Die prähistorische Evolution... ca. 6000 bis 5200 v. Chr.
Kongemose-Kultur
Die Kongemose-Kultur existierte ungefähr von 6000 bis 5200 v. Chr. und repräsentierte eine mesolithische Gesellschaft von Jägern und Sammlern. Dieses kulturelle Phänomen erstreckte sich von England bis ins nördliche Mittel- und Osteuropa sowie ins südliche Skandinavien. Es folgte auf die Stielspitzen-Gruppen und die Maglemose-Kultur und bereitete den Weg für die nachfolgende Ertebølle-Kultur. Die Bezeichnung „Kongemose-Kultur“ leitet sich von einer bedeutenden archäologischen Fundstätte im westlichen Teil der dänischen Insel Seeland ab.
Wandel der Umwelt
Auswirkungen auf das Leben der Kongemose-Kultur
Mit dem Anstieg der Temperaturen im Holozän stieg der Meeresspiegel erheblich an, was um 6000 v. Chr. zu einem deutlichen Rückzug der Küstenlinien an Nord- und Ostsee führte. Während dieser Zeit erreichten die mittleren Sommertemperaturen etwa 20 °C, was das Klima deutlich wärmer machte als heute. Dänemark erhielt seine heutige Küstenlinie und formte sich in die Halbinsel Jütland und die umliegenden Inseln. Interessanterweise lag der südliche Teil Dänemarks höher als heute, während die nördlichen Gebiete niedriger waren. Das warme Klima brachte drastische Veränderungen in der Flora und Fauna mit sich. Die Wälder entwickelten sich zu dichten Urwäldern, in denen Eichen, Erlen, Eschen, Linden und Ulmen dominierten. Birken, Fichten und Haseln hingegen zogen sich auf feuchte Niederungen und Uferstreifen zurück. In Mittel- und Westjütland blieb der Wald hingegen licht und offen, was eine andere Vegetationsstruktur zur Folge hatte. Das wärmere Klima ermöglichte auch die Ansiedlung von Tier- und Pflanzenarten, die heute eher in südlicheren Regionen zu finden sind. So verbreiteten sich beispielsweise die Mistel, die Sumpfschildkröte, der Pelikan, der Geier sowie im Meer der Stachelrochen und der Schwertfisch in diesen nördlichen Gebieten. Diese ökologische Diversität zeigt eindrucksvoll, wie stark die Umweltveränderungen das Leben in dieser Epoche beeinflussten.
Die Jagdpraktiken der Kongemose-Kultur
Strategien und Beute
Das Leben der Menschen war geprägt von Jagd, Fischfang und Sammeln. Zu den häufigsten Beutetieren gehörten Wildschweine und Hirsche, während Elche und Auerochsen allmählich von den dänischen Inseln verschwanden. Das Meer war in dieser Epoche wärmer, salziger und nahrungsreicher als heute, was zu größeren Fischbeständen führte. An den neu entstandenen Küstenwohnplätzen jagte man Seevögel, Robben, kleine Tümmler und sogar Wale. Die Küstenregionen boten zudem eine reiche Molluskenfauna, die von Muscheln und Meeresschnecken dominiert wurde. Ein bemerkenswertes Merkmal dieser Zeit sind die ersten Køkkenmøddinger, große Abfallhaufen aus Muschel- und Schneckenschalen, die später typisch für die Ertebølle-Kultur wurden. Diese Ansammlungen zeigen, dass die Menschen bereits ein hohes Maß an maritimer Ressourcennutzung entwickelten.
Ein bedeutender Fund aus der späten Kongemose-Kultur sind die ältesten gesicherten Bögen in Dänemark, die an der Fundstelle Holmegård IV auf Seeland entdeckt wurden. Diese Entdeckung verdanken wir den Ausgrabungen von J. Troels-Smith, der Schichten freilegte, die sowohl Merkmale der Kongemose– als auch der Ertebølle-Kultur aufwiesen. Zwei Flachbögen aus Ulmenholz (Ulmus glabra) wurden gefunden, von denen einer vollständig und der andere etwa zur Hälfte erhalten ist. Die Innenseiten der Bögen sind flach, die Außenseiten gerundet, und die Griffpartien sind deutlich eingezogen. Der vollständig erhaltene Bogen misst 154 cm, während die Originallänge des nur teilweise erhaltenen Bogens auf 184 cm geschätzt wird. Diese Funde belegen die fortschrittlichen Jagdtechniken und das handwerkliche Geschick der Menschen dieser Zeit.
Technologische Innovationen der Kongemose-Kultur
Von Pfeilspitzen bis zu Fischfanggeräten
An den Wohnplätzen der Kongemose-Kultur wurden kreisrunde, gepflasterte Herde entdeckt, jedoch sind keine Überreste von Häusern bekannt. Die Menschen nutzten Lagen aus Birkenrinde, um sich vor der Feuchtigkeit des Bodens zu schützen. Besonders charakteristisch für diese Kultur sind verzierte Dolche aus Knochen, deren Schneiden aus Flintklingen bestanden. Diese Klingen wurden mithilfe von Birkenpech fixiert, wie der Fundort Flynderhage in Ostjütland eindrucksvoll belegt. Grabfunde zeigen, dass diese Dolche häufig am Gürtel getragen wurden. Eine der bedeutendsten Innovationen in der Jagdtechnik dieser Zeit waren die großen, schweren Pfeilspitzen aus Feuerstein, die als schiefe oder rhombische Spitzen bekannt sind.
