Die prähistorische Evolution... ca. 6200 bis 5600 v.Chr.

Körös-Kultur

Die Körös-Kultur, auch bekannt als Körös-Criș-Kultur, gehört zu den frühesten neolithischen Kulturen in Europa und wird zeitlich auf die Periode von 6200 bis 5600 v. Chr. eingeordnet. Ihre bedeutende Rolle liegt darin, dass sie die älteste neolithische Kultur im westlichen Karpatenraum darstellt und somit ein Schlüssel zur frühen Sesshaftwerdung und Landwirtschaft in dieser Region ist. Im geografischen Kontext erstreckte sich die Körös-Kultur hauptsächlich über das Gebiet des heutigen Ostungarns entlang des Flusses Körös (auf Rumänisch Criș), einem wichtigen Nebenfluss der Theiß. Der namensgebende Fluss prägte nicht nur die Landschaft, sondern bot den frühen Siedlern fruchtbares Land und ausreichend Wasser für ihre Ackerbau- und Viehzuchtaktivitäten. Häufig wird die Körös-Kultur zusammen mit der Starčevo-Kultur, die vor allem im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens sowie im ungarischen Transdanubien verbreitet war, zu einem größeren kulturellen Komplex zusammengefasst. Dieser Verbund ist unter der Abkürzung SKC bekannt, was für Starčevo-Körös-Criș-Kultur steht. Gemeinsam markieren sie den Übergang zur neolithischen Lebensweise in Südosteuropa, die durch Ackerbau, Viehzucht und erste feste Siedlungen gekennzeichnet ist.

Körös-Kultur Frühneolithikumprehistoricevolution

Das Verbreitungsgebiet
der Körös-Kultur

von Ungarn und Rumänien bis in die transkarpatische Ukraine sowie nach Moldawien

Verbreitungsgebiet der Körös-Kultur erstreckt sich von Ungarn und Rumänien bis in die transkarpatische Ukraine sowie nach Moldawien.

Das Verbreitungsgebiet der Körös-Kultur erstreckt sich von Ungarn und Rumänien bis in die transkarpatische Ukraine sowie nach Moldawien. Der ungarische Archäologe János Banner (1888–1971) verortete die Kulturen zwischen den Flüssen Tisza, Körös, Mureș und der Donau im Süden. Die Siedlungsschwerpunkte konzentrierten sich vor allem im Mündungsgebiet des Mureș sowie entlang der Körös und ihrer rumänischen Zuflüsse, zu denen die Schwarze Criș, die Weiße Criș und die Schnelle Criș gehören. Besonders viele Funde stammen aus der Gegend um Hódmezővásárhely und Endrőd. Ein wichtiger archäologischer Durchbruch gelang im Jahr 2003 mit der Entdeckung von Tiszaszőlős–Domaháza-puszta. Diese Fundstätte belegte, dass die Verbreitung der Körös-Kultur weiter nach Norden reichte, und zwar bis in die Obere Theiß-Region, jenseits der zuvor als Grenze angenommenen Kunhegyes-Berettyó/Beretău-Grenze. Zu den bedeutenden Fundorten der Körös-Kultur gehören unter anderem Ibrány-Nagyerdő in Ungarn, Călinești-Oaș-Dâmbul Sfîntei Marii in Rumänien sowie Tășnad-Sere, das ebenfalls in Rumänien liegt. Diese Fundstätten liefern wertvolle Einblicke in die Siedlungsstruktur und Lebensweise dieser frühen neolithischen Gemeinschaften.

