Die prähistorische Evolution... ca. 5.700 – 4.900 v.Chr.
Linearbandkeramische Kultur (LBK)
Die Linearbandkeramische Kultur (LBK), auch bekannt als Linienbandkeramische oder Bandkeramische Kultur, markiert den Beginn der bäuerlichen Lebensweise in Mitteleuropa während der Jungsteinzeit, dem sogenannten Neolithikum. Diese Kultur ist nicht nur ein Meilenstein der menschlichen Geschichte, sondern stellt auch die Grundlage der „Neolithisierung Europas“ dar – ein tiefgreifender Wandel, der auf die „Neolithische Revolution“ im Vorderen Orient folgte. Ihre Blütezeit fällt in das Frühneolithikum und zeichnet sich durch die Etablierung dauerhafter Siedlungen aus. Die Menschen dieser Kultur brachten entscheidende Innovationen mit, die das Leben grundlegend veränderten. Sie entwickelten fortschrittliche Techniken in der Keramikherstellung, schufen verbesserte Werkzeuge und setzten auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise, die von Ackerbau und Viehhaltung geprägt war.
Dauerhafte Dörfer entstanden, oft ergänzt durch Brunnen und Grabenwerke, die sowohl Schutz als auch Wasserverfügbarkeit gewährleisteten. Der Übergang von einer extraktiven zu einer nahrungsproduzierenden Wirtschaftsweise führte zudem zur Einführung von Vorratshaltung und immobilen Besitzstrukturen, was die soziale Organisation revolutionierte. Die charakteristischen Keramikgefäße der LBK, verziert mit linearen Mustern aus Winkeln, Spiralen oder Wellen, gaben der Kultur ihren Namen. Der Begriff „Bandkeramik“ wurde 1883 von Friedrich Klopfleisch geprägt und beschreibt eines ihrer markantesten Merkmale. In der angelsächsischen Forschung ist diese Kultur als Linear Pottery Culture oder Incised Ware Culture bekannt. Darüber hinaus wird die LBK häufig als „erste europäische Bauernpopulation“ beschrieben, ein Hinweis auf ihre Pionierrolle in der landwirtschaftlichen Entwicklung Europas. Wissenschaftlich wird diese Bevölkerungsgruppe auch als Early European Farmers (EEF) bezeichnet, während ihre Ursprünge auf die sogenannten „anatolischen neolithischen Landwirte“ (Anatolian Neolithic Farmers, ANFs) zurückgehen, die mit ihren Kenntnissen und Technologien den Grundstein für diese kulturelle Blüte legten.
Die Ausbreitung der Linearbandkeramischen Kultur
Eine Zeit des Wandels
Die letzte Phase der Expansion der Linearbandkeramischen Kultur (LBK) nach Mitteleuropa begann schätzungsweise um 5700 v. Chr. aus der Region um den Neusiedler See. Innerhalb von rund 200 Jahren entwickelte sich ein homogener und stabiler Kulturraum, der als eine der größten und einheitlichsten Flächenkulturen der Jungsteinzeit gilt. Archäologische Funde belegen die Verbreitung der LBK in weiten Teilen Europas, darunter in Westungarn (Transdanubien), der heutigen Ukraine, Rumänien, Österreich, Südwestslowakei, Mähren, Böhmen, Polen, Deutschland sowie im Elsass, Lothringen und dem Pariser Becken, wo sie in Frankreich als culture rubanée bekannt ist.
Chronologische Einteilung
Die Linearbandkeramische Kultur lässt sich in verschiedene Zeitphasen unterteilen:
- Älteste Linearbandkeramik: etwa 5700/5500 bis 5300 v. Chr.
- Mittlere LBK: etwa 5300 bis 5200 v. Chr.
- Jüngere LBK: etwa 5200 bis 5000 v. Chr.
- Jüngste LBK: etwa 5100 bis 4900 v. Chr., zeitlich teils überschneidend mit der jüngeren LBK.
Mit dem Ende der LBK begann in Mitteleuropa der Übergang vom Frühneolithikum zum Mittelneolithikum. Zur Bandkeramik im weiteren Sinne zählen auch verwandte Kulturen wie die Alföld-Linearkeramik in Ungarn (5500–4900 v. Chr.) oder die Stichbandkeramik (4900–4500 v. Chr.).
Ursprünge und Beziehungen
Die LBK weist enge Verbindungen zur Starčevo-Körös-Criş-Kultur auf, einer der bedeutendsten neolithischen Kulturen des Donauraums, die auf 6200 bis 5600 v. Chr. datiert wird. Diese Kultur wird als östliche Vorläuferkultur der LBK angesehen, wobei die Starčevo-Kultur am westlichsten Richtung Adria lag, während die Körös- und Criş-Kulturen weiter östlich zu finden waren. Die ungarische Prähistorikerin Eszter Bánffy sieht die LBK als direkte Fortsetzung der Starčevo-Kultur. Genetische Studien, unter anderem von Kurt W. Alt und seinem Team im Jahr 2014, unterstützen diese These und zeigen, dass die LBK in einem starken genetischen und kulturellen Austausch mit den anatolischen neolithischen Bauern (ANFs) stand.
Modelle der Neolithisierung
Zur Ausbreitung des Neolithikums in Mitteleuropa wurden verschiedene Theorien entwickelt:
Cultural diffusion: Hierbei handelt es sich um einen Kulturtransfer, bei dem die ortsansässige spätmesolithische Bevölkerung (WHGs) Technologien wie Ackerbau und Viehzucht übernahm, ohne dass größere Migrationsbewegungen stattfanden.
Demic diffusion: Dieses Modell geht von einer Einwanderung landwirtschaftlicher Gruppen aus Nordwestanatolien aus, wobei die LBK nur geringfügig mit der einheimischen mesolithischen Bevölkerung verwandt war.
Zwischen diesen Modellen existieren Mischformen, die auf eine Interaktion zwischen den mesolithischen Jägern und Sammlern sowie den neolithischen Siedlern hinweisen. Solche Interaktionen könnten durch Güteraustausch, dominante Eliten oder durch Koloniegründungen an strategischen Punkten erfolgt sein. Moderne genetische Studien stützen die Theorie der demic diffusion, dabei zeigt sich, dass die Einwanderung nicht in einer einzelnen Bewegung stattfand, sondern über viele Generationen hinweg, oft entlang von Flusssystemen. Materieller Austausch zwischen den ankommenden Bauern und den ansässigen Jägern und Sammlern ist ebenfalls nachweisbar. Die genauen Gründe für die Migration, etwa Bevölkerungsdruck oder Ressourcenknappheit (Push-Pull-Modell), bleiben jedoch unklar.
Ursprünge der Bandkeramik
Eine Revolution in Mitteleuropa
Die Bandkeramische Kultur (LBK) markiert einen Wendepunkt in der Geschichte Mitteleuropas. Ab etwa 5600 bis 5500 v. Chr. erreichte sie die nördlichen Lössgrenzen und etablierte ein neues kulturelles und landwirtschaftliches Zeitalter. Ihr Ursprung wird häufig mit dem Starčevo-Körös-Kulturkomplex in Verbindung gebracht, der als bedeutender Vorläufer gilt. Besonders frühe bandkeramische Siedlungen in Transdanubien, einer Region Westungarns, untermauern diese Theorie. Die Keramik der ältesten Bandkeramiker zeigt deutliche Parallelen zur späten ungarischen Starčevo-Keramik. Typisch waren flachbodige Gefäße mit organischer Magerung. Doch um 5200 v. Chr. setzte sich ein neuer Stil durch: Rundbodige Gefäße mit anorganischer Magerung wurden zum Kennzeichen dieser Übergangszeit. Beispiele solcher Siedlungen finden sich in Szentgyörgyvölgy-Pityerdomb, Vörs-Máriaasszonysziget und Andráshida-Gébarti-tó, allesamt in Ungarn gelegen.
Wissenschaftliche Durchbrüche, insbesondere die Analyse alter DNA durch Barbara Bramanti und ihr Team von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, haben unser Verständnis der Bandkeramiker revolutioniert. Diese Studien belegen, dass die Träger der Bandkeramik vor rund 7500 Jahren aus dem Karpatenbecken nach Mitteleuropa einwanderten. Von dort breiteten sie sich entlang zweier Hauptrouten aus: eine über Böhmen und Mähren entlang der Elbe bis Mitteldeutschland, die andere über Niederösterreich entlang der Donau bis nach Südwestdeutschland und weiter den Rhein hinab. Die Frage, ob die Bandkeramiker eine autochthone Entwicklung Mitteleuropas darstellen oder durch Migration eingeführt wurden, wurde lange kontrovers diskutiert. Anthropologische Analysen deuten darauf hin, dass keine direkte genetische Verbindung zwischen den Mesolithikern Mitteleuropas und den Bandkeramikern besteht. Tatsächlich zeigen DNA-Analysen Übereinstimmungen zwischen bandkeramischen Funden, etwa aus Derenburg in Sachsen-Anhalt, und der heutigen Bevölkerung des Vorderen Orients – der Region, die als Wiege der neolithischen Revolution gilt. Nicht alle Wissenschaftler akzeptieren jedoch diese „Immigrationshypothese“ ohne Vorbehalte. Claus-Joachim Kind argumentierte bereits 1998, dass Silexartefakte ältester bandkeramischer Siedlungen mesolithische Traditionen aufgreifen könnten, was auf lokale Entwicklung hindeuten würde. Auch die Keramiken der Bandkeramiker zeigen nur begrenzte Ähnlichkeit mit denen des Starčevo-Körös-Komplexes, was eine rein migratorische Erklärung infrage stellt.
