DIE PRÄHISTORISCHE EVOLUTION... VOR CA.50.000 BIS 10.000 JAHREN

JUNGPALÄOLITHIKUM

Das Jungpaläolithikum, auch bekannt als die letzte Phase der Altsteinzeit,  sie umfasst den Zeitraum von etwa 50.000 bis 10.000 Jahren vor heute. In dieser Periode entwickelte sich die menschliche Kultur erheblich weiter, insbesondere durch technologische Fortschritte, künstlerische Ausdrucksformen und soziale Organisation.

Jungpaläolithikum 300x300px

Um 40.000 Jahre vor heute beginnt eine neue Ära in der Menschheitsgeschichte, die als Jungpaläolithikum bekannt ist. Dieser Zeitabschnitt fällt ungefähr mit der Ankunft des Homo sapiens in Europa zusammen, wie es die Out-of-Africa-Theorie postuliert. In Mittel- und Osteuropa finden wir einige der ältesten Kulturen mit jungpaläolithischen Merkmalen wie das Széletien, Olschewien, Jerzmanovicien und Bohunicien. In Italien gibt es das Uluzzien, während in Frankreich und Nordspanien das Châtelperronien zu finden ist, die letzte Werkzeugkultur der Neandertaler. Es ist noch nicht eindeutig geklärt, ob das Jungpaläolithikum in Europa entstanden ist oder ob es möglicherweise aus Westasien eingeführt wurde. Doch was diese Epoche so einzigartig macht, ist nicht nur das Eintreffen des modernen Menschen. Es ist vielmehr das Auftreten von symbolischen Artefakten, die in dieser Form zuvor nicht existierten. Dazu zählen dreidimensionaler Schmuckfigürliche Kunstwerke, Darstellungen mythologischer Wesen wie des Löwenmenschen und sogar Musikinstrumente. Interessanterweise sind allein aus Südwestdeutschland bisher acht Flöten aus Vogelknochen bekannt, die einen Einblick in die künstlerische Kreativität dieser Zeit geben.

Unterschiede zwischen dem Mittel- und Jungpaläolithikum

Das Jungpaläolithikum unterscheidet sich in verschiedenen Aspekten vom Mittelpaläolithikum:

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  1. Effizientere Nutzung von Silex:
    Im Jungpaläolithikum wird eine verbesserte Nutzung des Silex beobachtet. Dies zeigt sich darin, dass zunehmend kleinere Abschläge produziert werden, was auf eine Tendenz zur Herstellung von Mikrolithen hinweist. Oftmals wurde das Rohmaterial über große Strecken transportiert, was Rückschlüsse auf die Wanderbewegungen und die Wertschätzung verschiedener Rohstoffe ermöglicht.
  2. Verarbeitung von Knochen und Geweih:
    Die Verwendung von Knochen und Geweih zur Herstellung von Gegenständen des alltäglichen oder rituellen Gebrauchs ist im Jungpaläolithikum neu. Im Gegensatz dazu nutzten Neandertaler Knochenmaterial weniger intensiv und bevorzugten die Herstellung von Artefakten aus Silex. Die Gründe für diese Unterschiede sind noch nicht vollständig geklärt.
  3. Neue Jagdwaffen:
    Im Jungpaläolithikum werden neue Jagdwaffen wie der Boomerang, die Speerschleuder und Pfeil und Bogen entwickelt. Es gibt Hinweise auf Pfeil und Bogen bereits im Mittelpaläolithikum Afrikas. Es wird diskutiert, ob diese Technologie mehrfach erfunden und wieder vergessen wurde.
  4. Identifizierung verschiedener Aktivitätsbereiche:
    Für Fundplätze aus dieser Zeit konnten verschiedene Tätigkeitsbereiche identifiziert werden, darunter Speicheranlagen, Feuerstellen mit und ohne Steinkranz sowie Arbeitsbereiche, in denen beispielsweise Ocker verarbeitet wurde.

Eine "Human Revolution"?

Die Verwendung von Farbpigmenten und Schmuck aus Muscheln oder Schneckenhäusern reicht bis ins Mittelpaläolithikum zurück und ist sowohl von modernen Menschen als auch von Neandertalern bekannt. Daher kann man nicht behaupten, dass die jungpaläolithische Kultur aus dem Nichts entstand oder dass nur der Homo sapiens Kunst schuf und zu abstraktem Denken fähig war. Diese Annahme war lange Zeit in der Archäologie verbreitet, wurde jedoch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts hinterfragt.

