La-Hoguette-Kultur

Die prähistorische Evolution... ca. 5800 und 5500 v.Chr.

La-Hoguette-Kultur

Die La-Hoguette-Gruppe, manchmal auch als La-Hoguette-Kultur bezeichnet, repräsentiert eine archäologische Fundgruppe aus der frühesten Jungsteinzeit in Ostfrankreich. Sie erhielt ihren Namen nach dem Ort La Hoguette, gelegen im Département Calvados in der Normandie, am westlichen Rand des bekannten Verbreitungsgebiets. Der Begriff wurde erstmals 1983 vom französischen Prähistoriker Christian Jeunesse geprägt und fand seitdem Eingang in die archäologische Fachwelt. Diese Kultur gilt als die früheste keramikführende Gruppe in der Region.

Hoguette-KulturFrühneolithikumprehistoricevolution

Radiokohlenstoffdatierungen zeigen, dass sie hauptsächlich zwischen 5800 und 5500 v. Chr. existierte, wobei ihre Keramik teilweise noch in die Zeit der späten Linearbandkeramik nachgewiesen wurde. Parallel dazu bestanden im Westen zwei weitere Kulturgruppen: die Villeneuve-Saint-Germain-Kultur (VSG), die als „Néolithique ancien“ bekannt ist, und die an der Loiremündung verbreitete Gruppe des „Néolithique ancien atlantique“. Alle drei Kulturen können als regionale Ausläufer der südfranzösischen und westmediterranen Cardial- oder Impressokultur betrachtet werden, die auch unter dem Begriff „Epikardial“ zusammengefasst werden. Die La-Hoguette-Kultur zeichnet sich insbesondere durch ihre Lebensweise aus, die stark von einer nomadischen Hirtenkultur geprägt war. Ihre Tongefäße, die in zahlreichen archäologischen Fundstellen entdeckt wurden, belegen die weite Verbreitung und den kulturellen Austausch dieser frühen Gemeinschaft.

Handelsrouten

Die Wege der La-Hoguette-Gruppe

Verbreitung und Einfluss einer frühneolithischen Kultur

Die Verbreitung der La-Hoguette-Gruppe lässt sich auf die westliche Migrationsroute der Landwirtschaft nach Europa zurückführen. Während die Linearbandkeramiker, die stärker auf Ackerbau fokussiert waren, ihren Weg über die Ägäis und den Balkan nach Mitteleuropa fanden, verbreiteten sich die auf Viehzucht spezialisierten Kenntnisse der La-Hoguette-Kultur über Nordafrika und den westlichen Mittelmeerraum. Diese unterschiedliche Ausbreitungsdynamik spiegelt die Vielfalt der neolithischen Lebensweisen wider, die Europa in der Jungsteinzeit prägten. Die Hauptverbreitungsgebiete der La-Hoguette-Gruppe erstrecken sich über die Flusstäler von Maas, Mosel und Rhein. Im Westen sind lediglich zwei Fundstellen an der Maas und die namensgebende Stätte im Département Calvados bekannt. Letztere liegt westlich der Seine-Mündung und markiert den äußersten Rand des Verbreitungsgebiets. Im Süden reicht die Gruppe bis zur Grotte du Gardon im Département Ain, nördlich von Lyon, während im Norden der Lauf der Lippe die Grenze bildet. Die östlichsten Funde stammen aus Franken, wo 2010 in einer bandkeramischen Siedlung bei Uffenheim ebenfalls La-Hoguette-Keramik entdeckt wurde.