Forschungsgeschichte

Die ersten Ausgrabungen, die Materialien der Körös-Kultur zutage förderten, wurden in den 1930er Jahren von dem ungarischen Archäologen János Banner durchgeführt. Zu dieser Zeit war es jedoch noch nicht möglich, die Fundstücke kulturhistorisch genau einzuordnen. Eine systematische Aufarbeitung des Materials erfolgte erst im Jahr 1944 durch die ungarische Archäologin Ida Kutzián. Ihre Arbeit, die eine chronologische Einordnung der Funde sowie Vergleiche mit benachbarten Kulturen vornahm, wird bis heute aufgrund ihres wissenschaftlichen Wertes hochgeschätzt. In den darauffolgenden Jahrzehnten konnten durch neue Grabungen weitere Erkenntnisse gewonnen werden, die das Fundmaterial bereicherten und wichtige Informationen zum Siedlungswesen sowie zur materiellen Kultur der Körös-Gesellschaft lieferten. Trotz der zahlreichen Ausgrabungen blieben viele Ergebnisse jedoch nur unzureichend publiziert. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet die umfassendere Darstellung der Körös-Siedlung von Endrőd-Öregszőlők durch J. Makkay im Jahr 1992, der wertvolle Einblick in die Lebensweise dieser frühen neolithischen Gemeinschaft ermöglichte.

Forschungsgeschichte

das Siedlungswesen
der Körös-Kultur

Pfostenbauten & Grubenhäuser

Rohbau eines rekonstruierten Grubenhauses
Rohbau eines rekonstruierten Grubenhauses auf der Burginsel des Castrum Vechtense CC BY-SA 4.0

Über das Siedlungswesen der Körös-Kultur ist bislang nur wenig bekannt. Ihre Fundorte befinden sich vornehmlich in flussnahen Regionen, was auf eine gezielte Auswahl der Siedlungsplätze aufgrund der günstigen Ressourcenlage hindeutet. Diese Nähe zu Wasserläufen spielte vermutlich eine entscheidende Rolle für Ackerbau und Viehzucht. Die bisher bekannten Behausungen umfassen vor allem einfache Pfostenbauten, die vergleichsweise klein und einfach konstruiert waren. Daneben traten sogenannte Grubenhäuser auf, die in den Boden eingetieft waren. Bei diesen Strukturen lassen sich eingetiefte und halb-eingetiefte Varianten unterscheiden, wobei die Trennung aufgrund fehlender eindeutiger Merkmale oft schwerfällt. Viele dieser Hausbefunde weisen weder Pfostenlöcher noch eindeutige Herdstellen auf, was ihre Funktion als tatsächliche Wohnhäuser bisweilen infrage stellt.

Die Körös-Starčevo-Criș-Kultur gilt als die bislang älteste bekannte neolithische Kultur, in der sowohl Keramikherstellung als auch der Hausbau als handwerkliche Fertigkeiten nachweisbar sind. Neben Rundbauten traten rechteckige Strukturen auf, die durch ein vom Boden abgehobenes Satteldach geschützt wurden. Ein bedeutendes Beispiel liefert das Hausmodell aus Röszke, das ein rechteckiges Gebäude mit Firstdach zeigt. Ein weiteres Forschungsprojekt begann 1992 unter der Leitung des Archäologen Alasdair Whittle von der Universität Cardiff. Bei Ausgrabungen in Ecsegfalva, im ungarischen Komitat Békés, wurde eine dichte Fundstreuung dokumentiert. Trotz dieser Vielzahl an Funden gelang es jedoch nicht, eindeutige Hausgrundrisse zu rekonstruieren, was die Forschung vor weitere Herausforderungen stellt.

SIEDLUNGEN DER KÖRÖS-KULTUR

Endrőd-Öregszőlők

Die Siedlung von Endrőd-Öregszőlők, die im Jahr 1992 von János Makkay (*1933) publiziert wurde, zählt zu den bedeutendsten Fundstellen der Körös-Kultur. Hier wurden mehrere Grubenhäuser entdeckt, die mit Öfen ausgestattet waren. Ergänzt werden diese Strukturen durch zahlreiche Gruben, die reichhaltige Füllungen aus Keramikfragmenten und Knochenmaterial enthielten. Diese Funde legen nahe, dass die Siedlung von Endrőd-Öregszőlők eine zentrale Rolle innerhalb der Körös-Kultur spielte. Wie viele Bauten zeitgleich existierten, bleibt unklar. Dennoch spricht die Siedlungsdauer von etwa 500 Jahren dafür, dass Endrőd nahezu die gesamte Zeitspanne der Körös-Kultur abdeckte und kontinuierlich besiedelt war. Die Ergebnisse aus Endrőd liefern damit wertvolle Hinweise auf die langfristige Organisation und Lebensweise der damaligen Gesellschaft.