Frühere Vorstellungen charakterisierten das Jungpaläolithikum als Zeitpunkt, an dem die ältesten Kunstwerke der Menschheit entstanden und eine „menschliche Revolution“ stattfand, bei der der anatomisch moderne Mensch sein modernes Denken entwickelte. Zu dieser Zeit wurden Farbpigmente und durchlochte Muscheln oder perforierte Schneckenhäuser nicht als Kunst betrachtet. Stattdessen wurden Statuetten wie der Löwenmensch oder die Venusfigurinen als früheste Formen der Kunst identifiziert.

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3 Grotte du Renne (Arcy-sur-Cure, France). Ch ˆtelperronian symbolic artefacts. Personal ornaments made of perforated and grooved teeth (1–6, 11), bones (7–8, 10) and a fossil (9); red (12–14) and black (15–16) colourants bearing facets produced by grinding; bone awls (17–23). After Caron et al. (2011).

Die Frage nach der Entstehungsfähigkeit zur Herstellung symbolischer Artefakte bleibt: Woher kam diese Fähigkeit? Einige Forscher wie Richard G. Klein vermuteten, dass eine genetische Mutation vor etwa 50.000 Jahren bei anatomisch modernen Menschen aus Afrika den Auslöser für die Entwicklung des modernen Denkens bildete. Paul Mellars datierte diesen neurologischen Wandel auf einen Zeitraum zwischen 60.000 und 80.000 Jahren vor heute.

Mit der Wende zum 21. Jahrhundert entstand innerhalb der archäologischen Forschung Kritik am Modell der „human revolution“. Diese Kritik basierte auf neuen Interpretationen und Funden symbolischer Artefakte aus dem Mittelpaläolithikum. Schon über 100.000 Jahre alte Funde in Afrika, insbesondere in der Blombos-Höhle, wiesen auf symbolisches Denken hin. Ockerstücke mit Linienmustern und Bearbeitungsspuren sowie Hinweise auf das Verarbeiten von Ocker zu Farbpulver wurden entdeckt. Eine Untersuchung des Ockers aus der Qafzeh-Höhle in Westasien bestätigte seine Verwendung zur Herstellung von Farbpulver.

Diese Funde legten nahe, dass die Ursprünge des „modernen Verhaltens“ nicht allein auf genetische Mutationen zurückzuführen sind, wie von Richard Klein und Paul Mellars vermutet. Vielmehr deuten sie darauf hin, dass moderne kognitive Fähigkeiten das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses sind, der weiter in die Vergangenheit zurückreicht als bisher angenommen. Vertreter des „multiple species model“ argumentieren, dass modernes Verhalten nicht nur beim anatomisch modernen Menschen zu finden ist, sondern auch bei allen menschlichen Vorfahren, einschließlich Homo heidelbergensis, Homo sapiens und Homo neanderthalensis.

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Im Zuge der Kritik am Modell der „human revolution“ wurden auch die Definitionen von modernem menschlichem Verhalten und symbolischem Verhalten überarbeitet.
Symbolisches Verhalten wird nun anhand von vier Punkten definiert:

Abstraktes Denken: Die Fähigkeit, in abstrakten Konzepten unabhängig von Zeit und Raum zu handeln.

Vorausschauendes Planen: Die Fähigkeit, auf vergangenen Erfahrungen basierend Strategien zu formulieren und in einer Gruppe zu handeln. Verhaltensbezogene, ökonomische und technologische Innovation.

Symbolisches Verhalten: Die Fähigkeit, Objekte, Personen und abstrakte Konzepte sprachlich und visuell darzustellen und diese Symbole in eine kulturelle Praxis einzubinden.

Archäologische Indizien zur Identifizierung symbolischen Verhaltens umfassen regionale Artefaktstile, Körperzier, die Verwendung von Pigmenten, Objekte mit Gravuren und Kerben sowie Bestattungen mit Grabbeigaben und bildliche Darstellungen.

Gesellschaft im Jungpaläolithikum...

Die Gesellschaft im Jungpaläolithikum war geprägt von Jäger- und Sammlergemeinschaften, die in relativ kleinen Gruppen, sogenannten „bands“, lebten.

Diese Gruppen umfassten in der Regel nicht mehr als etwa 100 Menschen. Die Organisation war eher egalitär, ohne klare soziale Hierarchien. Die Menschen im Jungpaläolithikum waren nomadisch und lebten von der Jagd auf wild lebende Tiere sowie von der Sammlung von essbaren Pflanzen und anderen Ressourcen. Sie waren in der Regel saisonal sesshaft, wobei sie temporäre Unterkünfte wie Hütten oder Zelte nutzten.