Großsteingrab in Frankreich "Tumulus de la Hoguette" CC BY-SA 3.0

Die Konzentration von Funden im Überschneidungsgebiet mit der Linearbandkeramik (LBK) ist möglicherweise nicht repräsentativ für das einstige Verbreitungsgebiet. Dies liegt daran, dass die Träger der La-Hoguette-Kultur offenbar nur selten Gruben anlegten, was die Erhaltung archäologischer Überreste erschwerte. An offenen Flächen verwittern Keramikscherben schnell und bleiben meist nur in geschützten Bereichen erhalten, wie in Höhlen (z. B. Grotte du Gardon oder Bavans), unter jüngeren Großsteingräbern (z. B. La Hoguette) oder an Hangfüßen, wo sie einsedimentiert wurden (z. B. in Liestal oder Bad Cannstatt). Dieses geringe Maß an Bodeneingriffen unterscheidet die La-Hoguette-Gruppen deutlich von den Linearbandkeramikern, die durch intensive landwirtschaftliche Aktivitäten tiefere und häufigere Eingriffe in den Boden vornahmen. In Fällen, in denen La-Hoguette-Keramik in bandkeramischen Gruben gefunden wurde, ist von direkten Kontakten zwischen den beiden Kulturen auszugehen. Es könnte sich aber auch um eine nachträgliche Nutzung aufgegebener Siedlungsplätze der La-Hoguette-Gruppen durch Bandkeramiker handeln. Interessanterweise zeigt die Fundverteilung, dass La-Hoguette-Keramik im linksrheinischen Gebiet häufiger eigenständig oder mit jüngerer Bandkeramik vergesellschaftet ist. Im östlichen Verbreitungsgebiet wird sie hingegen fast ausschließlich in Kombination mit älteren, stilistisch verwandten Bandkeramiken gefunden. Diese Muster geben wertvolle Einblicke in die Interaktionen und räumlichen Beziehungen der neolithischen Kulturen Europas.

Töpferei

materielle Kultur der La-Hoguette-Kultur

La-Hoguette-Keramik

Die materielle Kultur der La-Hoguette-Kultur ist vor allem durch ihre Keramik geprägt, die sich deutlich von derjenigen der zeitgenössischen Linearbandkeramik unterscheidet. Charakteristisch für die La-Hoguette-Keramik sind Einstichverzierungen, die oft in Form von Bändern oder Girlanden angeordnet sind. Diese werden teilweise von plastischen Leisten begleitet, was eine besondere ästhetische Eigenheit darstellt. Vergleichbare Einstichmuster ohne plastische Zusätze finden sich auch in der westmediterranen Cardial- oder Impressokultur, was auf eine kulturelle Verbindung hinweist. Eine bemerkenswerte Parallele ergibt sich mit der Fundstelle Leucate-Corrège im Languedoc, obwohl diese schwer datierbar ist. Ein weiteres markantes Merkmal der La-Hoguette-Keramik ist die sogenannte Knochenmagerung, bei der dem Tonmaterial zerkleinerte Knochen als Zuschlagstoff beigemischt wurden. Diese Technik findet sich auch bei der jüngeren Limburger Gruppe sowie den Blicquy– und Villeneuve-Saint-Germain-Gruppen, während sie im westlichen Mittelmeerraum nur selten nachgewiesen wurde.

Cardial oder Impressokultur Cardial-Keramik aus Spanien mit rundem Gefäßboden

Dennoch spricht vieles dafür, dass die La-Hoguette- Kultur von der Cardial- oder Impressokultur beeinflusst wurde. Dieser Einfluss könnte durch eine frühe Wanderung entlang der Rhône, sei es von Ideen, Techniken oder sogar Menschen, nach Norden gelangt sein. Neben der Keramik gibt es auch Belege für die lithische Industrie der La-Hoguette-Gruppe. In Fundstellen wie Bruchenbrücken und Bad Cannstatt wurden typische trianguläre Pfeilspitzen entdeckt, die das handwerkliche Können der Gruppe bezeugen. Darüber hinaus weisen dorsal reduzierte Klingen, die glatte und nicht facettierte Schlagflächenreste aufweisen, auf mittelsteinzeitliche Traditionen hin. Solche Techniken sind insbesondere aus der Schweiz und Südostfrankreich bekannt, was wiederum regionale Verbindungen und kulturelle Überschneidungen nahelegt.

La-Hoguette-Keramik
Siedlungsfunde

Siedlungsfunde der La-Hoguette-Kultur

Siedlungen

Die Siedlungsfunde der La-Hoguette-Kultur zeigen ein interessantes Bild ihrer Verbreitung und kulturellen Interaktion. Ein Großteil der La-Hoguette-Keramik wurde in Siedlungen der ältesten und älteren Linearbandkeramik (LBK) entdeckt, was auf eine enge räumliche und möglicherweise kulturelle Nähe hinweist. In westlichen Verbreitungsgebieten tritt die Keramik jedoch auch in Kontexten mit jüngerer Bandkeramik auf. Dennoch gibt es einige Fundorte, an denen La-Hoguette-Keramik unabhängig von der Bandkeramik gefunden wurde, was auf eigenständige Siedlungsplätze oder eine spezifische Nutzung dieser Orte schließen lässt.