Die Bandkeramiker führten nicht nur neue landwirtschaftliche Praktiken, sondern auch tiefgreifende kulturelle Veränderungen ein. Ein Beispiel ist der Bau von Kreisgrabenanlagen, die in Vorgängerkulturen wie dem Starčevo-Körös-Komplex nicht vorkamen. Gleichzeitig blieben Elemente der mesolithischen Kultur, wie bestimmte Formen und Techniken bei Feuersteinwerkzeugen, erhalten. Interessant ist auch die Rolle der La-Hoguette-Gruppe, einer frühneolithischen Kultur, die von der Normandie bis ins Main-Neckar-Gebiet verbreitet war. Diese Hirtenkultur, die vermutlich aus der Cardial– oder Impresso-Kultur hervorging, lebte in wirtschaftlicher Symbiose mit den Bandkeramikern. Während die Bandkeramiker vor allem Ackerbau betrieben, dominierten in der La-Hoguette-Gruppe pastorale Lebensweisen. Die Expansion der Bandkeramiker führte nicht zur vollständigen Verdrängung der Mesolithiker. Letztere zogen sich in weniger fruchtbare Gebiete zurück und lebten dort in Parallelgesellschaften weiter. Diese Koexistenz war jedoch nicht konfliktfrei, da Krankheiten, insbesondere Zoonosen, die mesolithische Bevölkerung stark dezimierten. Funde aus Pioniersiedlungen wie Minden-Dankersen zeigen, dass kulturelle Übergänge fließend verliefen. Elemente mesolithischer Traditionen wurden in die neolithische Lebensweise integriert, was den Übergang weniger abrupt erscheinen lässt, als frühere Theorien vermuteten.
Ökologische Rahmenbedingungen und Wirtschaftsweise
Eine Revolution in Mitteleuropa
Während der Zeit der linearbandkeramischen Kultur herrschte in Mitteleuropa ein warmes, maritimes Klima mit vergleichsweise hohen Niederschlagsmengen. Diese klimatischen Bedingungen wurden in der Vergangenheit durch dendrochronologische Untersuchungen, insbesondere durch die Arbeiten von Hans J. Holm im Jahr 2011, neu bewertet. Das sogenannte Atlantikum, auch bekannt als „Holozänes Optimum“, erstreckte sich in Nordeuropa etwa von 8000 bis 4000 v. Chr. Diese Epoche war die wärmste und feuchteste Phase der Blytt-Sernander-Sequenz und wird von manchen Forschern sogar als die heißeste Periode der letzten 75.000 Jahre angesehen. Die Temperaturen lagen damals durchschnittlich 1–2 °C höher als im 20. Jahrhundert, wobei vor allem die Winter außergewöhnlich mild waren. Trotz dieser allgemeinen Wärme gab es innerhalb dieser Phase regionale und zeitliche Unterschiede sowie kurzzeitige Klimaschwankungen. Eine der markantesten klimatischen Abweichungen war die Misox-Schwankung, die etwa um 6200 v. Chr. eintrat. Innerhalb weniger Jahrzehnte kam es in Mitteleuropa zu einer Abkühlung von rund 2 °C, ausgelöst durch den letzten großen Abfluss des Agassizsees in die Hudson Bay. Dieses Ereignis führte zu einer massiven Süßwasserzufuhr in den Nordatlantik, was die thermohaline Zirkulation störte und den Nordatlantikstrom erheblich schwächte. Diese Klimaveränderungen beeinflussten nicht nur Europa, sondern auch den Vorderen Orient, insbesondere die Region des Fruchtbaren Halbmonds.
Joachim Pechtl und Alexander Land rekonstruierten 2019 die hydroklimatischen Bedingungen der Linearbandkeramik und stellten eine hohe Frequenz extremer Trocken- und Nassperioden fest. Insbesondere im Zeitraum von 5400 bis 5100 v. Chr. waren starke jährliche Klimaschwankungen typisch, die jedoch nach 4800 v. Chr. etwas abnahmen. Obwohl der Einfluss des Klimas auf die Bevölkerungsentwicklung zurückhaltend interpretiert wurde, deuteten die Daten darauf hin, dass um 4960 v. Chr. eine signifikante Veränderung der Siedlungsdynamik einsetzte. Die feucht-warmen Bedingungen des Atlantikums ermöglichten das Wachstum dichter Eichen-Mischwälder, die von Laubbäumen wie Linden, Ulmen, Ahorn und Haseln dominiert wurden. Diese Wälder boten den frühen Bauern ideale Voraussetzungen für Siedlungen und Ackerbau. Der geringe Unterwuchs unter Bäumen wie Ulmen und Linden schuf offene Waldflächen, die sich hervorragend für die Beweidung eigneten. Die Eiche, mit ihrer lichtdurchlässigeren Krone, erlaubte zudem das Wachstum von halbschattenliebenden Pflanzen. Die Bandkeramiker nutzten diese Wälder geschickt für ihre Bedürfnisse. Durch gezielte Rodungen und Techniken wie das Ringeln von Bäumen sowie Schwendbau schufen sie Ackerflächen und gewannen Holz für Bauprojekte wie Langhäuser und Palisaden. Pollenanalysen zeigen, dass diese Eingriffe zu einem Rückgang von Eichen- und Lindenpollen führten, während Birken-, Haselnuss- und Eschenpollen zunahmen. Besonders die Ulme spielte eine zentrale Rolle, da sie in den feuchten Tälern der Lössgebiete eine bedeutende Futterquelle für das Vieh darstellte.
Paläobodenanalysen verdeutlichen, dass die bandkeramischen Siedlungen oft auf Schwarzerden oder Lössböden errichtet wurden. Diese Böden, reich an Huminsäuren und Ton-Humus-Komplexen, boten optimale Bedingungen für den Ackerbau. Die fruchtbaren Böden und das milde Klima des Atlantikums ermöglichten den Bandkeramikern hohe agrarische Erträge und schufen eine stabile Grundlage für ihre Kultur. Die bevorzugten Siedlungsstandorte der Bandkeramiker lagen entlang mäandrierender Flüsse und Bäche. Besonders Hanglagen an Niederterrassen, die vor Überschwemmungen geschützt waren, boten optimale Bedingungen. Dabei war es weniger der Zugang zu Wasser, der diese Standorte attraktiv machte, sondern vielmehr die fruchtbaren Böden und das günstige Mikroklima. Die Wälder dieser Epoche wurden nicht nur für den Ackerbau, sondern auch für die Viehwirtschaft genutzt. Während des Sommers diente der Wald als Weide, und im Winter sicherten die Menschen das Überleben ihrer Tiere durch die Gewinnung von Laubheu. Diese frühen Eingriffe markierten den Beginn der anthropogenen Umgestaltung der europäischen Wälder. Auch die Fauna spiegelte die Vielfalt der Wälder wider. Neben Wildschweinen, Rehen und Hirschen lebten in den Wäldern Raubtiere wie Wölfe, Luchse und Braunbären. Knochenfunde zeigen, dass die Bedeutung der Jagd im Laufe der neolithischen Entwicklung zugunsten der Landwirtschaft abnahm.
Ackerbau und Kulturpflanzen der Bandkeramiker
Innovationen in der Landwirtschaft der Jungsteinzeit
Die Analyse von Bodenproben aus archäologischen Fundstätten hat bedeutende Einblicke in die landwirtschaftliche Praxis der Bandkeramiker ermöglicht. Paläobotanische Untersuchungen konnten die angebauten Pflanzen detailliert bestimmen und lassen die Vielfalt der genutzten Kulturpflanzen erkennen:
- Emmer (Triticum dicoccum) und Einkorn (Triticum monococcum) zählten zu den wichtigsten Getreidearten.
- Nacktgerste und Spelzgerste (Hordeum vulgare) ergänzten die Getreideauswahl.
- Trespen-Arten, darunter die von Karl-Heinz Knörzer 1971 als Bromo lapsanetum praehistoricum beschriebene Grasart, traten häufig gemeinsam mit Emmer und Einkorn auf. Ihre Samen machten in zahlreichen Bodenproben etwa ein Drittel der großkörnigen Grasfrüchte aus, was nahelegt, dass Trespe möglicherweise ebenfalls als Nahrungspflanze genutzt wurde.
- Hülsenfrüchte wie Erbsen (Pisum sativum) und die Linsen-Wicke (Vicia ervilia) spielten eine Rolle in der Ernährung, während Linsen (Lens spec.) und Lein (Linum spec.) seltener nachgewiesen wurden.
Zusätzlich zeigen Funde, dass die Bandkeramiker eine Vielzahl von Kräutern und Gewürzen wie Echter Sellerie (Apium graveolens), Senfsamen (Sinapis arvensis), Fenchel (Foeniculum vulgare) und Oregano (Origanum vulgare) nutzten. Manche Autoren erweitern die Liste um Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta) und präzisieren, dass es sich beim angebauten Lein vor allem um Linum usitatissimum (Gemeiner Lein) handelte. Seltenere Nachweise belegen den Anbau von Rauweizen (Triticum turgidum L.), Rispenhirse (Panicum miliaceum) und Hafer (Avena spec.).
Landwirtschaftliche Techniken
Die Bandkeramiker nutzten sowohl Wintergetreide, das im Herbst ausgesät wurde, als auch Sommergetreide, das im Frühling auf die Felder kam. Diese Praxis erlaubte es, die Erntezeit zu strecken und Ressourcen besser zu nutzen. Die Unterscheidung zwischen Spelzgetreide (z. B. Emmer, Einkorn, Dinkel) und Nacktgetreide (z. B. Nacktweizen) war von entscheidender Bedeutung: Während Spelzgetreide durch seine feste Hülle besser lagerbar war, erforderte es zusätzlichen Aufwand zur Entspelzung vor der Verarbeitung. Die häufigsten Getreidearten in den fruchtbaren Lössböden waren Emmer und Einkorn, während Nackt- und Spelzgerste seltener angebaut wurden. Andere Getreidesorten wie Hirse, Hafer oder Roggen waren eher Ausnahmen. Der Anbau von Mohn (Papaver somniferum), der durch Kontakte mit der Cardial- oder Impressokultur in den Main-Neckar-Rhein-Raum gelangte, gewann erst in der späten Bandkeramik an Bedeutung.
Wildpflanzen-Sammelwirtschaft
Die Ernährung der Bandkeramiker wurde durch das Sammeln wilder Pflanzen ergänzt. Dabei spielten Haselnüsse (Corylus avellana) eine wichtige Rolle. Darüber hinaus wurden Früchte wie der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), der Holzapfel (Malus sylvestris), Brombeeren (Rubus fruticosus), Wald-Erdbeeren (Fragaria vesca), Bucheckern (Fagus sylvatica), Schlehdorn (Prunus spinosa) und Kornelkirschen (Cornus mas) gesammelt.
