Die prähistorische Evolution... ca. 9.600 und 8.500 v. Chr.
Jerf el Ahmar
Jerf el Ahmar (arabisch الجرف الأحمر, al-dscharf al-ahmar, „rote Klippen“) ist ein bedeutender Fundort der Jungsteinzeit in Syrien. Er liegt am linken Ufer des mittleren Euphrats und wurde zwischen 9.600 und 8.500 v. Chr. besiedelt. Damit gehört Jerf el Ahmar zu den ältesten bekannten Siedlungen des Neolithikums und steht in engem zeitlichen Zusammenhang mit der berühmten Stätte Göbekli Tepe.
Geografische und archäologische Besonderheiten
Lage und Struktur der Siedlung
Die Siedlung von Jerf el Ahmar erstreckt sich über zwei Hügel, die durch ein kleines Wadi, ein zeitweise wasserführendes Tal, voneinander getrennt sind. Der östliche Hügel wurde als erster besiedelt, und Archäologen fanden dort neun aufeinanderfolgende Bauschichten. In der fünften Siedlungsphase des östlichen Hügels begann die Besiedlung des westlichen Hügels, wo ebenfalls fünf Bauschichten entdeckt wurden. Über einen Zeitraum von etwa 500 Jahren war Jerf el Ahmar stark von der Mureybet-Kultur geprägt, die zur Phase der Präkeramischen Jungsteinzeit A (PPNA) gehört. Gegen Ende der Besiedlungszeit zeigen sich Anzeichen eines kulturellen Wandels hin zur Präkeramischen Jungsteinzeit B (PPNB).
Kulturelle und architektonische Entwicklungen
Wiederaufbau und kulturelle Homogenisierung
Die Funde aus Jerf el Ahmar spiegeln die typischen Merkmale der Mureybet-Kultur wider. Besonders hervorzuheben sind die gut erhaltenen architektonischen Strukturen, die Waffen und Werkzeuge aus Feuerstein sowie einige Gegenstände, die aus Felsgestein gefertigt wurden. Neben diesen Artefakten entdeckten Archäologen auch Piktogramme, die in Form von Bilderschriften auf kleinen Steinen verewigt wurden. Diese Botschaften könnten Aufschluss über das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bewohner geben. Ein bemerkenswertes Merkmal von Jerf el Ahmar ist die kontinuierliche Wiedererrichtung der Dörfer nach deren Zerstörung. Jede Ausgrabungsschicht zeigt eine eigenständige Entwicklungsstufe, die jedoch im Laufe des 8. Jahrtausends v. Chr. einer einheitlichen Siedlungsstruktur wich. Diese Vereinheitlichung deutet auf eine zunehmende kulturelle Homogenisierung hin.
Erste Schritte in die Landwirtschaft
Übergang von der Jäger- und Sammlergesellschaft
Die Ausgrabungen in Jerf el Ahmar offenbaren auch erste Hinweise auf den Übergang von der Jagd- und Sammlergesellschaft zur Landwirtschaft. In den Schichten fanden Archäologen Spuren von wilder Gerste und Einkorn, was auf den Beginn des Anbaus von Getreide hindeutet. Diese Entdeckung unterstreicht die Bedeutung der Region als einer der Schauplätze, an denen die Landwirtschaft ihren Anfang nahm. Jerf el Ahmar stellt somit nicht nur einen wichtigen archäologischen Fundort dar, sondern auch ein Schlüsselpuzzle der frühen Menschheitsgeschichte, das tiefe Einblicke in die Entwicklung der neolithischen Gesellschaften und die Entstehung von Kultur und Landwirtschaft bietet.
Präkeramisches Neolithikum A
STECKBRIEF
01
Name
Jerf el Ahmar
02
Zeitraum der Besiedlung
ca. 9.600 bis 8.500 v. Chr. (Neolithikum)
03
Kulturelle Zuordnung
- Mureybet-Kultur (PPNA)
- Übergang zur PPNB-Kultur
04
Geografische Lage
Zwei Erdhügel, getrennt durch ein Wadi (trockenes Flusstal)
05
Bauschichten
- – 9 Schichten auf der „Ost-Anhöhe“
- 5 Schichten auf der „West-Anhöhe“
06
Archäologische Funde
- Waffen und Werkzeuge aus Feuerstein
- Gegenstände aus Felsgestein
- Piktogramme und Bilderschriften auf kleinen Steinen
- Erste Spuren von wilder Gerste und Einkorn (Anzeichen für beginnende Landwirtschaft)
07
Besonderheiten
- Wiederholte Zerstörung und Wiedererrichtung der Dörfer
- Entwicklung zu einer einheitlichen Siedlungsstruktur im 8. Jahrtausend v. Chr.
- Übergang von Jäger- und Sammlergesellschaften zur Landwirtschaft
08
Historische Bedeutung
- Eine der ältesten neolithischen Siedlungen
- Zeitlich vergleichbar mit Göbekli Tepe
- Bedeutende Stätte für die Erforschung der frühen Menschheitsgeschichte und der Entstehung der Landwirtschaft