Méhtelek-Nádas

Im Norden Ungarns liegt die Siedlung Méhtelek-Nádas, die ebenfalls der Körös-Kultur zugeordnet wird. Es wird vermutet, dass diese Siedlung vor allem aufgrund des Obsidianabbaus errichtet wurde. Ein starkes Indiz hierfür ist die Tatsache, dass etwa 80 % aller Geräte, die in Méhtelek gefunden wurden, aus diesem vulkanischen Glas hergestellt waren. Obsidian, ein Material von hoher Qualität und ästhetischem Reiz, war ähnlich wie Feuerstein ein bevorzugter Rohstoff für die Fertigung von Werkzeugen. Seine weitreichende Verbreitung deutet darauf hin, dass die Bewohner der Siedlung Méhtelek eine bedeutende Rolle im Obsidianhandel der damaligen Zeit spielten.

Unpublizierte Siedlungen

Weitere Siedlungen, die der Körös-Kultur zugeordnet werden, sind unter anderem Szajol-Felsőföld, Röszke-Ludvár und Endrőd Fundort 39. Diese Fundstellen wurden bislang nur unzureichend untersucht oder publiziert, könnten jedoch in Zukunft wichtige neue Erkenntnisse zur Verbreitung und Lebensweise der Körös-Kultur liefern.

Töpferei

Materielle Kultur
Keramik der Körös-Kultur

polychrom bemalte Gefäße

Die Keramik der Körös-Kultur unterscheidet sich deutlich von der benachbarten Starčevo-Kultur, die vor allem für ihre weiß-auf-rot und dunkel-auf-rot bemalten Gefäße bekannt ist. Die Körös-Keramik hingegen ist oft unbemalt. Dennoch gibt es in der frühesten Phase der Kultur polychrom bemalte Gefäße, wie etwa Funde aus Gura Baciului bei Cluj belegen. Diese komplexe Bemalung tritt jedoch in Ungarn seltener auf, wo die Muster schlichter ausfallen und sich meist auf weiße Bemalung beschränken.

Zu den typischen Gefäßformen der Körös-Kultur zählen:

  • große ovale Vorratsgefäße,
  • Schüsseln und Schalen,
  • halbkugelige Gefäße,
  • Schalen mit einem konischen Standfuß, der entweder hohl oder massiv ausgeführt sein kann.

Ein besonderes Merkmal vieler Gefäße sind drei bis sechs kleine Füßchen, die den Gefäßen Stabilität verleihen. Die Verzierung der Keramik erfolgte überwiegend durch plastische Applikationen, die äußerst vielfältig gestaltet sind.
Dazu zählen: Leisten, Warzen, Buckel und flächige Rauungen (Barbotine-Dekor).

Körös-Kultur
Körös-Kultur. 1 Tasse (Grab gut aus Grab 3) 2 Hand gewürfelte Tasse 3 kleines Glas 4 bin Phora 5 globular vessel. Quelle: https://www.researchgate.net/publication/288893484_South_western_Koros_culture_settlement_in_the_Danube-Tisza_interfluve_Szakmar-Kisules

Eine Besonderheit der Körös-Keramik stellen plastisch applizierte anthropomorphe und zoomorphe Darstellungen dar. Diese Motive, die etwa Ziegen oder Hirsche abbilden, weisen auf eine komplexere Symbolik und eine mögliche kulturelle oder religiöse Bedeutung hin.