Diese Vielfalt an Pflanzen zeigt, dass die Bandkeramiker nicht nur auf den Anbau von Kulturpflanzen angewiesen waren, sondern ihre Ernährung durch die Nutzung der natürlichen Ressourcen ihrer Umgebung bereicherten.
Bedeutung für die Lebensweise
Die Erkenntnisse über die Nahrungsmittelversorgung der Bandkeramiker sind essenziell, um ihre Lebensumstände zu rekonstruieren. Die Vielfalt der angebauten und gesammelten Pflanzen sowie die Anpassung an klimatische Bedingungen und Böden zeigen, wie geschickt diese frühen Bauern ihre Umgebung nutzten. Die Landwirtschaft der Bandkeramiker bildet somit eine der grundlegenden Etappen in der Entwicklung nachhaltiger agrarischer Systeme in Mitteleuropa.
Anbautechniken und Bodennutzung bei den Bandkeramikern
Innovationen in der Landwirtschaft der Jungsteinzeit
Die Landwirtschaft der Bandkeramiker wirft ein faszinierendes Licht auf die frühneolithische Kultur Mitteleuropas. Ihre landwirtschaftlichen Methoden und Werkzeuge bleiben teilweise rätselhaft, doch es gibt verschiedene Theorien und Hinweise, die einen Einblick in ihre Praktiken ermöglichen. Eduard Hahn stellte bereits 1914 die Hypothese auf, dass die Bandkeramiker vor allem als Hackbauern tätig waren. Hackbau ist eine Form der Landwirtschaft, bei der der Boden mit einfachen Werkzeugen wie dem Grabstock bearbeitet wird. Interessanterweise wurde der Grabstock jedoch erst für die Egolzwiler Kultur, die mehr als tausend Jahre später existierte, direkt nachgewiesen. Jens Lüning hingegen vermutete, dass die Bandkeramiker möglicherweise bereits den Pflug nutzten, obwohl archäologische Belege dafür fehlen. Da direkte Nachweise für die eingesetzten Werkzeuge fehlen, wurden Pollenanalysen herangezogen, um die landwirtschaftlichen Praktiken indirekt zu erschließen. Pollendiagramme aus dem Frühneolithikum zeigen einen auffallend hohen Anteil an Nichtbaumpollen. Dieser Befund deutet darauf hin, dass die Bandkeramiker möglicherweise Schwierigkeiten hatten, bestimmte Unkräuter wie Gänsefußgewächse oder ausdauernde Gräser ohne den Einsatz eines Pfluges dauerhaft zu entfernen.
Manfred Rösch lieferte 1998 wichtige Erkenntnisse zur Begleitvegetation in den Kulturpflanzenbeständen der Bandkeramiker. Durch die Analyse von Bodenproben an verschiedenen süddeutschen Fundstellen konnte er feststellen, dass die Dichte und der Artenreichtum der sogenannten „Unkräuter“ im Laufe der Zeit zunahmen. Dieser Befund korreliert mit der Praxis des Sommerfeldbaus, einer jahreszeitlich gebundenen Landwirtschaftsmethode, die in den gemäßigten Klimazonen verbreitet ist. Allerdings bleiben einige Fragen offen: Könnte die Zunahme der Begleitvegetation auf brachliegende Felder hindeuten? Oder handelte es sich möglicherweise um Weideflächen, die zusätzlich bewirtschaftet wurden? Die bisherigen Funde liefern keine abschließenden Antworten. Ein weiterer interessanter Aspekt ist das massenhafte Auftreten bestimmter Unkräuter sowie Hinweise auf eine schlechtere Stickstoffversorgung der Böden. Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass sich die landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen im Verlauf der bandkeramischen Kultur verschlechterten. Dies könnte auf eine intensive Nutzung der Böden ohne ausreichende Regenerationszeit zurückzuführen sein, was langfristig zu einem Rückgang der Bodenfruchtbarkeit geführt haben könnte.
Zusammenfassung
Die Bandkeramiker waren Vorreiter des Ackerbaus in Mitteleuropa, doch ihre Methoden und Werkzeuge bleiben teils spekulativ. Ob sie als Hackbauern arbeiteten oder bereits den Pflug nutzten, lässt sich bislang nicht eindeutig belegen. Klar ist jedoch, dass sie mit den Herausforderungen ihrer Umwelt – von wuchernder Begleitvegetation bis hin zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit – konfrontiert waren. Die landwirtschaftlichen Entwicklungen dieser Epoche bilden die Grundlage für spätere Innovationen und prägen die Geschichte des Ackerbaus nachhaltig.
Ackerbau und frühe Kalendersysteme
Wie die Bandkeramiker Landwirtschaft und Kalendersysteme miteinander verbanden
Der Übergang zum Ackerbau stellte neolithische Gesellschaften vor neue Herausforderungen. Besonders die zeitliche Planung von Aussaat und Ernte war entscheidend für den Erfolg der Landwirtschaft und damit für das Überleben der Gemeinschaft. Dabei war es notwendig, eine Methode zu entwickeln, die nicht von unvorhersehbaren Wetterbedingungen abhing, sondern eine präzisere Bestimmung der Jahreszeiten ermöglichte. Frühe Kalendersysteme basierten häufig auf sorgfältigen Natur- und Himmelsbeobachtungen. Der Jahreszyklus wurde anhand sich wiederholender Phänomene eingeteilt, ohne diese im modernen Sinne zu zählen. Natürliche Ereignisse wie der Stand der Sonne, die Mondphasen oder der Aufgang bestimmter Sterne dienten als Orientierung. So begann ein neuer Zyklus beispielsweise mit markanten astronomischen Ereignissen wie dem Neumond oder der Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühling. Diese Punkte im Kalender waren besonders wichtig, da sie den Beginn bestimmter landwirtschaftlicher Tätigkeiten markierten.
In der bandkeramischen Kultur, die auf Ackerbau spezialisiert war, wurde die Entwicklung eines Kalendersystems essenziell. Mit dem Übergang von einer mobilen Jäger- und Sammlergesellschaft hin zu einer sesshaften Lebensweise entstand die Notwendigkeit, die Jahreszeiten strukturiert zu erfassen. Man vermutet, dass diese Kulturen schrittweise von einem Mondkalender, der vor allem in nomadischen Gemeinschaften weit verbreitet war, zu einem Sonnenkalender übergingen. Der Sonnenkalender bot den Vorteil, die jahreszeitlichen Zyklen präziser an die Anforderungen des Ackerbaus anzupassen. Archäologische Funde wie die Kreisgrabenanlage von Goseck, die als eine der ältesten bekannten Sonnenobservatorien Europas gilt, untermauern diese Vermutung. Die Anlage aus der frühen Jungsteinzeit deutet darauf hin, dass bereits astronomische Phänomene wie die Wintersonnenwende zur Zeitbestimmung genutzt wurden. Auch die Stichbandkeramik, eine später entstandene Kultur, zeigt Anzeichen für den Übergang zu komplexeren Kalendersystemen. Der Wechsel vom Mond- zum Sonnenkalender markiert nicht nur einen technischen Fortschritt, sondern auch einen kulturellen Wandel. Er spiegelt den Übergang von einer kurzfristigen, wetterabhängigen Orientierung hin zu einer langfristigen Planung wider – ein Meilenstein in der Entwicklung der menschlichen Zivilisation. Für die Ackerbau treibenden Gesellschaften bedeutete dies nicht nur größere Ernteerträge, sondern auch eine tiefere Verbindung zur Beobachtung und Interpretation der Natur.
Wild- und Jagdtiere sowie Haustiere der Bandkeramiker
Von der Jagd auf Wildtiere bis zur Domestikation: Einblicke in die Tierwelt der Frühzeit
Die Beziehung zwischen Haus- und Wildtieren in den frühen bandkeramischen Siedlungen war stark von regionalen Gegebenheiten geprägt. Während domestizierte Tiere wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde eingeführt wurden, spielten Wildtiere nach wie vor eine zentrale Rolle in der Lebensweise dieser Gesellschaften. Die Haltung von Haustieren bot vielseitige Vorteile: Neben Fleisch lieferten diese Tiere auch Häute, Felle, Horn, Sehnen und Knochen, die als wertvolle Rohstoffe für Werkzeuge, Kleidung und andere Alltagsgegenstände genutzt wurden. Doch trotz dieser Ressourcen war die Fleischversorgung oft stärker von der Jagd auf Wildtiere abhängig, insbesondere in den ältesten Siedlungsphasen der Bandkeramiker. Elisabeth Stephan untersuchte 2003 Tierknochenfunde aus den frühen bandkeramischen Siedlungen, die zwischen 5700 und 5300 v. Chr. datieren. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Bandkeramiker in vielen Bereichen an die technologischen Traditionen der mesolithischen Jäger, Fischer und Sammler anknüpften. Ein Beispiel hierfür ist die frühbandkeramische Siedlung in Rottenburg-Fröbelweg. Dort wurden die Überreste von Haus- und Wildtieren systematisch erfasst. Obwohl domestizierte Tiere vorhanden waren, spielten sie eine überraschend geringe Rolle bei der Versorgung mit Fleisch.
Die Jagd auf Wildtiere war für die Ernährung der Siedler unverzichtbar. Besonders häufig wurden Rothirsche, Rehe und Wildschweine gejagt, die in den damaligen Wäldern weit verbreitet waren. Nach Schmitzberger (2009) machten allein diese drei Tierarten zusammen mit dem Auerochsen etwa 89 % der bestimmten Wildtierfunde aus. Ihre Knochen wurden nicht nur als Nahrungsreste, sondern auch als Rohstoffe für Werkzeuge und andere Gebrauchsgegenstände genutzt. Neben den häufig gejagten Wildsäugetieren gab es auch seltenere Beutetiere wie Wildpferde, europäische Wildesel, Elche und Wisente. Diese Tiere waren zwar aufgrund ihrer Größe und ihres Fleisches begehrt, wurden jedoch offenbar seltener erlegt. Die geringe Anzahl an Knochenfunden dieser Arten lässt vermuten, dass sie für die Bandkeramiker schwerer zugänglich waren, möglicherweise wegen ihrer niedrigeren Populationsdichte oder der Herausforderungen, die mit ihrer Jagd verbunden waren.
Fazit
Die Nutzung von Wildtieren in der bandkeramischen Kultur war weit mehr als ein Überbleibsel mesolithischer Traditionen. Sie spiegelte eine bewusste Anpassung an die verfügbaren Ressourcen wider und zeigt, wie eng die Bandkeramiker mit ihrer Umwelt verbunden waren. Die Kombination aus domestizierten Tieren und gejagten Wildtieren zeugt von einer flexiblen und effizienten Nutzung der natürlichen Ressourcen – ein entscheidender Faktor für das Überleben und den Erfolg dieser frühen neolithischen Gemeinschaften.
Die Haustiere der Bandkeramiker
Einblicke in frühe Domestikation und Migration
In den Siedlungen der linearbandkeramischen Kultur zeigt die Analyse von Tierknochen eine bemerkenswert einheitliche Zusammensetzung der domestizierten Arten. Hausrinder (Bos taurus) dominierten mit einem Anteil von etwa 55 %, gefolgt von Schafen und Ziegen (Capra aegagrus hircus), die zusammen rund 33 % ausmachten. Hausschweine (Sus scrofa) trugen mit etwa 12 % zur tierischen Population bei. Diese Verteilung weist auf eine gut strukturierte Viehwirtschaft hin, die den Bedürfnissen der frühen Ackerbaukulturen angepasst war. Die Immigrationshypothese, die den Ursprung der Bandkeramiker erklärt, legt nahe, dass weder die Nutztiere noch die angebauten Pflanzen durch lokale Domestikation entstanden sind. Stattdessen wurden sie aus anderen Regionen nach Mitteleuropa gebracht. Genetische Analysen mitochondrialer DNA belegen, dass die Hausschweine, die von den Bandkeramikern gehalten wurden, ursprünglich aus den Gebieten der heutigen Türkei und des Irans stammen. Diese Erkenntnis unterstreicht die weitreichenden kulturellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den frühen neolithischen Gesellschaften.
Die Herkunft der
Hausrinder
Alle europäischen Hausrinder gehen auf die Domestikation des eurasischen Auerochsen (Bos primigenius taurus) zurück, dessen Ursprungsgebiet in Anatolien und dem Nahen Osten liegt. Damit stammt das Rindvieh der Bandkeramiker nicht von wild lebenden europäischen Auerochsen ab, sondern wurde aus entfernten Regionen eingeführt. Diese Migration von Tieren verdeutlicht den komplexen Prozess, der mit der Ausbreitung der Landwirtschaft und der Sesshaftigkeit einherging.
Eine mögliche frühe Begleiterin:
Die Falbkatze
Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass auch die Falbkatze (Felis silvestris lybica), die als Vorfahrin der heutigen Hauskatze gilt, von den Bandkeramikern nach Mitteleuropa gebracht wurde. Dies deutet darauf hin, dass bereits zu dieser Zeit Tiere gezielt als nützliche Begleiter gehalten wurden, möglicherweise zur Kontrolle von Nagetieren in den Vorratslagern.
Bedeutung für die bandkeramische Kultur
Die Einführung und Haltung von Haustieren war für die Bandkeramiker ein entscheidender Faktor für ihre Lebensweise. Tiere lieferten nicht nur Fleisch, Milch, Wolle und Leder, sondern waren auch für den Transport und die landwirtschaftliche Arbeit von Bedeutung. Die mitgebrachten Tierarten zeugen von den umfassenden Kenntnissen und Fertigkeiten der Bandkeramiker, die es ihnen ermöglichten, neue Lebensräume erfolgreich zu besiedeln und zu bewirtschaften.
Hausrinder in der Bandkeramischen Kultur
Domestikation, Nutzung und Anpassung
Die Domestikation des Hausrinds (Bos taurus) begann bereits im Epipaläolithikum, vor dem 9. Jahrtausend v. Chr., und markierte einen bedeutenden Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Ein frühes Indiz dafür ist das Auftreten domestizierter Rinder auf Zypern ab 8300 v. Chr., einer zuvor rinderlosen Insel, wo sie in Verbindung mit Ackerbauern auftauchten. Genetische Untersuchungen an mitochondrialer DNA bestätigen, dass mitteleuropäische Hausrindrassen eng mit anatolischen Rinderrassen verwandt sind. Die Verbreitung der domestizierten Rinder aus dem Nahen Osten und Anatolien nach Europa war ein komplexer Prozess. Die frühesten neolithischen Rinderpopulationen erreichten Westanatolien und den Ägäisraum bereits vor 7000 v. Chr. Mit der Ausbreitung über den südlichen Mittelmeerraum und später nach Südfrankreich erfolgte der Transport vornehmlich per Boot, jedoch mit einer relativ kleinen Anzahl weiblicher Tiere. In Mitteleuropa kamen die domestizierten Rinder um 5500 v. Chr. an, während Nordeuropa erst um 4100 v. Chr. erreicht wurde. Dabei verringerte sich die genetische Vielfalt durch wiederholte Wanderungen und Gründereffekte deutlich.
Die Bandkeramiker entwickelten spezifische Techniken zur Haltung und Nutzung ihrer Rinder. Es ist belegt, dass männliche Tiere häufig kastriert wurden, um sie als Ochsen für die Arbeit einzusetzen. Kastrierte Tiere sind weniger aggressiv, leichter zu handhaben und entwickeln eine größere Körpermasse, da ihre Wachstumsfugen langsamer schließen. Diese Veränderungen zeigen sich auch an der knöchernen Struktur ihrer Hörner, wodurch Ochsen von Stieren unterscheidbar sind. Neben der Nutzung für Fleisch und Arbeit war auch die Milchproduktion ein wichtiger Aspekt der Rinderhaltung. Zwar produzierten neolithische Kühe deutlich weniger Milch als heutige Rinder, dennoch war die Verarbeitung von Milch, insbesondere zu Käse, weit verbreitet. Archäologische Funde, darunter durchlöcherte Keramikgefäße, die Käseformen ähneln, sowie der Nachweis von Milchfett in Keramikscherben durch Mélanie Salque und ihr Team (2013), stützen diese Annahme. Zudem wird die Entwicklung der Laktasepersistenz, also die Fähigkeit, Milch im Erwachsenenalter zu verdauen, mit der bandkeramischen Kultur in Verbindung gebracht. Die natürliche Vegetation in den Eichen-Mischwäldern der damaligen Zeit bot den Rindern nur begrenzt Nahrung. Daher benötigten die Bandkeramiker große Waldflächen, um den Energiebedarf ihrer Tiere durch Beweidung zu decken. Dies führte dazu, dass die Größe der Herden stark vom Standort und der verfügbaren Wirtschaftsform abhing. Strategien wie die Fernweide mit winterlicher Nutzung von Laubfutter oder eine intensive Tierhaltung nahe den Siedlungen, die durch verbesserten Ackerbau unterstützt wurde, zeugen von einer flexiblen Anpassung an die Umweltbedingungen.
Die Bedeutung von Schafen, Schweinen und Hunden
in der Bandkeramischen Kultur
Domestikation, Nutzung und Anpassung
Schafe:
Frühe Nutzung und Begrenzter Wollertrag
Bandkeramische Schafe wurden primär für Fleisch und Milch gehalten, da ihr Wollertrag als Sekundärprodukt begrenzt war. Jens Lüning und Kollegen weisen darauf hin, dass das Fell dieser frühen Hausschafe den Wildschafen noch stark ähnelte. Es bestand aus einer Mischung von groben Stichelhaaren und weicheren Unterhaaren, die erst gegen Ende des Neolithikums zunehmend durch ein wolligeres Haarkleid ersetzt wurden. Möglicherweise begannen die Menschen dennoch, die beim saisonalen Fellwechsel abgestoßenen Haare zu sammeln und für die Herstellung von Garn und Gewebe zu nutzen. Diese Praxis könnte eine der ersten Schritte zur späteren gezielten Wollproduktion gewesen sein, obwohl umfangreichere Entwicklungen in der Schafhaltung erst in späteren Epochen erfolgten.
Hausschweine:
Symbolik und Nutzung
Die Rolle der Hausschweine in der bandkeramischen Kultur war weniger zentral als die anderer Nutztiere, dennoch hatten sie in einigen Siedlungen eine besondere Bedeutung. Knochenfunde, figürliche Darstellungen und Idole deuten darauf hin, dass Schweine in bestimmten Weilern eine höhere Nutzungsrate hatten. Diese Tiere lieferten Fleisch und möglicherweise andere Ressourcen, wurden aber im Vergleich zu Rindern und Schafen seltener gehalten. Die symbolische Bedeutung der Schweine könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Einige Funde lassen vermuten, dass Schweine in rituellen Kontexten oder als Teil von Zeremonien verwendet wurden. Ihre Haltung und Nutzung zeigt die Bandbreite der tierischen Ressourcennutzung in der frühen Landwirtschaft.
Hunde:
Begleiter und Helfer der Bandkeramiker
Hunde spielten in den bandkeramischen Gemeinschaften eine bedeutende Rolle. Bereits in den Siedlungen Mitteleuropas wurden Hunde gefunden, die weder Wolfs ähnlich noch groß waren, sondern eher die Größe moderner Spitz-Hunde hatten. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der 2003 in der Siedlung von Zschernitz in Sachsen entdeckte separat bestattete Torfhund (Canis palustris), der mit einer Schulterhöhe von etwa 45 cm vergleichsweise klein war. Diese Hunde waren offenbar schon stark an das Leben mit Menschen angepasst. Sie unterschieden zuverlässig zwischen schützenswertem Vieh und jagdbaren Wildtieren und zeigten Verhaltensweisen, die sie von ihren wilden Vorfahren unterschieden. Der Verlust des Fluchtverhaltens bei Gefahr und die Fähigkeit, friedlich in menschlichen Gemeinschaften zu leben, gehörten zu den Merkmalen, die sie zu idealen Begleitern machten. Die Domestizierung von Hunden reicht bis in die Mittelsteinzeit zurück, wie Raetzel-Fabian (2000) betont. Die Bandkeramiker nutzten ihre Hunde vermutlich als Jagdhelfer, Wachtiere und vielleicht auch als Symbol für soziale Bindungen innerhalb ihrer Gemeinschaften.
Mögliche Viehseuchen und gesundheitliche Beeinträchtigungen
bei den Bandkeramikern
Domestikation, Nutzung und Anpassung
Die neolithische Lebensweise, geprägt durch die Sesshaftigkeit und die Haltung von Nutztieren, führte zu neuen gesundheitlichen Herausforderungen. Die Nähe zwischen Mensch und Tier schuf Bedingungen, die die Übertragung von Krankheitserregern erleichterten und die Lebensqualität beeinflussten. Mit der Einführung der Tierhaltung kamen Krankheitserreger, die sich auf Menschen und Tiere auswirken konnten. Die sogenannte Zoonose beschreibt die Übertragung von Krankheiten zwischen Mensch und Tier in beide Richtungen:
- Rinder als Krankheitsüberträger:
- Bakterielle Infektionen: Tuberkulose, Salmonellose, Brucellose und Milzbrand.
- Parasiten: Fadenwürmer wie Trichinella spiralis, Leberegel (Fasciola hepatica), und Kryptosporidien.
- Bandwürmer: Rinderbandwurm (Taenia saginata) als menschlicher Parasit mit Rindern als Zwischenwirten.
- Spezifische Seuchen: Rinderbrucellose, eine durch das Bakterium Brucella abortus ausgelöste Deckseuche, sowie Leptospirose, bekannt als Weil-Krankheit, die bei Menschen schwere Komplikationen hervorrufen kann.
Die erhöhte Exposition gegenüber diesen Krankheitserregern führte zu einer Erweiterung des menschlichen Mikrobioms und schuf neue gesundheitliche Risiken für die bandkeramischen Gemeinschaften.
Die Untersuchung von Susan Klingner (2016) an 112 Individuen aus der bandkeramischen Siedlung Wandersleben (Thüringen) lieferte Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die häusliche Rauchgasentwicklung. Die Verwendung von offenen Feuerstellen in geschlossenen Räumen führte zu chronischer Exposition gegenüber Rauchgasen, was die Atemwege belastete und vermutlich zu Erkrankungen der Lunge und anderen chronischen Beschwerden führte. Zusätzlich wurden in den Überresten der Bandkeramiker Anzeichen von Tuberkulose entdeckt, die möglicherweise durch den engen Kontakt mit infizierten Rindern oder Menschen verbreitet wurde. Die Umstellung auf eine stärker kohlenhydratreiche Ernährung, die durch den Ackerbau ermöglicht wurde, beeinflusste das Mundmikrobiom.
- Die verstärkte Aufnahme von Getreide und pflanzlicher Nahrung begünstigte das Wachstum bestimmter Bakterien im dentalen Biofilm, was zu einem erhöhten Auftreten von Zahnkaries führte.
- Diese Veränderung der Zahngesundheit steht im Kontrast zur selteneren Karies bei Jäger- und Sammlergesellschaften, deren Ernährung weniger stärkehaltig war.
Fazit
Die Sesshaftigkeit und Nutztierhaltung der Bandkeramiker brachten nicht nur Fortschritte in der Landwirtschaft, sondern auch neue gesundheitliche Risiken mit sich. Zoonosen und durch Rauchgas belastete Lebensbedingungen beeinflussten die Lebensqualität und Lebenserwartung. Gleichzeitig zeigt die Zunahme von Zahnkaries, wie stark sich die Ernährung und deren gesundheitliche Folgen im Neolithikum verändert haben. Diese Herausforderungen markierten einen bedeutenden Wendepunkt in der Wechselwirkung zwischen Mensch, Umwelt und Krankheitserregern.
Siedlungswesen der Bandkeramischen Kultur
Lebensräume und soziale Strukturen
Die Lebensweise der Bandkeramiker war stark durch Ackerbau und Viehzucht geprägt. Diese landwirtschaftlichen Aktivitäten machten es notwendig, Siedlungsplätze gezielt auszuwählen. Besonders wichtig war eine gute Erreichbarkeit von Wasserquellen sowie günstige Landschafts- und Bodenverhältnisse, die den Bedürfnissen des bäuerlichen Lebens entsprachen. Aus diesem Grund entstanden ihre Siedlungen bevorzugt in den fruchtbaren Niederungen großer Flusssysteme, wo Schwarzerdeböden optimale Bedingungen für die Landwirtschaft boten. Interessanterweise mieden die Bandkeramiker das direkte Flusstal und wählten stattdessen Standorte am Rand solcher Landschaften. Diese lagen häufig auf Hochterrassen oder in Hanglagen, die sanft zum Fluss hin abfielen und bis zu 300 Meter über dem Meeresspiegel lagen. Einige Siedlungen, wie jene in Kückhoven oder Arnoldsweiler, befanden sich bis zu einem Kilometer von fließenden Gewässern entfernt. Um dennoch eine zuverlässige Wasserversorgung sicherzustellen, wurden Brunnen innerhalb der Siedlungen angelegt. Die Nähe zu Oberflächengewässern blieb jedoch von Bedeutung; in manchen Fällen betrug die Entfernung zu einem Fluss oder Bach lediglich einige hundert Meter.
Zu den bedeutenden Fundorten der bandkeramischen Kultur zählen unter anderem Bylany, Olszanica, Langweiler 8, Hienheim, Köln-Lindenthal, Elsloo, Sittard und Wetzlar-Dalheim. Frühe Siedlungen bestanden oft aus einem einzigen Langhaus, während in späteren Phasen bis zu zehn solcher Gebäude gleichzeitig existierten. Diese Langhäuser, wie sie etwa bei der Ausgrabung der Siedlung Mühlengrund in Rosdorf dokumentiert wurden, sind typisch für die bandkeramische Kultur. Frühere Annahmen, die auf größere dichte Siedlungsstrukturen schließen ließen, haben sich durch neue Erkenntnisse relativiert. Hausgrundrisse, die eng beieinander lagen, gehörten offenbar zu unterschiedlichen Zeitperioden. Es scheint, dass unbrauchbar gewordene Häuser häufig direkt in der Nähe wieder aufgebaut wurden. Jedes Langhaus beherbergte vermutlich eine Großfamilie, die eine zentrale Einheit des sozialen Lebens darstellte. Die zentralen Innovationen, die die Bandkeramiker von den vorhergehenden mesolithischen Kulturen unterschieden, waren die Sesshaftigkeit und der Besitz unbeweglicher Güter wie Häuser, Felder und Werkzeuge. Während in den mesolithischen Jäger- und Sammlergesellschaften Gleichheit in der Sozialstruktur vorherrschte und individueller Besitz weniger wichtig war, brachte die Sesshaftigkeit eine zunehmende Ungleichverteilung mit sich. Diese soziale Differenzierung spiegelt sich in den Bestattungsritualen der Bandkeramiker wider. Grabbeigaben wie Schmuck aus Spondylusmuscheln, einem wertvollen Rohstoff, wurden in manchen Gräbern entdeckt. Nach Gronenborn (1999) deuten solche Funde darauf hin, dass bestimmte Individuen privilegierte Positionen innerhalb der Gemeinschaft innehatten.
Der Weiler als typische Siedlungsform
Struktur und Lebensweise der Bandkeramiker
Die bandkeramischen Siedlungen bestanden häufig aus mehreren Langhäusern, die zusammen sogenannte Weiler bildeten. Diese Weiler lagen im Durchschnitt etwa drei Kilometer voneinander entfernt, was ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Besiedlungsdichte und genutztem Land widerspiegelt. In manchen Fällen waren Weiler durch Gräben und Erdwälle umgeben, die mit wenigen Durchgängen versehen waren. Diese Anlagen dienten als Annäherungshindernisse sowohl für Tiere als auch für Menschen, wobei ihr primärer Zweck weniger militärisch als vielmehr pragmatisch-defensiv gewesen sein dürfte. Das Einzugsgebiet eines Weilers umfasste in der Regel etwa 700 Hektar Land, was genügend Platz für landwirtschaftliche Tätigkeiten und Weideflächen bot. Jedes Langhaus war von einer Schwendbau-Ackerfläche von rund 2,5 Hektar umgeben, auf der Felder nach der Methode des Brandrodens kultiviert wurden. Innerhalb eines Weilers standen die Langhäuser üblicherweise in einem Abstand von etwa zwanzig Metern zueinander.
Zwischenräume und Gruben
Der Raum zwischen den Langhäusern war keineswegs ungenutzt. Hier fanden sich zahlreiche Vorratsgruben, sogenannte Schlitzgruben, sowie Gruben mit Einbauten wie Grubenöfen. Nach Pechtl (2008) lassen sich zwei Hauptarten von Feuerstellen unterscheiden:
- Herde waren offene Feuerstellen, die oftmals eine flache Grundplatte und allenfalls niedrige Seitenbegrenzungen besaßen.
- Öfen, im Gegensatz dazu, verfügten über Wände, die den Feuerraum umschlossen.
Eine spezielle Form waren die Grubenöfen, die in die Erde gegraben wurden, sodass die Muldenwände die Struktur des Ofens bildeten.
Das Hofplatzmodell: Eine Interpretation der Grubenverteilung
Bei den Ausgrabungen in Langweiler 8 schlug Ulrich Boelicke (1982) das sogenannte Hofplatzmodell vor. Dieses Modell weist allen Gruben, die in einem Radius von 25 Metern um ein Langhaus gefunden wurden, funktional dem jeweiligen Gebäude zu. Nach dieser Theorie war jede Hofplatzfläche ein eigenständiger Wirtschaftsbereich, in dem sich die alltäglichen Aktivitäten der Bewohner abspielten. Auch Jens Lüning nutzte den Begriff des Hofplatzes, um die Organisation eines bandkeramischen Hauses und seiner Umgebung zu beschreiben. Obwohl das Hofplatzmodell eine interessante Perspektive auf die Siedlungsstruktur bietet, wird es nicht durch alle archäologischen Befunde gestützt. Es bleibt unklar, ob die Zuordnung von Gruben zu einem einzelnen Haus immer so eindeutig war, wie das Modell es suggeriert.
Die Struktur der Weiler zeigt, wie die Bandkeramiker ihre Lebensweise effizient organisierten. Die Gräben und Erdwälle boten Schutz, die großzügigen Abstände zwischen den Häusern reduzierten das Risiko von Bränden, und die Gruben innerhalb der Weiler spiegeln die Vielfalt der landwirtschaftlichen und handwerklichen Tätigkeiten wider. Diese räumliche Organisation zeugt von einem durchdachten Konzept, das den Bedürfnissen einer agrarisch geprägten Gemeinschaft angepasst war.
Aufbau und Nutzung der Langhäuser
Ein Blick in das Leben der Bandkeramiker
Die Langhäuser der Linearbandkeramischen Kultur (LBK) waren weit mehr als bloße Wohnstätten – sie spiegeln die architektonische Ingenieurskunst und die Lebensweise der Menschen des Frühneolithikums wider. Pieter Jan Remees Modderman kategorisierte diese Gebäude nach ihrer Größe in unterschiedliche Typen, wobei sie stets rechteckige Grundrisse aufwiesen. Ihre tragenden Elemente bestanden aus Pfosten und Dachbalken verschiedener Art, gelegentlich ergänzt durch doppelte Pfostenreihen an den Außenseiten. Leider sind keine Fußböden oder Bodenbeläge erhalten, da Bodenerosion den ursprünglichen Begehungshorizont auf den Lössflächen abgetragen hat. Bereits in der frühen bis mittleren Phase der LBK lassen sich fünf parallel angeordnete dachtragende Pfostenreihen erkennen, die als Grundstruktur der Gebäude dienten.
Diese Pfosten trugen vermutlich Pfetten, welche die Basis für das gleichmäßig geneigte Satteldach bildeten. Diese Dächer waren wahrscheinlich mit Stroh, Schilf oder Baumrinde gedeckt, wobei Seile das Dachmaterial zusammenhielten. Alternativ könnten einfache Holzverbindungen wie Zapfen– oder Steckverbindungen genutzt worden sein, was von den Werkzeugen der Bandkeramiker ermöglicht wurde. Eine besondere Pfostenanordnung in Form eines Y deutet auf Eingänge oder Dachgauben hin, die zur Belüftung oder Beleuchtung dienten. Die Häuser selbst orientierten sich meist entlang einer Nord-Süd- oder Nordwest-Südost-Achse, was möglicherweise klimatische Vorteile bot. Ihre Größe variierte stark: Einige waren etwa 20 × 5 Meter groß, während andere beeindruckende Dimensionen von bis zu 40 × 8 Metern erreichten.
Modulare Gestaltung der Langhäuser
Die Innenaufteilung der Häuser zeigt eine raffinierte, modulare Struktur. Das Langhaus war in drei Hauptbereiche unterteilt:
- Das nördliche Modul mit einer oft geschlossenen Spaltbohlenwand, möglicherweise als Schutz vor Witterungseinflüssen. Es könnte als Schlafbereich genutzt worden sein.
- Das zentrale Modul, in dem größere Pfostenabstände Raum für Wohn- und Arbeitsbereiche sowie Feuerstellen boten.
- Das südliche Modul, wo zusätzliche Pfostenlöcher auf eine Zwischendecke hindeuten, die als Speicher für Vorräte gedient haben könnte.
Die Wände bestanden aus lehmverputztem Rutengeflecht, das entlang der Seiten von tiefen Entnahmegruben flankiert wurde. Besonders bemerkenswert ist ein Fund im Pariser Becken, wo eine solche Grube als Brunnen interpretiert wurde. Der Bau der Langhäuser erforderte einen hohen Holzverbrauch, wie auch der zeitgleiche Bau bandkeramischer Brunnen in Blockbohlenbauweise belegt. Die Langhäuser dienten primär als Wohnraum für Familien, wobei ihre Größe und Gestaltung unterschiedliche soziale Rollen oder Herkunft der Bewohner andeuten könnten. Jens Lüning geht davon aus, dass etwa sechs bis acht Personen in einem Langhaus lebten, während Eric Biermann auf Grundlage des hohen Bauaufwands schätzt, dass bis zu 40 Menschen dort unterkamen. Die Gebäude wurden für etwa 60 Jahre genutzt, was durch dendrochronologische Analysen belegt ist. Eine Nutzung als Wohnstallhaus scheint unwahrscheinlich, da sich keine Spuren von Tiermist, wie Phosphate, im Boden nachweisen lassen. Stattdessen könnte das Vieh in nahegelegenen Wäldern oder innerhalb von Umzäunungen gehalten worden sein.
Die Langhäuser wurden bevorzugt auf lössbedeckten Hochterrassen errichtet. Diese lagen meist im oberen Drittel eines Geländerückens, der zu Flüssen oder Bächen hin abfiel. Diese Position bot Schutz vor Überflutungen, was angesichts der häufigen Niederschläge des Frühneolithikums von Vorteil war. Hinweise darauf liefern mächtige Kalkablagerungen sowie der Nachweis der Europäischen Sumpfschildkröte, die ein feuchtes Klima bevorzugt. Auch der in der Landwirtschaft dominierende zweikörnige Einkorn, der resistent gegen Regenfälle ist, unterstreicht die Anpassung der Bandkeramiker an diese Bedingungen. Besondere architektonische Lösungen waren notwendig, um die Hanglage vieler Gebäude zu berücksichtigen. Oliver Rück schlug vor, dass Teile der Langhäuser vom Boden abgehoben waren, um sich an das abfallende Gelände anzupassen. Zusätzliche Pfosten im südwestlichen Bereich sorgten für Stabilität, während kleine Wandgräben im nordwestlichen Teil das Eindringen von Oberflächenwasser verhinderten. Die Errichtung der Langhäuser erforderte kollektive Anstrengungen, was auf eine enge soziale Gemeinschaft schließen lässt. Ihre Größe und Gestaltung könnten nicht nur praktische, sondern auch repräsentative Funktionen gehabt haben. Sie waren nicht nur Wohn- und Arbeitsstätten, sondern Ausdruck einer komplexen, agrarischen Gesellschaft, die sich den Herausforderungen ihrer Umwelt mit beeindruckender Kreativität und Anpassungsfähigkeit stellte.
Brunnenbau im Neolithikum
Ingenieurskunst der Linienbandkeramik
Der Bau von Brunnen markierte einen bedeutenden technologischen Fortschritt in den neolithischen Siedlungen der Linienbandkeramik (LBK), indem er eine verlässliche Wasserversorgung aus Grundwasserleitern ermöglichte. Diese Konstruktionen demonstrieren das technische Geschick und die Innovationsfähigkeit der frühen Bauernkulturen. Bandkeramische Brunnen waren bis zu 15 Meter tiefe Gruben, die durch aufwendige Holzkonstruktionen stabilisiert wurden. Zwei Haupttypen sind archäologisch belegt:
- Kastenbrunnen: Diese bestanden aus rechteckigen, im Blockbau gefügten Holzkästen, die von der Brunnenbasis bis zur Oberfläche reichten. Die dicht gefügten Holzbretter wurden oft kalfatert, um das Eindringen von Sedimenten zu verhindern.
- Röhrenbrunnen: Hohle oder ausgehöhlte Baumstämme wurden vertikal aufgestellt, um das Grundwasser effizient zur Oberfläche zu leiten.
Während einige Brunnenfunde deutliche Spuren von Holzverstärkungen aufweisen, bleibt umstritten, ob jede Brunnenkonstruktion zwingend eine solche Aussteifung benötigte. Mehrere ausgegrabene Brunnen lassen aufgrund ihrer Befundsituation keine sicheren Rückschlüsse auf Holzverwendung zu. Dennoch erfüllten die Holzkonstruktionen in dokumentierten Fällen zwei wichtige Funktionen:
- Wasservorratsspeicher: Die Kästen sammelten und hielten das Grundwasser.
- Stabilisierung der Baugrube (Pölzung): Sie verhinderten das Einstürzen der Grubenwände während und nach der Konstruktion.
Der Aushub der Baugruben wurde in der Regel zur Randverfüllung verwendet, wodurch die Brunnen zusätzlich stabilisiert wurden.
Die Holzbearbeitung für den Brunnenbau erforderte spezialisierte Werkzeuge. Das wichtigste Instrument der Linienbandkeramiker war die Dechsel – eine auf einem Knieholm montierte Klinge mit quer zur Schlagrichtung gerichteter Schneide. Experimente mit Nachbauten solcher Werkzeuge haben ihre Effizienz bei der Bearbeitung von Holz eindrucksvoll belegt. Im Gegensatz dazu traten symmetrische, parallel geschäftete Beilklingen erst viel später, während des Jungneolithikums, regelmäßig auf. Die Bandkeramiker bewiesen jedoch bereits mit ihren verfügbaren Werkzeugen eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Präzision und Effizienz. Die Konstruktion von Brunnen war nicht nur eine technische Meisterleistung, sondern auch eine entscheidende Grundlage für das Überleben und die Expansion der neolithischen Gemeinschaften. Sie ermöglichte eine standortunabhängigere Wasserversorgung und stärkte die Autarkie der Siedlungen. Darüber hinaus zeugen die Brunnen von der organisatorischen und sozialen Koordination, die für solch anspruchsvolle Bauprojekte notwendig war. Die Funde und Rekonstruktionen bandkeramischer Brunnen bieten faszinierende Einblicke in das Leben und die technischen Fähigkeiten der ersten Ackerbaugesellschaften Europas.
Kulturtechniken, Besiedlungsdichte und soziale Organisation der Linearbandkeramiker
Ingenieurskunst der Linienbandkeramik
Mit der Einführung der Landwirtschaft und der Nutztierhaltung gelang den frühen neolithischen Gesellschaften ein grundlegender Wandel, der die Lebensweise und soziale Organisation dauerhaft prägte. Die Kombination von agrarischen und technischen Innovationen sowie die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Vorratswirtschaft hatten weitreichende Auswirkungen auf die Siedlungsstrukturen und sozialen Gefüge.
Technologische Fortschritte und ihre Auswirkungen
Die Landwirtschaft erhöhte die Verfügbarkeit von Kohlenhydraten und ermöglichte eine stabilere Nahrungsversorgung. Begleitet wurde diese Entwicklung von:
- Brunnenbau: Die bandkeramischen Siedlungen entwickelten innovative Methoden zur Wasserversorgung durch Kasten- und Röhrenbrunnen.
- Vorratswirtschaft: Die Fähigkeit, Überschüsse zu lagern, stärkte die Resilienz der Gemeinschaften in Zeiten von Engpässen.
- Ressourcenmanagement: Techniken zur Nutzung von Bauholz, Brennstoffen und Nahrung mussten langfristig mit der Tragfähigkeit des Lebensraums in Einklang gebracht werden, um Umweltzerstörungen zu vermeiden.
Diese Fortschritte führten zu einer deutlichen Zunahme der Besiedlungsdichte: Während die mesolithischen Jäger und Sammler Mitteleuropas eine Dichte von ca. 0,013 Einwohner/km² aufwiesen, stieg diese in LBK-Siedlungsgebieten auf 0,5 bis 0,7 Einwohner/km² an. Zwischen den Siedlungsclustern blieben jedoch unbewohnte oder nur saisonal genutzte Areale erhalten.
Soziale Organisation und Siedlungsstruktur
Die Linearbandkeramiker organisierten sich in Haushalten, die als autarke Konsum- und Produktionseinheiten fungierten. Ausgrabungen legen nahe, dass diese Haushalte oft aus drei Generationen bestanden. Die räumliche Anordnung von Häusern und Weilerstrukturen weist auf weitgehend egalitäre Lebensformen hin. Dennoch gibt es Hinweise auf Unterschiede im sozialen Status, die durch Grabbeigaben in Bestattungen erkennbar sind.
Residenz- und Verwandtschaftsregeln:
- Patrilokale Organisation: Frauen zogen nach der Heirat in die Wohnorte ihrer Ehemänner. Strontiumisotopenanalysen bestätigen, dass Frauen häufig aus anderen Regionen stammten.
- Patrilineare Deszendenz: Die Gemeinschaft orientierte sich entlang männlicher Abstammungslinien.
Arbeitsverteilung und Lebenserwartung
Die gesellschaftlichen Rollen waren durch eine klare Arbeitsteilung geprägt:
- Frauen: Sie waren für die mühsame Verarbeitung von Getreide (z. B. Mahlen), die Töpferei und andere häusliche Arbeiten zuständig. Untersuchungen der Oberarmknochen weisen auf erhebliche körperliche Belastungen hin.
- Männer: Ihre Aufgaben umfassten Jagd, Viehzucht, Handel sowie die Bewirtschaftung der Felder. Sie waren außerdem für diplomatische und auswärtige Angelegenheiten zuständig.
Interessanterweise lag die durchschnittliche Lebenserwartung der Frauen unter der der Männer, was auf die hohen körperlichen Anforderungen und mögliche Risiken bei der Geburt hinweisen könnte.
Soziokulturelle Vernetzung
Die Siedlungen waren über weitreichende Netzwerke verbunden, wie der Austausch von Rohmaterialien – insbesondere von Silex – zeigt. Diese Netzwerke förderten den sozialen Zusammenhalt und die kulturelle Einheit der LBK.
Werkstoffe und ihre Wege
Rohstoffe und ihre Wege im Kontext der bandkeramischen Siedlungen
Die Rohstoffe und ihre Wege im Kontext der bandkeramischen Siedlungen offenbaren faszinierende Einblicke in die frühneolithische Lebenswelt. Archäologische Funde zeigen, dass Mitglieder dieser Gemeinschaften nicht nur einfache Materialsammler waren, sondern gezielt Bergbau betrieben. Besonders hervorzuheben ist der Abbau von Rötel, einem farbigen Mineral, das unter anderem für rituelle oder dekorative Zwecke genutzt wurde, sowie die Suche nach hochwertigem Feuerstein, der für die Herstellung von Werkzeugen und Waffen unverzichtbar war. Bemerkenswert ist, dass die Werkstoffe teils über enorme Distanzen transportiert wurden. Dies deutet auf komplexe Austauschsysteme hin, die weit über die Grenzen einzelner Siedlungen hinausgingen. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist der Rijckholt-Feuerstein, der aus der niederländischen Provinz Limburg bis in das Rheinland gelangte. Diese großräumigen Netzwerke zeigen, dass die Bandkeramiker nicht isoliert lebten, sondern in engem Kontakt mit anderen Gemeinschaften standen. Amphibolit, ein bevorzugtes Rohmaterial für die Schuhleistenkeile, fand seinen Weg aus dem heutigen Böhmen in westlich gelegene Siedlungsgebiete. Diese Handelsströme unterstreichen den kulturellen und technologischen Austausch zwischen weit entfernten Regionen. Im Rheinland selbst lässt sich eine differenzierte Siedlungsstruktur erkennen. Große Hauptsiedlungen wie Langweiler 8 fungierten offenbar als zentrale Orte für Handel, Produktion und möglicherweise auch Verwaltung, während kleinere Nebensiedlungen von diesen größeren Zentren abhängig waren. Artefakte aus Feuerstein, darunter Rohstücke, Grundformen wie Abschläge oder Kerne, halbfertige Werkzeuge und fertige Geräte wie Bohrer oder Kratzer, wurden von den zentralen zu den peripheren Siedlungen weitergegeben. Diese Weitergabe zeigt deutlich, wie eng die bandkeramischen Gemeinschaften miteinander vernetzt waren.
Auch innerhalb einzelner Siedlungen lassen Intra-Site-Analysen Rückschlüsse auf die Verteilung von Rohstoffen und Artefakten zu. Solche Untersuchungen zeigen, dass der Austausch von Materialien nicht nur zwischen Siedlungen, sondern auch innerhalb einer Siedlung eine wichtige Rolle spielte. Diese interne Verteilung könnte auf soziale Differenzierungen innerhalb der Gemeinschaft hindeuten, etwa durch Spezialisierung oder unterschiedliche Zugangsrechte zu wertvollen Ressourcen.
Werkzeuge der LBK
Trennende oder schneidende Werkzeuge (lithisches Inventar)
Die Werkzeugwelt der bandkeramischen Kulturen eröffnet faszinierende Einblicke in die technischen Fertigkeiten und das handwerkliche Geschick dieser frühen Gesellschaften. Eine vollständige Rekonstruktion des Werkzeuginventars ist jedoch aufgrund der Vergänglichkeit organischer Materialien wie Holz oder Sehnen nur begrenzt möglich. Diese organischen Bestandteile, die vermutlich häufig in Kombination mit Steinwerkzeugen verwendet wurden, sind im Laufe der Jahrtausende zersetzt und damit aus dem archäologischen Befund verschwunden. Im Bereich der trennenden und schneidenden Werkzeuge ist die Dechselklinge besonders hervorzuheben. Dieses quergeschäftete Hauwerkzeug, bei dem die Klinge rechtwinklig zur Hiebebene angebracht ist, war sowohl zum Holzschlagen als auch für andere schwere Arbeiten geeignet. Ein häufig verwendeter Typ war der sogenannte Schuhleistenkeil, dessen Klinge durch eine flache Unterseite und eine gewölbte Oberseite charakterisiert wird. Diese Form erinnert an die Silhouette einer Schuhmacherleisten und bietet einen stabilen D-förmigen Querschnitt. Das „Ergerheimer Experiment“, eine experimentelle archäologische Studie, zeigte, dass es mit diesen Werkzeugen unter erheblichem Kraftaufwand möglich war, Bäume zu fällen. Die Form der Schuhleistenkeile veränderte sich oft durch den Gebrauch und das Nachschärfen, wodurch eine eindeutige Klassifikation erschwert wird. Neben den schmalen Schuhleistenkeilen gab es auch breitere und flachere Varianten, die als Flachbeile bekannt sind.
Spannend ist, dass viele dieser Hauwerkzeuge nicht nur als Werkzeuge, sondern auch als Waffen dienten. Schädelverletzungen, die bei Skelettfunden festgestellt wurden, belegen ihren Einsatz in gewaltsamen Auseinandersetzungen. Auch die Sicheln der Bandkeramiker zeugen von Einfallsreichtum und technischer Raffinesse. Sie bestanden aus leicht gebogenen Holzstücken, in deren konkave Seite Kerben eingearbeitet wurden. In diese Kerben wurden scharfkantige Klingenabschläge eingesetzt, die mit Birkenpech fixiert wurden. Die Funde weisen oft einen charakteristischen Sichelglanz auf, der durch das Schneiden von Pflanzen, insbesondere kieselsäurehaltigen Gräsern, entsteht. Dieser Glanz entsteht durch mikroskopisch kleine Schleifprozesse, die das Pflanzenmaterial auf der Klinge verursacht. Zur Herstellung ihrer Werkzeuge nutzten die Bandkeramiker eine Vielzahl von Rohmaterialien. Neben dem klassischen Silex kamen auch Jurahornstein, alpiner Radiolarit, Lydit, Quarzit, Rhyolith und sogar Obsidian zum Einsatz. Diese Materialien wurden teilweise aus weit entfernten Regionen importiert, was auf gut organisierte Austauschsysteme und Handelsnetzwerke schließen lässt.
Fernwaffen der Bandkeramiker
Effektive Jagdtechniken mit Speer, Pfeil und Bogen
Die Bandkeramiker nutzten Fernwaffen wie Pfeil und Bogen, die sowohl bei der Jagd als auch in Konfliktsituationen eine wichtige Rolle spielten. Dabei kam Hornstein, insbesondere Flint, als bevorzugtes Material für die Herstellung von Pfeilspitzen zum Einsatz. Archäologische Funde, beispielsweise im Feuersteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen, belegen, dass der dort gewonnene Hornstein vor allem in der späten Bandkeramik weit verbreitet und geschätzt war. Die Pfeilspitzen dieser Zeit waren typischerweise klein, dreieckig im Umriss und wiesen gerade Kanten auf. Die Herstellung dieser Spitzen folgte einem vergleichsweise simplen, aber effektiven Verfahren. Zunächst wurden von einem pyramidalen Kern Klingen abgetrennt, die anschließend gezielt zerbrochen und durch Retusche in ihre endgültige Form gebracht wurden. Trotz dieser handwerklichen Präzision wies das Material einen signifikanten Nachteil auf: die Sprödigkeit. Ein Fehlschuss führte häufig dazu, dass die Flintspitze zersplitterte. Doch gerade diese Eigenschaft konnte auch von Vorteil sein. Bei einem Treffer auf einen Knochen – sei es in der Jagd oder im Kampf – brach die Spitze in scharfkantige Splitter, die tief in das Gewebe eindringen konnten. Diese Splitter waren glatt und scharf und verursachten oft schwere Verletzungen, die nur schwer zu behandeln waren. Die Konstruktion der Pfeile war ebenso durchdacht wie die Pfeilspitzen. Schösslinge des Wolligen Schneeballs (Viburnum lantana) erwiesen sich als ideales Material für die Schäfte. Ihr faseriger Aufbau verlieh ihnen eine hohe Elastizität und Bruchfestigkeit, was entscheidend für die Stabilität und Haltbarkeit der Pfeile war. Durch eine gezielte Verlagerung des Schwerpunkts nach vorne und die aerodynamischen Eigenschaften der Pfeilspitzen erreichten die Bandkeramiker eine bemerkenswerte Treffsicherheit. Der geringe Luftwiderstand ermöglichte zudem eine stabile Flugbahn, was die Effektivität dieser Fernwaffen weiter steigerte.
Fasern, Schnüre und Stoffe der Bandkeramiker
Von pflanzlichen Fasern zu handgefertigten Textilien
Die Nutzung von Fasern, Schnüren und Stoffen war ein integraler Bestandteil des Alltags der bandkeramischen Kulturen. Pflanzen- und Tierfasern dienten als Ausgangsmaterial für verschiedenste Anwendungen, wobei die gewonnenen Materialien in erster Linie auf Zugkraft ausgelegt waren. Schnüre wurden vermutlich aus Bastfasern hergestellt, wie es auch bei anderen neolithischen Kulturen der Fall war. Besonders häufig fand der Bast von Lindenbäumen Verwendung, ein Material, das durch seine Flexibilität und Festigkeit geschätzt wurde. Daneben kamen auch die Baste anderer Bäume infrage, wobei die Fasern je nach Baumart vor der Verarbeitung unterschiedlich lange in Wasser „gerottet“ werden mussten, um sie weich und biegsam zu machen. Stängelfasern von Pflanzen wie Brennnesseln und Lein könnten ebenfalls verarbeitet worden sein, obwohl dies archäologisch bisher nicht eindeutig belegt ist. Diese Pflanzen hätten eine weitere Quelle für robuste und vielseitig einsetzbare Fasern dargestellt. Funde wie die Handspindeln aus Ton, die bei Ausgrabungen in der Siedlung Rosdorf „Mühlengrund“ entdeckt wurden, belegen das Spinnen von Fäden. Diese Spinnwirtel, kleine Scheiben aus Ton, dienten dazu, Fasern zu verdrehen und damit haltbare Fäden herzustellen, die zur Textilproduktion genutzt wurden. Hinweise darauf, dass Nesseln oder Flachsfasern durch Spinnen und Weben zu Stoffen verarbeitet wurden, liefern einzelne archäologische Funde, wenn auch die Belege spärlich sind.
Interessant sind tönerne Figurinen und figürlich gestaltete Gefäße, die anhand von Frisuren, Kopfbedeckungen und Kleidung auf das Geschlecht der dargestellten Personen schließen lassen. Männerfiguren tragen häufig runde Ausschnitte, während Frauen mit spitz zulaufenden Ausschnitten dargestellt werden. Beide Geschlechter scheinen hosenartige Beinkleider und Überwürfe über den getragen zu haben, was einen ersten Einblick in die Bekleidung der bandkeramischen Menschen bietet. Ein besonders bemerkenswerter Fund stammt aus einem Brunnen in Eythra, südlich von Leipzig, wo ein nahezu vollständig erhaltener Beutel aus Rindenbast entdeckt wurde. Dieser Fund, der auf etwa 5200 v. Chr. datiert wird, verdankt seinen exzellenten Erhaltungszustand den konstant feuchten Bedingungen im Grundwasserspiegel. Solche Funde liefern uns nicht nur Hinweise auf die Materialien und Techniken der Herstellung, sondern auch auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von organischen Materialien in der bandkeramischen Kultur.
Haushalts- und Alltagswerkzeuge der Bandkeramiker
Praktische Innovationen für den Alltag der Jungsteinzeit
Die Menschen der bandkeramischen Kultur hinterließen eine Vielzahl von Haushalts- und Alltagsgegenständen, die ihre Lebensweise und handwerklichen Fähigkeiten eindrucksvoll dokumentieren. Ein faszinierender Fund aus der ehemaligen Gemeinde Eythra im Leipziger Land ist eine Tasche aus Rinde, Holz und Bast. Dieses gut erhaltene Artefakt bietet einen seltenen Einblick in die Nutzung organischer Materialien und die Kunstfertigkeit der damaligen Gesellschaft.
Mahlwerkzeuge und Getreideverarbeitung
Das geerntete Getreide der Bandkeramiker wurde in sogenannten Schiebemühlen zu Mehl verarbeitet. Diese einfachen, aber effektiven Geräte bestanden aus zwei übereinanderliegenden Steinen: einem festen Unterlieger und einem beweglichen Oberlieger, auch Läufer genannt. Um das Getreide zu zerkleinern, kniete die bedienende Person vor der Mühle, griff den Läufer und bewegte ihn mit kräftigen Vor- und Rückstößen über den Unterlieger. Diese Tätigkeit war körperlich äußerst fordernd, da sie nicht nur Muskelkraft, sondern auch Ausdauer verlangte. Neben der anstrengenden Arbeit hatte die Nutzung der Schiebemühle einen weiteren Nachteil: Beim Mahlen lösten sich kleine Steinpartikel von den Mahlsteinen, die sich im Mahlgut ablagerten und später mit verzehrt wurden. Dies führte häufig zu einem erhöhten Zahnabrieb, der bei archäologischen Untersuchungen an Skeletten der Bandkeramiker festgestellt wurde. Interessanterweise sind Schiebemühlen oft als Grabbeigaben in Gräbern von Frauen dieser Kultur entdeckt worden. Dies deutet darauf hin, dass die Verarbeitung von Getreide überwiegend eine Aufgabe der Frauen war und möglicherweise eine zentrale Rolle in ihrem Alltag spielte. Die Schiebemühle war daher nicht nur ein Werkzeug, sondern auch ein Symbol für die alltägliche Nahrungsproduktion und die harte Arbeit, die damit verbunden war.
Hölzerne Möbel und Geräte
Archäologe Jens Lüning schloss aus Darstellungen auf bandkeramischen Figurinen, dass Möbelstücke wie Bänke und Dreibeinschemel tatsächlich im Alltag der Bandkeramiker genutzt wurden. Auch Haushaltsgeräte aus Holz sind durch Funde belegt. Ein bemerkenswerter Brunnenfund aus Erkelenz-Kückhoven brachte gleich mehrere Gegenstände aus Ahorn- und Eichenholz ans Licht: ein becherförmiges Gefäß mit den Maßen 10,5 × 13 cm, eine Schöpfkelle, eine Kniehacke mit einem zungenförmigen Blatt aus einer Astgabel sowie Fragmente eines harkenförmigen Geräts, das ursprünglich sechs Zinken besaß. Diese Artefakte zeigen, wie vielseitig Holz als Material im Alltag der
Bootsbau der Bandkeramiker
Die flussnahen Siedlungen der Bandkeramiker lassen vermuten, dass sie über grundlegende Kenntnisse im Bootsbau verfügten. Obwohl direkte Nachweise fehlen, legen die handwerklichen Fähigkeiten und die Verfügbarkeit von Baumstämmen nahe, dass sie Einbäume herstellen konnten. Einbäume, die durch das Aushöhlen von Baumstämmen entstanden, wären für den Transport von Menschen und Gütern auf den Flüssen der Region ideal gewesen. Alternativ könnten auch Korb- oder Fellboote zum Einsatz gekommen sein.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie innovativ und vielseitig die Menschen der bandkeramischen Kultur ihre Umwelt nutzten. Sie verbanden praktische Funktionalität mit handwerklichem Geschick und hinterließen Spuren, die bis heute von ihrer außergewöhnlichen Lebensweise zeugen.
Feuererzeugung bei den Bandkeramikern
Techniken und Werkzeuge zur Erzeugung von Wärme und Licht
Die Menschen der bandkeramischen Kultur verfügten über ausgeklügelte Techniken, um Feuer zu entzünden, und setzten dabei hauptsächlich auf Schlagfeuerzeuge, eine Methode, die durch Perkussion und nicht durch Reibung (Friktion) funktionierte. Dieses Verfahren erforderte drei wesentliche Bestandteile: einen Funkenspender, einen Funkenlöser und einen Funkenfänger.
- Funkenspender: Als Funkenspender wurde feinkristalliner Schwefelkies, wie Pyrit oder Markasit, verwendet. Dieser mineralische Bestandteil war entscheidend, da er bei Schlagenergie Funken erzeugte, die für die Zündung notwendig waren.
- Funkenlöser: Der Funkenlöser bestand aus hartem Kieselgestein wie Feuerstein, Hornstein oder Quarzit. Beim Schlagen des Feuersteins auf den Schwefelkies entstanden durch die Reibung und Schlagenergie die benötigten Funken.
- Funkenfänger: Der Funkenfänger war ein leicht entflammbares Material, meistens Zunder aus einem Zunderschwamm (Fomes fomentarius). Alternativ fanden auch Baumschwämme wie der Birkenporling (Piptoporus betulinus) Verwendung, die ähnliche zündfähige Eigenschaften aufwiesen.
Die Standardmethode des Feuerentzündens, das sogenannte „Schwefelkies-Feuerzeug“, ist durch zahlreiche archäologische Funde aus der bandkeramischen Kultur belegt. Auch als „Markasit-Feuerzeuge“ bekannt, wurde bei dieser Technik ein Stück Pyrit oder Markasit entweder mit einem anderen Pyritstück oder einem Feuerstein geschlagen. Die dabei entstehenden Funken, die aufgrund des Schwefelgehalts des Pyrits besonders heiß und energiereich sind, fielen auf den vorbereiteten Zunder. Dieser Zunder fing die Funken auf und begann zu glimmen, wodurch das eigentliche Feuer entfacht werden konnte. Neben dem Zunderschwamm erwiesen sich auch andere pflanzliche Materialien als nützlich. Der Birkenporling, ein auf Birken wachsender Baumpilz, war eine besonders wertvolle Ressource. