteres Indiz für die rituelle Funktion der Anlage sein, die unter freiem Himmel stattfand. Ähnlich wie in Anlage A, wurden auch in Anlage B nur wenige Überreste einer späteren Bebauung aus Schicht II gefunden. Stattdessen waren die Pfeiler von feinem Füllmaterial umgeben, das möglicherweise absichtlich eingebracht wurde, um die alten Strukturen zu schützen oder zu konservieren. Von den Pfeilern in Anlage B weisen abgesehen von den beiden Zentralpfeilern nur zwei weitere Pfeiler Reliefs auf. Auf der hinteren Kopffläche von Pfeiler 6 wurde ein Flachrelief entdeckt, das vermutlich ein Reptil in Draufsicht zeigt. Ein weiteres Relief wurde auf dem benachbarten Pfeiler 14 gefunden, wobei dieser Fund aufgrund des aktuellen Standes der Ausgrabungen noch nicht vollständig sichtbar ist. Diese Kunstwerke zeigen die Vielfalt und Symbolik der Darstellungen in Göbekli Tepe, die noch immer nicht vollständig verstanden sind, aber zweifellos einen wichtigen kulturellen und religiösen Kontext darstellen.
Anlage C
Anlage C, die sich östlich an die bereits bekannten Anlagen A und B anschließt, beeindruckt durch ihre komplexe Struktur und ihre symbolträchtigen Darstellungen. Sie besteht aus vier konzentrischen Mauerringen, die sich um ein zentrales Pfeilerpaar, Pfeiler 37 und Pfeiler 35, gruppieren. Die gesamte Anlage erstreckt sich über einen Durchmesser von mehr als 30 Metern, was sie zu einer der größten bisher entdeckten Strukturen am Göbekli Tepe macht . Die Konstruktion der Mauerringe erfolgte jedoch nicht gleichzeitig, sondern wurde schrittweise von außen nach innen errichtet. Diese Bauweise führte dazu, dass das innere Areal der Anlage mindestens zweimal verkleinert wurde, wodurch der Raum im Zentrum immer begrenzter wurde . Innerhalb des innersten Mauerrings konnten Archäologen neun T-förmige Pfeiler freilegen, obwohl weitere Pfeiler existiert haben müssen. Einige dieser Pfeiler wurden möglicherweise von Landwirten entfernt, was auf eine spätere Nutzung des Geländes hindeutet. Im zweiten Mauerring wurden bisher vier Pfeiler entdeckt, was darauf schließen lässt, dass diese Ringe ebenfalls wichtige Funktionen hatten.
Besonders auffällig in Anlage C ist das Bildprogramm, das stark von Darstellungen von Wildschweinen dominiert wird. Diese auffällige Präsenz führte dazu, dass die Anlage den Namen „Haus der Keiler“ erhielt. Sechs der insgesamt zehn freigelegten Reliefs zeigen Keiler, und drei der vier in Göbekli Tepe gefundenen Keilerskulpturen wurden hier entdeckt . Die Keilerreliefs befinden sich hauptsächlich auf den Stirnseiten der Pfeiler 26 und 28 in der innersten Umfassungsmauer. Pfeiler 28 trägt zudem auf seiner rechten Schaftseite ein weiteres Keilerrelief. Ein fast lebensgroßer Wildschweinkopf ist auf der linken Schaftseite von Pfeiler 23 zu sehen, der Teil des mittleren Mauerrings ist . Ein weiteres bemerkenswertes Merkmal von Anlage C ist Pfeiler 11 im Südwesten der Struktur, der jedoch stark beschädigt ist. Auf der Ostseite seines Kopfs sind die Überreste einer Darstellung eines kräftigen Tieres zu erkennen, während sich auf seiner Westseite eine Bohrung befindet, die derjenigen von Pfeiler 15 ähnelt, jedoch den Pfeilerkopf nicht vollständig durchdringt . Besonders hervorzuheben ist Pfeiler 12 in der mittleren Ringmauer, der eine reiche Dekoration aufweist. Auf seinem Kopf sind fünf an Enten erinnernde Vögel vor einem netzartigen Muster dargestellt. Unter diesem befand sich ein mächtiger Keiler und darunter eine Fuchsdarstellung, die bereits von Pfeiler 9 und 10 bekannt ist. Auf der Höhe des Fuchsreliefs befand sich ein Terrazzoboden, der zeigt, dass dieses Element der jüngsten Bauphase der Anlage zugehört . Eine nahezu vollplastische Darstellung eines Raubtiers auf Pfeiler 27 sorgte ebenfalls für großes Aufsehen und zeigt das hohe handwerkliche Können der Erbauer. Anlage C weist zudem eine Besonderheit auf: Zwei parallel zueinander verlaufende Mauern führen zu den Ringmauern und können keiner anderen bekannten Anlage zugeordnet werden. Diese Mauern wurden aus besonders großen Steinen errichtet, die auf allen Seiten Bearbeitungsspuren aufweisen und fast rechtwinklig auf die südliche Umfassungsmauer von Anlage C treffen. Es wurde vorgeschlagen, dass diese Mauern einen Weg flankieren, der möglicherweise eine Art „Dromos“ darstellt, ähnlich wie man ihn von mykenischen Kuppelgräbern kennt . In diesen Weg ragte eine große Steinplatte hinein, die an eine ähnliche Platte aus Anlage A erinnert. Diese Platte hatte eine zentrale Öffnung, die später durch Mauerwerk verschlossen wurde. Auf der Rückseite dieser Platte fand sich ein weiteres Relief, das einen Keiler in Rückenlage zeigte . Leider ist der Erhaltungszustand von Anlage C im Vergleich zu anderen Strukturen am Göbekli Tepe relativ schlecht. Insbesondere die zentralen Pfeiler wurden bereits in der Antike stark beschädigt und blieben danach liegen. Diese Zerstörungen fanden jedoch nach der ursprünglichen Zuschüttung der Anlage statt, was darauf hindeutet, dass für die Zerstörung eigens eine große Grube angelegt wurde. Auch einige Pfeiler südlich des Zentralpaares wurden bei diesem Zerstörungswerk in Mitleidenschaft gezogen. Die Zerstörung lässt sich anhand von einigen gefundenen Keramikscherben in der Grube grob auf das Ende des präkeramischen Neolithikums datieren.
Anlage D
Anlage D, die sich durch ihre imposante Größe und ihren reichen Dekor auszeichnet, stellt die größte und am besten erhaltene der freigelegten Strukturen am Göbekli Tepe dar. Sie erstreckt sich über einen ovalen Grundriss mit einem maximalen Innendurchmesser von etwa 20 Metern. Die beiden zentralen Pfeiler der Anlage, Pfeiler 18 und Pfeiler 31, sind besonders hervorzuheben. Mit einer Höhe von über 5 Metern überragen sie die umgebenden Pfeiler um mindestens einen Meter und sind an ihren Schäften mit stilisierten Armen und Händen versehen, die von den Bildhauern ursprünglich anders positioniert wurden . Das Bildprogramm von Anlage D ist bemerkenswert vielfältig und umfasst eine Vielzahl von Tierdarstellungen. Fast jeder Pfeiler ist mit Reliefs geschmückt, die eine reiche Ikonografie offenbaren. Pfeiler 19 beispielsweise wurde möglicherweise bereits im Neolithikum repariert. Dabei wurde der Pfeilerkopf auf eine Steinplatte gesetzt, die wiederum auf einem gemauerten Podest ruht.
Pfeiler 20 weist auf der Brustseite seines Schaftes drei Reliefs auf, die eine Schlange, einen Stier und einen Fuchs darstellen, während auf der linken Seite zwei weitere Fuchs-Reliefs zu sehen sind. Dieser Pfeiler zeigt damit die thematische Vielfalt der Dekorationen in Anlage D . Pfeiler 21 beeindruckt durch ein nahezu lebensgroßes Relief eines Gazellenkopfs auf der linken Seite, unter dem sich Reliefe von Onager und Raubkatze befinden. Auf der rechten Seite finden sich schwach ausgearbeitete Darstellungen von Spinnen oder Insekten. Pfeiler 30 zeigt auf seiner Stirnseite ein geometrisches Dekor sowie eine Schlange oder einen Blitz und auf der Bauchseite eine Onager-Darstellung und eine Gruppe von Schlangen . Pfeiler 32 ist ohne Dekoration, während Pfeiler 33 besonders aufwendig verziert ist. Er weist Reliefs auf der Stirnseite sowie auf beiden Breitseiten auf, während die Rückseite noch in der Wand steckt. Auf der linken Seite sind drei Vogeldarstellungen zu sehen, darunter zwei Kraniche. Diese Kraniche sind von zahlreichen anderen Darstellungen umgeben, die jedoch aufgrund der Abnutzung in der Steinzeit schwer zu erkennen sind . Auf der rechten Seite des Pfeilers dominieren Schlangenreliefs, unter denen sich ein großer Fuchs befindet. Die Bauchseite von Pfeiler 33 bietet ein besonders reichhaltiges Bildprogramm, das Schlangen, H-Zeichen, ein Insekt, eine Spinne und ein Schaf umfasst . Pfeiler 38 ist für seine sechs Tierdarstellungen bekannt, darunter ein Stier auf der Stirnseite sowie weitere Darstellungen eines Fuchses, eines Keilers und dreier Vögel. Ergänzt wird das Bildprogramm durch ein Bukranion und einen ibisartigen Vogel auf der gegenüberliegenden Seite . Die Pfeiler 41 und 42 sind unbeschriftet und unverschönt, während auf Pfeiler 43, soweit freigelegt, ein H-Zeichen zu erkennen ist. Insgesamt zeigt Anlage D eine beeindruckende Vielfalt und Detailtreue in den Reliefs, die das hohe künstlerische Niveau und die kulturelle Bedeutung dieser monumentalen Struktur belegen.
Funde in Göbekli Tepe
Entdeckungen und Artefakte
Die faszinierenden Funde von Göbekli Tepe sind größtenteils im archäologischen Museum von Şanlıurfa ausgestellt. Viele dieser Artefakte wurden bei den oberflächlichen Ausgrabungen entdeckt. Unter den bemerkenswerten Funden befindet sich eine Steinplatte, die ein reptilartiges Tier im Hochrelief zeigt, deren Entdeckung die Aufmerksamkeit der Archäologen auf sich zog. Ein ähnliches Stück war zuvor von lokalen Bauern ans Tageslicht gebracht worden . Ein besonders auffälliges Artefakt ist eine anthropomorphe Figur, die einen erigierten Penis darstellt und ebenfalls von Bauern gefunden wurde. Diese Figur hat besondere Aufmerksamkeit erregt und gibt Einblick in die symbolische Welt der damaligen Kultur. Neben dieser Figur wurden mehrfach Darstellungen von Tierköpfen entdeckt, die möglicherweise von Stelen stammten.
Besonders hervorzuheben ist eine Stele mit der Abbildung eines Wildschweins, die unmittelbar neben Pfeiler 12 gefunden wurde. Eine weitere bemerkenswerte Entdeckung ist eine Maske mit menschlichen Zügen, die als Teil eines Totempfahls interpretiert wurde, ähnlich denen, die in Nevali Cori gefunden wurden. Diese Interpretation gibt uns Hinweise auf die religiösen und kulturellen Praktiken der Menschen, die Göbekli Tepe nutzten. Besonders zahlreich sind die gefundenen Feuersteinwerkzeuge, die auf eine vielfältige Nutzung hinweisen. Zusätzlich wurden mehrere Steintröge freigelegt, die möglicherweise zur Aufbewahrung von Getreide dienten und eventuell zur Herstellung von Bier verwendet wurden. Allerdings konnten bisher keine konkreten Spuren oder Reste von Bier nachgewiesen werden. Diese Steintröge sind ein Beweis für die fortgeschrittenen technischen Fähigkeiten der Menschen am Göbekli Tepe und geben einen weiteren Einblick in ihre Lebensweise und Nahrungszubereitung.