Sonderformen

Ein weiterer Keramiktyp der Körös-Kultur sind rundliche Gegenstände aus gebranntem Ton, die in verschiedenen Formen auftreten (z. B. tomatenförmig, blumenförmig, flach). Diese Objekte sind stets mittig durchlocht. Da die Siedlungen der Körös-Kultur vorwiegend in Gewässernähe lagen, wird vermutet, dass es sich bei diesen Funden um Netzsenker handelt, die beim Fischfang verwendet wurden.

Netzsenker aus Stein
Netzsenker aus Stein Körös Kultur - Diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright zur Verfügung gestellt.
Magerung und Materialanalyse

Die Körös-Keramik war vorwiegend organisch gemagert. Im Banat fand die Archäologin Michaela Spataro heraus, dass als Magerungsmaterial hauptsächlich Druschreste aus Weizen- und Gerstenstroh sowie Sand (Feldspat) verwendet wurden, teils in Kombination. Zudem wurde bevorzugt glimmerhaltiger Ton genutzt, der den Gefäßen besondere Eigenschaften verlieh. Auffällig ist, dass Tonaltäre und Statuetten häufig aus Tonarten gefertigt wurden, die bei anderen Gefäßen seltener verwendet wurden. Dies lässt auf eine gezielte Materialwahl für spezielle rituelle oder symbolische Objekte schließen.

Statuette
Statuette der Körös Kultur Gefunden in Méhtelek, (Ungarn)
Chronologische Einteilung

Die Keramik der Körös-Kultur wurde von Gheorghe Lazarovici (*1941) in vier Phasen eingeteilt, die auf stilistische Veränderungen und technologische Entwicklungen basieren. Diese Einteilung ermöglicht eine detaillierte zeitliche und kulturelle Differenzierung der Funde und bietet wichtige Anhaltspunkte zur Entwicklung der Körös-Kultur im Verlauf der Jahrhunderte.

Materielle Kultur
Knochen- Zahn- Geweih und Steingeräte

Knochen-, Zahn- und Geweihgeräte

Die Werkzeuge aus Knochen, Zähnen und Geweih spielten eine bedeutende Rolle im Alltag der Körös-Kultur. Für die Herstellung von Knochengeräten wurden bevorzugt die Überreste von Haustieren sowie von kleineren und größeren Wiederkäuern verwendet. Besonders häufig kamen die Hauer männlicher Schweine zum Einsatz, die als Rohmaterial für spezialisierte Werkzeuge dienten. Ein charakteristisches Knochengerät der Körös-Kultur ist die Ahle. Diese wurde meist aus den Metapodien von Rehen oder Capriden sowie aus den Langknochen von Rindern und Auerochsen gefertigt. Daneben kommen auch löffel- und spatelartige Geräte vor. Ein bemerkenswerter Fund aus Dévaványa-Barcéi kishalom zeigt die Vielseitigkeit des Materials: Hier wurde ein Keramikglätter aus einer Rippe hergestellt. Besondere Erwähnung verdienen Knochenlöffel, die aus dem Stirnbein von Ochsen gefertigt wurden. Viele dieser Löffel sind stark abgenutzt, was auf intensive Nutzung hindeutet. Im Bereich der Geweihverarbeitung sind vor allem Sicheln bekannt, wie sie unter anderem in Valea Răii, Cărcea und Basarabi gefunden wurden. Allerdings bleiben Geweihgeräte in der Körös-Kultur, verglichen mit späteren neolithischen Kulturen, relativ selten.

Spatel
Spatel Beispielbild
Steingeräte

Die Steingeräte der Körös-Kultur unterteilen sich in geschliffene und geschlagene Werkzeuge. Aus Felsgestein wurden vor allem Beile und ovale Mahlsteine hergestellt, die im Ackerbau und bei der Lebensmittelverarbeitung Verwendung fanden. Für Werkzeuge aus geschlagenem Stein diente ein breites Spektrum an Materialien:

  • Feuerstein,
  • limnischer Quarzit und
  • Obsidian aus dem Vorkommen bei Zemplén.