Zu den bedeutendsten Fundstellen ohne nachgewiesene Verknüpfung zur Bandkeramik gehören:

  • La Hoguette im Département Calvados, Frankreich, der eponyme Fundort, der dieser Kultur ihren Namen gab.
  • Anröchte und Bad Sassendorf in Deutschland, die bemerkenswerte isolierte Funde liefern.
  • Liestal-Hurlistrasse in der Schweiz, wo neben Keramikscherben auch ein langes, walzenförmiges Beil entdeckt wurde.
  • Grotte du Gardon, Département Ain, Frankreich, ein geschützter Höhlenfundort.
  • Wilhelma in Bad Cannstatt, Deutschland, ein weiterer Fundplatz mit La-Hoguette-Keramik.
  • Sweikhuizen, Provinz Limburg, Niederlande, ein Fundort im nördlichen Verbreitungsgebiet.

Ein außergewöhnliches Objekt, ein reich verziertes eiförmiges Gefäß der La-Hoguette-Gruppe, wird im Museum Alzey ausgestellt. Dieses stammt aus einer Altgrabung in Dautenheim, Kreis Alzey-Worms, zusammen mit Fragmenten von fünf weiteren Gefäßen, obwohl die genauen Fundumstände unklar sind. Weitere wichtige Fundorte sind Assenheim, Friedberg-Bruchenbrücken, Goddelau, Gerlingen und Nackenheim, die eine breite Verteilung innerhalb des westlichen Verbreitungsgebiets zeigen.

Die Funde aus diesen  Siedlungen und isolierten Fundstellen deuten darauf hin, dass die La-Hoguette-Gruppen in verschiedenen Lebensräumen agierten, oft jedoch in engem Kontakt zu benachbarten Kulturen wie der Bandkeramik standen. Die archäologischen Überreste bezeugen eine dynamische Siedlungstätigkeit, die von interkulturellem Austausch geprägt war, aber auch eigenständige kulturelle Elemente bewahrte.

Bestattungen

Bestattungen der La-Hoguette-Kultur

Gräber

Bislang gibt es keine eindeutigen Gräber oder Skelettfunde, die der La-Hoguette-Gruppe zugeordnet werden können. Dieser Mangel an direkten Belegen erschwert es, tiefere Einblicke in die Bestattungspraktiken oder die sozialen Strukturen der Gruppe zu gewinnen. Allerdings liefern andere archäologische Funde Hinweise, die zumindest indirekt mit der frühen Neolithisierung des Verbreitungsgebiets in Verbindung stehen könnten. Ein bemerkenswertes Beispiel sind die Schädelreste aus dem Hohlenstein im Lonetal bei Asselfingen, nordöstlich von Ulm. Diese Funde, die auf etwa 7.800 Jahre vor heute datiert wurden, stammen aus einer Übergangsphase zwischen dem späten Mesolithikum und dem frühen Neolithikum. Die Überreste gehören zu einem 20- bis 30-jährigen Mann, einer etwa 20-jährigen Frau und einem etwa 4-jährigen Kind, das an einer Missbildung (Wasserkopf) litt.

Schädelfunde aus dem Hohlenstein bei Asselfingen im Lonetal nordöstlich von Ulm

Die Schädel weisen deutliche Anzeichen gewaltsamer Tötungen auf: Der Hals der Erwachsenen wurde von vorne nach hinten durchtrennt, möglicherweise als Teil eines rituellen Aktes oder einer Bestrafung. Schläfenverletzungen durch Keulenhiebe bei den Erwachsenen deuten auf direkte körperliche Auseinandersetzungen hin. Das Kind wurde durch einen gezielten Schlag auf das Hinterhaupt getötet. Ob diese Überreste den letzten mesolithischen Jägern und Sammlern oder der La-Hoguette-Gruppe zugeordnet werden können, bleibt unklar. Die zeitliche Nähe zur frühen Neolithisierung könnte jedoch auf eine Verbindung hindeuten, sei es durch Konflikte zwischen den Gruppen oder durch kulturelle Einflüsse. Die Funde aus dem Hohlenstein werfen viele Fragen auf: Waren diese Tötungen Teil von Ritualen, sozialen Spannungen oder Konflikten in einer Zeit des kulturellen Wandels? Solche Funde könnten Hinweise darauf liefern, wie eng miteinander verflochtene Gruppen in der Übergangsphase zwischen Jäger-Sammler-Gesellschaften und den ersten bäuerlichen Kulturen lebten und interagierten.