Interpretation von Göbekli Tepe
Symbolik und Bedeutung der Monumente
Ursprünglich gingen die Archäologen davon aus, dass Göbekli Tepe ein steinzeitliches Heiligtum war, basierend auf den Funden aus den rund 1,5 % des gesamten Areals, die anfänglich freigelegt wurden. Diese Interpretation stützte sich auf die ungewöhnlichen Monumente und die Struktur der Anlage, die einen religiösen oder kultischen Zweck nahelegten . Doch die Frage, ob diese Monumente tatsächlich eine sakrale Bedeutung hatten, bleibt nach archäologischen Maßstäben ungewiss. Bis zum Jahr 2014 waren etwa 17 % der beeindruckenden Anlage, die über 3 Hektar umfasst, vollständig ausgegraben. Weitere 30 % des Areals waren durch geophysikalische Untersuchungen detailliert prospektiert worden. Diese Erhebungen lieferten wertvolle Einblicke, ließen aber noch viele Fragen offen und machten deutlich, dass ein Großteil der Anlage noch nicht vollständig erforscht ist. Die laufenden Untersuchungen und Entdeckungen könnten weiterhin Licht auf die genaue Funktion und Bedeutung von Göbekli Tepe werfen.
Ahnen- oder Geisterkult
Theorien zur religiösen und spirituellen Bedeutung
Klaus Schmidt, der leitende Archäologe bei den Ausgrabungen von Göbekli Tepe, interpretierte die monumentalen Pfeiler aufgrund ihrer Formgebung und der seitlich dargestellten Arme als stilisierte anthropomorphe Stelen. Diese Pfeiler stehen jedoch in starkem Kontrast zu den realistischer gestalteten Menschen– und Tierdarstellungen aus der gleichen Zeit. Da den Stelen anatomische Details fehlen, revidierte Schmidt die frühere Annahme, dass es sich möglicherweise um Darstellungen von Ahnen handeln könnte. Er schlug vor, dass die Pfeiler vielmehr Figuren aus einer anderen Welt repräsentieren könnten, die am Göbekli Tepe versammelt waren, um sich zu einer ewigen Versammlung zu treffen. Schmidt blieb jedoch offen für die Möglichkeit, dass der Ort einen Totenkult darstellte. Trotz des Arguments, dass zunächst keine Bestattungen in der unmittelbaren Umgebung gefunden wurden, relativierte die Entdeckung einer signifikanten Anzahl menschlicher Knochen im Füllschutt diese Ansicht. Zudem bestätigten spätere Ausgrabungen in benachbarten Wohnbauten die Theorie eines Totenkults durch die Entdeckung zweier Gräber unter den Hausfußböden, in denen insgesamt vier Bestattungen durchgeführt worden waren. Zusätzlich bemerkte Schmidt, dass die kleinen Näpfchen oder Mulden auf den Oberseiten einiger Pfeilerköpfe möglicherweise nachträglich hinzugefügt wurden, als man begann, die oberen Schichten der Anlagen systematisch zu verfüllen. Doch die neueren Ausgrabungen, die zwischen 2015 und 2019 durchgeführt wurden, haben diese Theorie einer gezielten Verfüllung in Frage gestellt. Vielmehr deutet die aktuelle Forschung darauf hin, dass die Anlagen durch Erdbeben und das nachfolgende Abrutschen von Material sowie Erosion des Geländes unabsichtlich verfüllt wurden.
Hypothese der Bündnis-Politik
Gruppenübergreifende Kooperation und Organisation
Klaus Schmidt vertrat die Überzeugung, dass die Kultur, die die beeindruckenden Monumente von Göbekli Tepe schuf, weit komplexer war als die der selbstgenügsamen Jäger- und Sammlergesellschaften, die typischerweise in den Köpfen von Archäologen als die Hauptakteure der Zeit gelten. Aufgrund des immensen Arbeitsaufwands, den er für die Errichtung dieser Monumente schätzte, kam Schmidt zu dem Schluss, dass hier keine isolierten Gruppen, sondern vielmehr große, übergreifende Organisationen am Werk gewesen sein mussten. Diese Einschätzung entsprach seiner Methodik, die er mit den Versuchen von Thor Heyerdahl in den 1950er-Jahren auf der Osterinsel verglich. Heyerdahl hatte damals versucht, die Errichtung und den Transport der gigantischen Moai-Statuen nachzuvollziehen, und kam zu dem Ergebnis, dass hunderte Männer nötig waren, um die massiven 10-Tonnen-Steine zu bewegen.
Jedoch wies Edward B. Banning bereits 2011 darauf hin, dass Heyerdahl in einem späteren Experiment, bei dem er den Vorschlägen der Inselbewohner zur Errichtung und zum Transport der Moai folgte, zu ganz anderen Ergebnissen kam. In diesem Versuch konnten 12 Männer innerhalb von 18 Tagen einen 20-Tonnen-Moai aufrichten, und 10-Tonnen-Moai wurden von 16 Männern mit einer Geschwindigkeit von 100 Metern pro Tag transportiert. Zu Beginn der Ausgrabungen in Göbekli Tepe ging man davon aus, dass die Errichtung der monumentalen Bauwerke vor dem Beginn der Sesshaftwerdung stattfand. Doch die Entdeckungen während der Grabungen änderten diese Sichtweise grundlegend. Man stieß auf Wohnbauten, die aus der gleichen Nutzungsphase wie die kreisrunden Anlagen stammen. Diese Bauwerke waren über lange Zeiträume in Gebrauch, durchliefen mehrere Umbauphasen und wiesen Herdstellen sowie Abfallgruben auf. In ihnen wurden Mahlsteine und Knochenwerkzeuge gefunden, was darauf hindeutet, dass der Ort nicht nur als Baustelle, sondern auch als Wohnort genutzt wurde. Obwohl Schmidt in seiner Zeit keine Hinweise auf eine Ackerbau betreibende Kultur in Göbekli Tepe fand, vermutete er, dass die Jäger- und Sammlergruppen dort aus politischen Gründen zusammenarbeiteten, um das große Vorkommen nahrhaften Wildgetreides vor der Abweidung durch Wildtiere zu schützen. Neuere archäologische Befunde und Analysen legen jedoch nahe, dass bereits während der Nutzung der Schicht III domestiziertes Getreide verarbeitet wurde. Dies deutet darauf hin, dass die Menschen in Göbekli Tepe möglicherweise bereits mit frühen Formen der Getreidewirtschaft experimentierten, weit bevor die Archäologen dies erwarteten.
Astronomische Interpretation
Kritische Betrachtung und Kontroversen zu astronomischen Hypothesen
Ähnlich wie bei anderen beeindruckenden Megalithanlagen wie Stonehenge in England oder den maltesischen Megalithtempeln, wird auch für Göbekli Tepe die Hypothese vertreten, dass die monumentalen Strukturen möglicherweise astronomische Zwecke erfüllten. Im Jahr 2017 entwickelten die Forscher Sweatman und Tsikritsis eine Theorie zur astronomischen Bedeutung der Anlage D. Sie vermuteten, dass der als „Geierstein“ bezeichnete Pfeiler 43 möglicherweise eine Verbindung zu dem Meteoriteneinschlag herstellen könnte, der das Ende der Jüngeren Dryaszeit markierte. Ihr Ansatz basierte auf der klar erkennbaren Darstellung eines Skorpions auf diesem Pfeiler, den sie mit dem gleichnamigen Tierkreiszeichen in Verbindung brachten. Ihrer Interpretation zufolge könnten die figürlichen Darstellungen auf dem Pfeiler, einschließlich des Skorpions und des Schlangenträgers, auf die Tierkreiszeichen hinweisen. Die konkrete Anordnung dieser Symbole, relativ zu einem als Sonne interpretierten Kreis oder Scheibe, könnte auf ein Datum um die Sommersonnenwende des Jahres 10.950 v. Chr. (±250 Jahre) hindeuten.