Der Handel mit Feuerstein spielte eine bedeutende Rolle. Besonders der blonde balkanische Flint und der Prutflint (auch Wolhynischer Flint genannt) wurden über weite Distanzen transportiert und gehandelt. Neben diesen hochwertigen Materialien nutzten die Bewohner der Körös-Kultur auch zahlreiche lokale Gesteine, die in der Nähe der Siedlungen verfügbar waren.

Getreide und Mahlstein CC BY 3.0
Bestattungen

Bestattungen
der Körös-Kultur

Hockergrab
Hockergrab mit vier menschlichen Skeletten - Beispielbild -

Bis heute sind nur wenige Bestattungen der Körös-Kultur bekannt. Dabei handelt es sich meist um Hockergräber, in denen die Verstorbenen in seitlicher Position beigesetzt wurden. Diese Gräber befanden sich häufig innerhalb der Siedlungen und waren Teil größerer Gruben, die neben den Skeletten auch Keramikfragmente und Tierknochen enthielten. Solche Grabbeigaben lassen auf rituelle Praktiken oder den symbolischen Charakter der Bestattungen schließen.

Neben diesen Hockergräbern wurden vereinzelt auch Einzelgräber dokumentiert. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Bestattungen insgesamt sehr selten sind und nur in wenigen Fundorten nachgewiesen werden konnten. Die Gründe hierfür sind unklar und könnten sowohl in den damaligen Bestattungspraktiken als auch in den Erhaltungsbedingungen der Gräber liegen.

Wirtschaftsweise der Körös-Kultur

Die Träger der Körös-Kultur betrieben eine kombinierte Wirtschaftsweise aus Ackerbau, Gartenbau und Viehzucht, was den Übergang zur sesshaften Lebensweise widerspiegelt.

Nutzpflanzen

Bisherige archäobotanische Analysen lieferten Nachweise für verschiedene Getreidearten, die in glockenförmigen Vorratsgruben gelagert wurden:

  • Hordeum vulgare (Gerste) aus Tiszaszőlős-Domaháza-puszta, Berettyóijfalu-Nagy Bőcs-dülő und Ecsegfalva.
  • Triticum monococcum (Einkorn) aus Glăvaneștii Vechi, Hărman und Ecsegfalva.
  • Triticum dicoccum (Emmer) aus Hărman.
  • Triticum turgidum (Khorasan-Weizen) aus Szarvas-Szappanosi szőlők.
  • Triticum spelta (Spelz/Dinkel) aus Hărman.

Ein besonders breites Spektrum an Pflanzenresten wurde in Íbrany-Nagyerdő dokumentiert, was auf die Vielfalt des Anbaus in dieser Region hinweist.

Ackerbau Illustration © OpticalArtInc
viefiehzucht 300x300
Viehzucht

Die Viehzucht konzentrierte sich auf Schafe und Ziegen, die die dominierenden Haustiere darstellten. Ihnen folgten Rinder als wichtige Fleisch- und Rohstoffquelle. Schweine und Hunde waren vergleichsweise selten. Diese Tierauswahl spiegelt die ursprünglichen Bedingungen des südosteuropäischen Herkunftsgebiets wider, war jedoch für den Karpatenraum nicht immer optimal geeignet. Ein bemerkenswerter Befund stammt aus der Siedlung Endrőd, wo Bökönyi (1992) insgesamt 119 Schafe mit schwerer Arthritis nachweisen konnte. Dies deutet auf eine langfristige Nutzung der Tiere, möglicherweise für Milchproduktion und Wolle, hin. Die Anteile an domestizierten Tieren schwankten stark zwischen den Siedlungen. So reichen die Werte von 25,2 % bis zu 92,7 %, was auf unterschiedliche lokale Wirtschaftsweisen oder Umweltbedingungen schließen lässt.