Diese Pfeilspitzen verbesserten die Effizienz und Durchschlagskraft der Jagdwaffen erheblich. Für den Fischfang verwendeten die Menschen der Kongemose-Kultur die ältesten bekannten Reusen. Netze und Seile, die bei Ausgrabungen am Moorfundplatz Friesack im Landkreis Havelland entdeckt wurden, belegen ebenfalls die fortgeschrittenen Fischfangtechniken. Darüber hinaus war das Rösten von Haselnüssen (Corylus avellana) eine bekannte Praxis, die auf die vielseitige Nutzung der natürlichen Ressourcen hinweist.
Bestattungspraktiken der Kongemose-Kultur
Ehrenvolle Ruhe
Bestattungen mit erhaltenen Skeletten geben wertvolle Einblicke in das Aussehen und die Lebensumstände der Menschen der Kongemose-Kultur. Die Kleidung der Frauen war kunstvoll mit Mustern aus Schnecken und tierischen Zähnen bestickt, was auf eine ausgeprägte ästhetische Kultur hindeutet. Männer, Frauen und Kinder wurden meist auf dem Rücken liegend bestattet und mit verschiedenen Grabbeigaben versehen. Manchmal fanden Archäologen mehrere Personen, häufig Frauen und Kinder, in gemeinsamen Gräbern. Es gibt auch Gräber, die mehrere Erwachsene beherbergen. Vereinzelt sind aus Schonen Brandbestattungen bekannt, was auf verschiedene Bestattungspraktiken hinweist.
Ein bemerkenswerter Fund stammt von der Halbinsel Helgenæs, wo ein junger Mann in einem Muschelhaufen bei Vængsø bestattet wurde. Auffällig sind die Schädelverletzungen eines jungen Individuums von Tybrind vig auf Fünen, die auf Gewalteinwirkung hindeuten. Auch andere männliche Skelette zeigen Spuren von Verletzungen, was auf Konflikte oder Gewalt innerhalb der Gemeinschaft schließen lässt. Die Skelette dieser Epoche zeugen von insgesamt gesunden Individuen ohne Anzeichen von Mangelkrankheiten. Allerdings waren rheumatische Leiden und hoher Zahnverschleiß weit verbreitet, vermutlich durch grobe Nahrung und die Praxis, Tierfelle weich zu kauen. Diese Sitte ist auch von heutigen Jägervölkern bekannt. Erwachsene Männer der Kongemose-Kultur erreichten eine Körpergröße von etwa 170 cm, während Frauen durchschnittlich 155 cm groß waren. Eine entfernte Verwandtschaft mit den Cro-Magnon-Menschen aus der Späteiszeit ist erkennbar, besonders durch die vergleichsweise groben Gesichtszüge der Frauen im Vergleich zu heutigen Frauen. Die maximale Lebenserwartung lag bei etwa 60 Jahren. Gelegentlich fanden sich in den Gräbern Spuren von rotem Ocker, möglicherweise Reste einer Körperbemalung, was auf rituelle oder symbolische Praktiken hinweisen könnte.
SPÄTMESOLITHIKUM
STECKBRIEF
01
Name
Kongemose-Kultur
02
Alter
Circa 6000 bis 5200 v. Chr. (Spätmesolithikum)
03
Lebensraum
Von England über das nördliche Mittel- und Osteuropa bis ins südliche Skandinavien, speziell in Dänemark.
04
Lebensweise
- Ernährung: Jagd, Fischfang und Sammeln waren zentrale Lebensgrundlagen.
- Nahrung: Verzehr von Wildschwein, Hirsch, Fisch, Muscheln, Schnecken, Nüssen und Früchten.
- Technologien: Nutzung von großen, schweren Pfeilspitzen aus Feuerstein, Reusen für den Fischfang, sowie Verwendung von Netzen und Seilen.
05
Kulturelle Besonderheiten
Kleidung und Kunst: Verzierte Dolche aus Knochen mit Flintklingen und Birkenpech. Frauenkleidung oft mit Mustern aus Schnecken und tierischen Zähnen bestickt.
06
Bestattungsrituale
Bestattungen auf dem Rücken liegend, häufig mit Grabbeigaben wie Dolchen. Vereinzelt auch Brandbestattungen.
07
Gesundheit und Lebenserwartung
- Relativ gesunde Individuen ohne Mangelkrankheiten, jedoch verbreitet waren rheumatische Beschwerden und hoher Zahnverschleiß.
- Durchschnittliche Lebenserwartung von maximal etwa 60 Jahren.
08
Körperliche Merkmale
Männer erreichten durchschnittlich eine Größe von etwa 170 cm, Frauen waren im Schnitt etwa 155 cm groß. Gesichtszüge der Frauen zeigten im Vergleich zu heutigen Frauen eher grobe Merkmale.
09
Archäologische Funde
Frühste bekannte Bogenfunde in Dänemark aus Ulmenholz. Funde von Muschelhaufen (Køkkenmøddinger) als Zeugnisse früher Siedlungstätigkeit.