Sweatman und Tsikritsis vermuteten weiter, dass die Darstellungen von Fuchs und Wildschwein möglicherweise die nördlichen und südlichen Tauriden-Meteorschauer symbolisierten. Auf dieser Grundlage entwickelte Martin B. Sweatman die These, dass die Reihen von v-förmigen Zeichen oberhalb der Vogeldarstellung auf Pfeiler 43 die 29 beziehungsweise 30 Tage eines Lunationszyklus darstellen könnten. Da diese Zeichen zwölfmal gezählt werden müssten, würde dies eine Gesamtlänge von 354 Tagen ergeben, was einem Mondkalender entsprechen würde. Fünf doppelte V-Zeichen könnten zusätzliche Tage symbolisieren, was einem solaren Kalender mit 364 Tagen entsprechen würde – dem ältesten bekannten Solarkalender. Diese Theorie ist jedoch nicht unumstritten. Kritiker argumentieren, dass die Beobachtung eines einzelnen markanten Himmelsereignisses noch nicht ausreiche, um auf eine ausgeklügelte astronomische Praxis zu schließen. Selbst wenn die Bauherren von Göbekli Tepe den Zusammenhang zwischen dem Himmelsereignis und der darauf folgenden Naturkatastrophe erkannt hätten und dieses Wissen symbolisch festhielten, bleibt die Frage, ob dies tatsächlich auf eine systematische Astronomie hinweist. So bleibt die Theorie in vielerlei Hinsicht umstritten und wird weiterhin intensiv diskutiert.
Psychologische Ansätze und Weitere Deutungen
Verbindungen zur Entwicklung des Ich-Bewusstseins
Theodor Abt bietet eine tiefenpsychologische Perspektive auf die Symbolik der frühesten Megalithkreise von Göbekli Tepe. Er vergleicht diese frühzeitlichen Steinkreise mit der späteren, rechteckigen Anordnung und den kunstvoll gestalteten Tierdarstellungen. Anders als Klaus Schmidt, der vermutete, dass diese Monumente möglicherweise abstrakte Porträts von Ahnen repräsentierten, geht Abt davon aus, dass die Monumente Ausdruck von „Archetypen“ sind – unbewussten geistigen Antriebskräften, die auf diese Kulturleistung einwirkten. Inspiriert von C. G. Jung schlägt Abt vor, dass die Erbauer dieser frühesten bekannten Megalithstrukturen unbeabsichtigt Belege für die „Entwicklung eines zentrierten Ich-Bewusstseins, die Entstehung eines Gottesbildes und die Loslösung des Menschen von seiner Umwelt“ geschaffen haben. Dieser primär neurologisch determinierte Prozess, so Abt, sei „synchronistisch mit der Neolithischen Revolution“ verlaufen und reflektiere tiefgreifende Veränderungen in der menschlichen Psyche und Gesellschaft.
Im Gegensatz dazu betrachten andere Autoren die zeitlichen und räumlichen Zusammenhänge von Göbekli Tepe eher im Kontext der frühen Landwirtschaft. Yuval Noah Harari, in seinem Buch Eine kurze Geschichte der Menschheit, spekuliert, dass die monumentalen Bauwerke von Göbekli Tepe möglicherweise eng mit der Domestizierung des Weizens und der gleichzeitigen Veränderung des Menschen verbunden sind. Er stellt die Hypothese auf, dass die monumentalen Bauwerke möglicherweise errichtet wurden, bevor sich Menschen in festen Siedlungen niederließen. Harari schlägt vor, dass die Notwendigkeit, große Mengen an Lebensmitteln für die Bauarbeiten bereitzustellen, die Menschen dazu veranlasst haben könnte, den Übergang vom Sammeln zum Anbau von Weizen zu vollziehen. Diese Theorie unterstreicht die Möglichkeit, dass religiöse Überzeugungen den Anstoß für die Entwicklung der Landwirtschaft und die Errichtung von Tempeln gaben – und nicht umgekehrt.
Der Zoologe und Anthropologe Carel van Schaik legt den Fokus auf die biologischen Aspekte von Göbekli Tepe, insbesondere auf die Darstellungen gefährlicher Tiere mit erigierten Penissen. Van Schaik interpretiert diese Darstellungen als nostalgischen Ausdruck der Jäger-Mannschaften, die sich an ihre Vergangenheit erinnerten, als ihre Jagderfolge entscheidend für die Ernährung ihrer Gemeinschaften waren. Er stellt fest, dass an den Monumenten nicht die Errungenschaften der neuen Zeit, wie die Erträge des Ackerbaus, abgebildet sind – ein Bereich, der zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert gewesen sein könnte. Zudem fehlen die für die vorherige Epoche typischen Motive der Fruchtbarkeit und Weiblichkeit, wie etwa die Willendorfer Venus. Van Schaik schlussfolgert daher, dass die Monumente von Göbekli Tepe eine Manifestation männlicher Macht darstellen. Die mächtigen, teils phallischen Megalithsäulen könnten demnach die Ankunft einer patriarchalen Religion und einer damit verbundenen Machtstruktur ankündigen.
Moderne Nutzung von Göbekli Tepe
Religiöse und kulturelle Bedeutung als Wallfahrtsort
Göbekli Tepe ist heute nicht nur ein faszinierendes archäologisches Ausgrabungsgebiet, sondern auch ein bedeutender Wallfahrtsort für die örtliche Bevölkerung. Auf dem höchsten Punkt des Hügels steht ein prächtiger Maulbeerbaum, der dank einer guten Bewässerung in der ansonsten kargen Umgebung üppig gedeiht. Dieser Baum, bekannt als dilek ağacı oder Wunschbaum, ist ein zentraler Ort für Pilger und Besucher, die ihn aufgrund seiner spirituellen Bedeutung aufsuchen. Der Baum befindet sich auf einem kleinen Platz, der von Steinmauern umgeben ist und auf dem sich auch einige islamische Gräber befinden. Der Brauch, an den Zweigen des Maulbeerbaums farbige Stoffstreifen zu binden, stammt aus der Zeit vor dem Islam und ist ein weit verbreiteter Ritus in der Türkei. Besucher und Gläubige binden die Tücher als Symbol ihrer Wünsche und Gebete, oft verbunden mit einem Gelübde. Diese Tradition reflektiert eine tief verwurzelte Praxis, die den Baum zu einem Ort der Hoffnung und des Glaubens macht. In jüngerer Zeit wird Göbekli Tepe als Archäologiepark der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieser Park liegt etwas abseits des religiösen Friedhofs und wurde sorgfältig gestaltet, um den Besuchern einen Zugang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stätte zu ermöglichen. Durch eigens angelegte Wege und informative Pfade wird sichergestellt, dass die beeindruckenden prähistorischen Denkmäler in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten bleiben. Die Besucherrouten sind so konzipiert, dass sie den Erhalt der archäologischen Stätte fördern und gleichzeitig den Gästen ein tiefes Verständnis für die historische und kulturelle Bedeutung von Göbekli Tepe vermitteln.
Rezeption von Göbekli Tepe
Internationale Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe
Göbekli Tepe hat sich zu einem bedeutenden und weithin anerkannten kulturellen Erbe entwickelt, das nicht nur Archäologen, sondern auch ein breites Publikum weltweit fasziniert. Die monumentale Stätte hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte moderne Rezeption erfahren, die sich in verschiedenen Medien und Kunstformen widerspiegelt. In wissenschaftsjournalistischen Magazinen wie dem Geo-Magazin und National Geographic wurde Göbekli Tepe umfassend gewürdigt. Besondere Beachtung fanden die detaillierten Artikel und Reportagen, die die archäologische Bedeutung und die mysteriöse Geschichte des Fundorts hervorhoben. Auch in Fernsehdokumentationen erhielt Göbekli Tepe umfangreiche Aufmerksamkeit.
Die Terra-X-Dokumentation „Jenseits von Eden – Lifestyle in der Steinzeit“ sowie der National Geographic-Film „Lost Civilization: Göbekli Tepe – 12.000 Years Ago“ tauchten tief in die Geheimnisse und die Entstehungsgeschichte dieser beeindruckenden Stätte ein. Zudem wird Göbekli Tepe in den Netflix-Serien „Atiye – Die Gabe“ und „Untergegangene Zivilisationen auf der Spur“ thematisiert, die das historische und kulturelle Erbe des Ortes in fesselnden Geschichten und visuellen Darstellungen präsentieren. Die kulturelle Rezeption von Göbekli Tepe erstreckt sich auch auf die moderne Kunstszene. Der Künstler Matti Braun widmete der Stätte in seiner Ausstellung „Özurfa 2008“ im Museum Ludwig in Köln eine Reihe von Gemälden. Darüber hinaus schuf Hans Gustav im Jahr 2007 einen Zyklus von Porträts des Grabungsteams, der die Menschen hinter den Entdeckungen würdigt. Der umfangreichste künstlerische Beitrag stammt von Matthias Rummer, der eine beeindruckende Reihe von Aquarellen anfertigte, die das archäologische Wunderwerk und seine monumentalen Pfeiler darstellen. Ein bedeutender Meilenstein in der Anerkennung von Göbekli Tepe war die Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe am 1. Juli 2018. Diese Auszeichnung unterstreicht die weltweite Bedeutung und den unschätzbaren kulturellen Wert der Stätte und sichert ihren Platz im globalen Erbe der Menschheit.
Präkeramisches Neolithikum A
STECKBRIEF
01
Name
Göbekli Tepe
02
Alter
Ca. 10.000 bis 9500 v. Chr. (spätes Epipaläolithikum bis frühes Neolithikum)
03
Typ
Archäologische Stätte, Megalithanlage
04
Entdeckung
1963 durch ein Team von Archäologen unter der Leitung von Klaus Schmidt
05
Bedeutung
- Weltkulturerbe: Seit 1. Juli 2018
- Historische Bedeutung: Eines der ältesten bekannten religiösen oder rituellen Monumente der Menschheitsgeschichte
- Funktion: Wahrscheinlich ein zeremonielles Zentrum, möglicherweise mit religiösen oder kultischen Aktivitäten
06
Architektur
- Grundriss: Ovaler Plan, etwa 20 Meter Durchmesser
- Hauptmerkmale: Großflächige Steinkreise und Pfeiler mit Reliefs
- Zentralpfeiler: Pfeiler 18 und Pfeiler 31, über 5 Meter hoch, mit angedeuteten Armen und Händen
- Reliefs: Tierdarstellungen (z. B. Wildschweine, Füchse, Raubtiere), einige Pfeiler zeigen komplexe Bildprogramme
07
Besondere Funde
- Steinplatte mit reptilartigen Reliefs
- Anthropomorphe Figur mit erigiertem Penis
- Stelen mit Tierkopf-Darstellungen, darunter Wildschweine
- Werkzeuge aus Feuerstein
- Steintröge möglicherweise zur Aufbewahrung von Getreide
08
Bedeutende Theorien
- Astronomische Bedeutung: Mögliche Hinweise auf eine frühe Form der Astronomie, z. B. durch den Pfeiler 43
- Psychologische und kulturelle Deutungen: Verbindungen zu Archetypen und der Entwicklung von religiösem Bewusstsein, dargestellt durch die monumentale Architektur und die symbolischen Darstellungen
09
Rezeption und Bedeutung
- Medien: Berichterstattung in Geo-Magazin, National Geographic, Terra-X-Dokumentationen, Netflix-Serien „Atiye – Die Gabe“ und „Untergegangene Zivilisationen auf der Spur“
- Kunst: Werke von Matti Braun, Hans Gustav und Matthias Rummer, die Göbekli Tepe künstlerisch darstellen
- Wallfahrtsort: Der Maulbeerbaum „dilek ağacı“ als Ort der Wünsche und Gelübde
10
Besucherinformation
- Archäologiepark: Öffentlich zugänglich mit Führungswegen, die den Besuchern die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stätte näherbringen
- Bewahrung: Schutzmaßnahmen zur Erhaltung der Monumente und der archäologischen Integrität
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UNESCO-Weltkulturerbe
- seit 2018