Jagd und Fischfang
Jagd und Fischfang

Der Wildtieranteil variiert je nach Fundort. Neben Säugetieren wie Wildrindern, Hirschen und Wildschweinen spielten auch Vögel, Fische und Mollusken (Schnecken und Muscheln) eine Rolle in der Ernährung der Körös-Bevölkerung. Hinweise auf Fischfang stammen unter anderem aus Tiszaszőlős-Domaháza-Puszta. László Bartosiewicz (2005) weist jedoch darauf hin, dass in Siedlungen mit hohem Wildtieranteil meist insgesamt wenig Tierknochen gefunden wurden, was die Interpretation dieser Daten erschwert.

Milchproduktion
Milchproduktion

Ein bemerkenswerter Fund aus Ecsegfalva belegt die Nutzung von Milch: In mehreren Gefäßen konnten Reste von Kuhmilch nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass neben Fleisch auch Milchprodukte Teil der Ernährung waren, was die Vielseitigkeit der Viehzucht unterstreicht.

Kult
der Körös-Kultur

Im Fundmaterial der Körös-Kultur begegnen zahlreiche anthropomorphe Tonfigurinen, die in ihrer Formgebung Parallelen zur Starčevo-Kultur aufweisen, jedoch deutlich häufiger auftreten. Diese Figurinen lassen sich in zwei Typen unterteilen:

  • Einfache, säulenartige Stücke
  • Besser ausgeformte Figuren, die oft weiblicher Natur sind.

Charakteristisch für die weiblichen Figuren sind lange, stabartige Köpfe und Hälse sowie ein stark betontes Gesäß, was auf eine mögliche Verbindung zu Fruchtbarkeitskulten hindeutet. Daneben existieren auch zoomorphe Figurinen, deren dargestellte Tiere jedoch meist schwer zu identifizieren sind. Die Häufigkeit solcher Darstellungen spricht für eine kulturelle Bedeutung von Tieren in rituellen oder symbolischen Kontexten. Besonders hervorzuheben sind die sogenannten „Altäre“ – keramische Gegenstände mit drei oder vier Füßen. Ihr Verwendungszweck bleibt bislang  ungeklärt, jedoch könnte es sich um rituelle Objekte handeln, die möglicherweise bei kultischen Handlungen oder Opferritualen Verwendung fanden.

Statuette
Statuette der Körös Kultur Gefunden in Méhtelek, (Ungarn)
Entstehung
Entstehung

Die Ursprünge der Körös-Kultur werden, wie auch die der Starčevo-Kultur, auf eine Einwanderung aus dem Südosten zurückgeführt. Über die genaue Route und die Mechanismen der Ausbreitung herrscht allerdings keine Einigkeit: Eszter Bánffy (2006) vermutet eine Einwanderung über das Banat und das Tal des Olt nach Transsilvanien. Der Archäologe Gheorghe Lazarovici geht hingegen von mehreren Einwanderungswellen aus. Ungeachtet der Details bleibt die Körös-Kultur ein wichtiger Vertreter der neolithischen Kulturen, die den südosteuropäischen Einfluss in den Karpatenraum trugen und maßgeblich zur Neolithisierung dieser Region beitrugen.

Nachfolgekulturen
Nachfolgekulturen

Die Körös-Criș-Kultur und die Starčevo-Kultur gelten als die formativen Kulturen, also als Vorläufer der späteren Linearbandkeramischen Kultur (LBK) im Westen und der Alföld-Linearkeramik sowie der Pișcolt-Kultur im Osten. Damit steht die LBK in enger kultureller Verbindung zur Körös-Criș-Kultur. Alternativ vertreten manche Forscher die These, dass die Starčevo-Kultur als alleinige Vorläuferkultur der LBK anzusehen ist. Die ungarische Prähistorikerin Eszter Bánffy (2014) argumentiert beispielsweise, dass die LBK ausschließlich aus der Starčevo-Kultur hervorging. Diese These ist jedoch noch Gegenstand wissenschaftlicher Debatten.

Literatur
Literatur

Janusz Krzysztof Kozłowski, Pál Raczky (Hrsg.): Neolithization of the Carpathian basin: northernmost distribution of the Starčevo/Körös culture. Kraków, Polska Akademia Umiejętności; Budapest, Institute of Archaeological Sciences of the Eötvös Loránd University, 2010.

Ida Kutzián: A Körös kultúra (The Körös Culture). Dissertation. Pannonicae, Budapest 1944/1947.

Andrew Sherratt: Early agrarian settlement in the Körös region of the Great Hungarian Plain. In: Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae. 35, 1983, S. 155–169.

Andrew Sherratt: Economy and Society in Prehistoric Europe: Changing Perspectives. Edinburgh University Press, Edinburgh 1997, ISBN 0-7486-0646-7.

Douglass W. Bailey: Balkan Prehistory: Exclusion, Incorporation and Identity. Routledge, London 2000, ISBN 0-415-21597-8.

Frühneolithikum (Jungsteinzeit)

STECKBRIEF

01

Name

Körös-Kultur

02

Zeitlicher Rahmen

ca. 6.200 bis 5.600  v. Chr.

03

Geografische Verbreitung

  • Region: Südöstliches Karpatenbecken
  • Heute: Ungarn, Rumänien, Serbien
  • Zentrum: Alföld-Region (Große Ungarische Tiefebene)

04

Namensgebung

  • Benannt nach: Dem Fluss Körös in Ungarn
  • Alternativname in Rumänien: Criș-Kultur

05

Lebensweise

Siedlungsweise:

  • Kleine, dorfartige Siedlungen
  • Grubenhäuser und einfache Lehmhütten

Wirtschaft:

  • Ackerbau: Einkorn, Emmer, Gerste und Dinkel
  • Viehzucht: Schafe, Ziegen, Rinder; Schweine und Hunde seltener
  • Fischfang und Jagd: Ergänzend zur Ernährung

Lagerung: Glockenförmige Vorratsgruben zur Getreidelagerung

06

Materielle Kultur

Keramik:

  • Schlichte Gefäße, meist grau-schwarz; teilweise verziert
  • Füße von Altären (dreifüßige oder vierfüßige Keramikobjekte)

Figuren:

  • Anthropomorph: Weibliche Tonfigurinen, oft mit betontem Gesäß und langen Hälsen (vermutlich Fruchtbarkeitssymbole)
  • Zoomorph: Tierdarstellungen (teils schwer zu identifizieren)

Werkzeuge:

  • Steinwerkzeuge aus geschliffenem und behauenem Stein
  • Knochenwerkzeuge (Nadeln, Spatel)

07

Bestattungen

  • Selten belegt
  • Typ: Hockergräber (auf der Seite liegende Tote)
  • Fundort: Innerhalb von Siedlungsgruben, oft mit Keramikfragmenten und Tierknochen

08

Kultische Aspekte

  • Tonfigurinen: Fokus auf weibliche Figuren → Fruchtbarkeitskult
  • „Altäre“: Dreifüßige Keramikobjekte unbekannter Nutzung

09

Herkunft und Nachfolgekulturen

Entstehung:

  • Migration aus dem Südosten Europas (vermutlich über das Banat und das Tal des Olt nach Transsilvanien)

Nachfolger:

  • Linearbandkeramische Kultur (LBK) im Westen
  • Alföld-Linearkeramik im Osten

10

Bedeutende Fundorte

  • Ungarn: Endrőd-Öregszőlők, Szarvas, Ecsegfalva
  • Rumänien: Hărman, Glăvaneștii Vechi

FrühNeolithikum KULTUREN

Körös-Kultur Frühneolithikumprehistoricevolution

KÖRÖS-KULTUR
ca. 6.200 bis 5.600  v.Chr

STARCEVO-KULTUR
ca. 6000 – 5400 v.Chr

LA-HOGUETTE-KULTUR
ca. 5.800 – 5.200 v.Chr

LINIENBANDKERAMISCHE-KULTUR
ca. 5.700 – 4.900 v.Chr

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