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In diesen Gemeinschaften herrschte ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, und es wurde erwartet, dass jedes Mitglied zur Gruppe beitrug und sich gegenseitig unterstützte. Es wird angenommen, dass es informelle Anführer in den Gruppen gab, möglicherweise erfahrene Jäger oder ältere Mitglieder mit Wissen über das Überleben in der Wildnis. Religiöse Praktiken und spirituelle Vorstellungen spielten wahrscheinlich eine wichtige Rolle im Leben dieser Menschen. Schamanen oder spirituelle Führer könnten eine bedeutende Position innerhalb der Gemeinschaft eingenommen haben, um den Menschen bei der Bewältigung von Herausforderungen und der Interpretation ihrer Umwelt zu helfen.

Religiöse Praktiken Illustration © OpticalArtInc

Farben werden oft als Hinweis auf Symbolismus betrachtet, doch allein die Existenz von Farbpigmenten ist kein Beweis für symbolisches Denken. Schwarze Pigmente könnten ebenso für praktische Zwecke wie Kleber für Werkzeuge verwendet worden sein oder zur Körperbemalung. Fundstellen wie Pech de l’Aze in Frankreich und La Ferrassie in der Dordogne haben Pigmentknollen und gefärbte Reibsteine hervorgebracht, die darauf hinweisen, dass gezielt Farbpulver gewonnen wurde. Leider wurden keine bemalten Gegenstände oder Farbstreuungen gefunden, was darauf hindeuten könnte, dass bemalte Objekte nicht erhalten geblieben sind oder vom Fundplatz entfernt wurden.

Experimente mit Mangan deuten darauf hin, dass einige der Manganfunde von Pech de l’Aze zur Körperbemalung verwendet wurden. In der rumänischen Höhle von Cioarei-Borosteni wurden Stalagmiten mit Mulden entdeckt, die rotfarbige Ockerreste enthielten. Diese könnten als Behälter für Pigmente gedient haben, ebenso wie Ockerstücke mit Reibfacetten, die als „ochre-crayons“ interpretiert werden, also möglicherweise als Stifte zum Bemalen von Oberflächen.

ochre-crayons

Jungpaläolithikum

STECKBRIEF

01

Name

Jungpaläolithikum

02

Alter

Circa 50.000 bis 10.000 Jahre vor heute

03

Werkzeuge und Technologien

Im Jungpaläolithikum entwickelten die Menschen hochentwickelte Steinwerkzeuge, darunter Feuersteinklingen und -schaber. Diese Werkzeuge wurden durch spezialisierte Herstellungstechniken wie den Abschlag oder die Drucktechnik hergestellt und dienten sowohl jagdlichen als auch alltäglichen Zwecken.

04

KUNST UND SYMBOLISMUS

Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen des Jungpaläolithikums ist das Aufkommen von Kunst und Symbolismus. In dieser Zeit entstanden die ersten Höhlenmalereien, wie zum Beispiel in der Höhle von Lascaux in Frankreich. Diese Kunstwerke zeigen nicht nur Jagdszenen und Tierdarstellungen, sondern auch abstrakte Symbole und möglicherweise rituelle Darstellungen.

05

JAGD UND SAMMELN

Während des Jungpaläolithikums waren die Menschen auf die Jagd und das Sammeln von Nahrung angewiesen. Sie folgten den Wanderungen von Tieren, um ihre Jagd zu optimieren, und sammelten verschiedene Pflanzen und Früchte, um ihren Nahrungsbedarf zu decken.

06

Höhlenbewohnung

Viele Fundstätten aus dem Jungpaläolithikum befinden sich in Höhlen oder unter Felsüberhängen. Diese Orte dienten den Menschen als Unterkünfte, Jagdstätten und möglicherweise auch als rituelle Plätze.

07

KULTURELLER AUSTAUSCH

Das Jungpaläolithikum war eine Zeit des kulturellen Austauschs und der Wanderungen. Menschen bewegten sich über weite Entfernungen, interagierten mit anderen Gruppen und teilten Technologien, Ideen und möglicherweise auch genetisches Material.

JUNGPALÄOLITHIKUM KULTUREN/ INDUSTRIEN

AURIGNACIEN
ca. 40.000 – 28.000 v.Chr

CHATELPERRONIEN
ca. 45.000 – 40.000 v.Chr

GRAVETTIEN
ca. 28.000 – 22.000 v.Chr

SOLUTR’EEN
ca. 22.000 – 17.000 v.Chr

MAGDAL’ENIEN
ca. 17.000 – 12.000 v.Chr

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