Mann Frau

Die Wirtschaftsweise der La-Hoguette-Kultur

Landwirtschaft und Umwelt.

Die Wirtschaftsweise der La-Hoguette-Kultur bietet faszinierende Einblicke in die frühe neolithische Lebensweise und den Einfluss dieser Kultur auf die Landwirtschaft und Umwelt. Ein bedeutender Aspekt ist die nachgewiesene Haltung von Haustieren, wie Funde aus der Wilhelma in Stuttgart belegen. Dies deutet darauf hin, dass Viehzucht eine zentrale Rolle im Leben der La-Hoguette-Gruppen spielte, wodurch sie sich von der stärker ackerbaulich orientierten Linearbandkeramik unterschied. Ein besonders interessanter Beitrag der La-Hoguette-Gruppe zur Landwirtschaft ist die mögliche Verbreitung des Borstenmohns (Papaver somniferum). Dieser stammt ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeerraum und wurde offenbar von den Trägern der La-Hoguette-Kultur nach Westeuropa gebracht. Bereits vor Jahrzehnten wurde festgestellt, dass Mohn, der vom westlichen Mittelmeergebiet stammt, vorwiegend im westlichen Siedlungsgebiet der Linearbandkeramik angebaut wurde. Während dies 1982 noch Rätsel aufwarf, bietet die La-Hoguette-Gruppe eine plausible Erklärung: Sie könnte als Vermittler und Transporteur der Mohnsamen von Spanien oder Südfrankreich ins Rheinland gedient haben.

Borstenmohn

Zusätzlich wird die La-Hoguette-Keramik in der Forschung mit frühen menschlichen Eingriffen in die Vegetation in Verbindung gebracht. Verschiedene botanische und pollenanalytische Studien weisen darauf hin, dass Menschen nördlich der Alpen bereits vor der Linearbandkeramik Wälder rodeten und Pflanzen anbauten. Dieser Prozess begann jedoch nicht erst mit der La-Hoguette-Gruppe, sondern reicht weiter zurück. So belegen Funde aus Wallisellen bei Zürich, dass die Grundlagen des Pflanzenanbaus in Mitteleuropa bereits um 6900 v. Chr. existierten – etwa 1500 Jahre vor der Etablierung des Ackerbaus und 1000 Jahre vor dem Beginn der südfranzösischen Cardial- oder Impressokultur. Die Frage, wie diese frühen Kenntnisse und Samen vom Nahen Osten in die nördlichen Alpenregionen gelangten, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass komplexe Netzwerke von kulturellem Austausch und Migration eine Rolle spielten. Die La-Hoguette-Gruppe könnte dabei als eine der ersten Vermittlerkulturen im westlichen Mittelmeerraum fungiert haben, die Ideen, Techniken und Pflanzen entlang ihres Verbreitungswegs weitergab.

Neolithisierung

Beziehungen zwischen Linearbandkeramik (LBK),
La-Hoguette-Kultur und Limburger Gruppe

Linearbandkeramik, La Hoguette und Limburg

Die Beziehungen zwischen Linearbandkeramik (LBK), La-Hoguette-Kultur und Limburger Gruppe spiegeln die komplexen kulturellen und technologischen Verflechtungen des frühen Neolithikums in Mitteleuropa wider. Diese Verbindungen werfen nicht nur Fragen zu ethnischen Identitäten, sondern auch zu kulturellen Interaktionen, technologischen Innovationen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf. Die frühneolithischen Kulturen Mitteleuropas standen offenbar in einem regen Austausch. Diese Netzwerke ermöglichten die Verbreitung von Technologien, künstlerischen Stilen und landwirtschaftlichen Innovationen über weite Strecken. Der Dialog zwischen Linearbandkeramik, La Hoguette und Limburg verdeutlicht die Dynamik und Komplexität dieser Epoche, in der kulturelle Grenzen durchlässig waren und lokale Innovationen oft in einen größeren, suprarregionalen Kontext eingebunden wurden.

La Hoguette und Linearbandkeramik: Austausch und Konkurrenz

Im östlichen Verbreitungsgebiet (z. B. Oberrheingebiet, Rheinland, Neckar, Mainfranken) tritt La-Hoguette-Keramik häufig zusammen mit der ältesten oder älteren Bandkeramik auf. Dabei bleibt unklar, ob La Hoguette eine eigenständige, möglicherweise zugewanderte Bevölkerungsgruppe darstellt oder lediglich einen alternativen Stil innerhalb der bandkeramischen Gesellschaft.

Es gibt Hinweise auf direkte kulturelle Kontakte zwischen den beiden Gruppen:

  • Imitationen von La-Hoguette-Verzierungen wurden in Fundorten wie Goddelau, Bruchenbrücken und Zilgendorf gefunden.
  • Unverzierte La-Hoguette-Keramik aus Friedberg-Bruchenbrücken könnte als bandkeramischer Einfluss auf die La-Hoguette-Töpferei interpretiert werden.

Das Verschwinden der La-Hoguette-Kultur im Osten könnte auf die technologische Überlegenheit der Linearbandkeramiker zurückzuführen sein, etwa durch den Einsatz von Ochsen und Pflügen. Diese Innovationen ermöglichten eine effizientere Landwirtschaft. Gleichzeitig wirft dies die Frage auf, warum die La-Hoguette-Kultur im Westen länger überlebte.

La Hoguette und Limburger Gruppe: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Limburger Gruppe, auch als Rhein-Maas-Schelde-Mesolithikum bezeichnet, teilt mit La Hoguette Elemente der Cardial- und Impressokultur, weist jedoch deutliche Unterschiede auf:

  • Die Limburger Gruppe konzentriert sich stärker auf den Nordwesten des ursprünglichen La-Hoguette-Verbreitungsgebietes.
  • Die Verbreitung asymmetrischer Trapezklingen zeigt eine regionale Differenzierung: rechts lateralisierte Trapeze im Limburger Raum und links lateralisierte im Hoguette-Raum.

Es bleibt ungeklärt, ob Limburg und La Hoguette zeitlich aufeinander folgen oder ob sie zwei unabhängige Regionalgruppen darstellen. Der derzeitige Forschungsstand deutet auf eine eigenständige Entwicklung der Limburger Gruppe hin.

Mediterrane Einflüsse und Syntheseprozesse

Die Verbindungen der La-Hoguette-Keramik zur westmediterranen Cardial- und Impressokeramik unterstreichen die Rolle kultureller Einflüsse entlang der Rhône und des westlichen Mittelmeerraums. Diese Einflüsse wirken auf die Linearbandkeramik zunächst fremdartig, treten jedoch gegen Ende der Bandkeramik selbst in Erscheinung, etwa durch die Verbreitung des Tremolierstichmusters.

Mittelneolithische Nachfolgegruppen wie die Cerny-Kultur und die Villeneuve-Saint-Germain-Gruppe (VSG) im Pariser Becken zeigen eine Synthese verschiedener Einflüsse:

  • Elemente der Linearbandkeramik
  • Mediterrane Cardial-Elemente
  • Einflüsse der Limburger Gruppe
Literatur

Literatur

Allgemein

  • Maria Cladders: Die Tonware der ältesten Bandkeramik. Untersuchungen zur zeitlichen und räumlichen Gliederung(= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 72). Habelt, Bonn 2001, ISBN 3-7749-2990-4 (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Dissertation, 1995).
  • Claude Constantin: Fin du Rubané, céramique du Limbourg et post-Rubané. Le néolithique le plus ancien en Bassin Parisien et en Hainaut(= British Archaeological Reports. International Series. 273). 2 Bände. B. A. R, Oxford 1985, ISBN 0-86054-346-3 (Zugleich: Paris, Universität Paris I, Dissertation, 1983).
  • Christian Jeunesse: La Céramique de la Hoguette. Un nouvel „élément non-rubané“ du Néolithique ancien de l’Europe du Nord-Ouest.In: Cahiers Alsaciens d’Archéologie d’Art et d’Histoire. Band 30, 1987, S. 5–33 (Digitalisat).
  • Jens Lüning, Ulrich Kloos, Siegfried Albert: Westliche Nachbarn der bandkeramischen Kultur: Die Keramikgruppen La Hoguette und Limburg.In: Germania. Band 67, Nr. 2, 1989, S. 355–420.
  • Ernst ProbstDeutschland in der Steinzeit. Jäger, Fischer und Bauern zwischen Nordseeküste und Alpenraum.Bertelsmann, München 1991, ISBN 3-570-02669-8, S. 269.
  • Jürg Sedlmeier: Neue Erkenntnisse zum Neolithikum in der Nordwestschweiz.In:  Archäologie der Schweiz. Band 26, Nr. 4, 2003, S. 2–14, doi:10.5169/seals-20104.

Zum frühen Anbau

  • Christiane Erny-Rodmann, Eduard Gross-Klee, Jean Nicolas Haas, Stefanie Jacomet, Heinrich ZollerFrüher „human impact“ und Ackerbau im Übergangsbereich Spätmesolithikum-Frühneolithikum im schweizerischen Mittelland.In: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte. Band 80, 1997, S. 27–56 (Digitalisat).
  • Corrie C. Bakels: Der Mohn, die Linearbandkeramik und das westliche Mittelmeergebiet.In: Archäologisches Korrespondenzblatt. Band 12, Nr. 1, 1982, S. 11–13 (Digitalisat).

Frühneolithikum

STECKBRIEF

01

Name

La-Hoguette-Kultur

02

Zeitraum

Ca. 5800–5200 v. Chr.

03

Verbreitungsgebiet

Westliches Mitteleuropa: Oberrheingebiet, Rheinland, mittlerer Neckar, Mainfranken
Einzelne Fundstellen in Frankreich, Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden

04

Keramik

  • Charakteristika: Einstichverzierungen in Bändern oder Girlanden, teilweise begleitet von plastischen Leisten
  • Material: Knochenmagerung der Tonware
  • Parallelen: Ähnlichkeiten zur westmediterranen Cardial- und Impressokeramik
  • Besonderheiten: Regionale Unterschiede und mögliche Einflüsse der Linearbandkeramik (Imitationen von Verzierungen)

05

Wirtschaft

  • Nutzung von Haustieren: Hinweise auf Tierhaltung, z. B. in der Fundstelle Wilhelma (Stuttgart)
  • Pflanzenanbau: Möglicher Import des Borstenmohns aus dem Mittelmeerraum
  • Rodungen und Vegetationsveränderungen: Hinweise auf erste landwirtschaftliche Tätigkeiten bereits vor der Linearbandkeramik

06

Siedlungen

Meist in Verbindung mit bandkeramischen Siedlungen gefunden
Nur wenige unabhängige Fundorte, darunter:

  • La Hoguette (Calvados, Frankreich)
  • Bad Cannstatt (Deutschland)
  • Grotte du Gardon (Frankreich)
  • Sweikhuizen (Niederlande)

07

Gräber

  • Bisher keine spezifischen Gräber oder Skelettfunde bekannt
  • Schädelfunde aus dem Hohlenstein (Asselfingen) könnten zeitlich passen, ihre Zuordnung zur La-Hoguette-Kultur ist jedoch unsicher

08

Technologie

  • Lithische Industrie: Trianguläre Pfeilspitzen, dorsal reduzierte Klingen (mittelsteinzeitliche Traditionen)
  • Kultureller Austausch: Kontakte zur Linearbandkeramik und Limburger Gruppe

09

Bedeutung und Einflüsse

  • Frühneolithische Kultur, die als Vermittler mediterraner Einflüsse nach Mitteleuropa gilt
  • Starke Verbindungen zur Cardial- und Impressokultur sowie Interaktionen mit der Linearbandkeramik
  • Einfluss auf die Vegetation und Landwirtschaft nördlich der Alpen vor der vollständigen Etablierung des Ackerbaus

10

Offene Fragen

  • Ethnische Identität: Eigenständige Gruppe oder alternativer Stil innerhalb der bandkeramischen Gesellschaft?
  • Genauer Ursprung und Wege der Einflüsse aus dem Mittelmeerraum
  • Verhältnis zur Limburger Gruppe und anderen neolithischen Kulturen

11

Besondere Fundorte

  • La Hoguette (Frankreich): Eponyme Fundstelle
  • Wilhelma (Stuttgart, Deutschland): Hinweise auf Haustierhaltung
  • Sweikhuizen (Niederlande): Unabhängiger Fundplatz

FrühNeolithikum KULTUREN

KÖRÖS-KULTUR
ca. 6200 bis 5600 v.Chr

STARCEVO-KULTUR
ca. 6000 – 5400 v.Chr

Hoguette-KulturFrühneolithikumprehistoricevolution

LA-HOGUETTE-KULTUR
ca. 5.800 – 5.200 v.Chr

LINIENBANDKERAMISCHE-KULTUR
ca. 5.700 – 4.900 v.Chr

Quellenangaben zum Inhalt der Seite

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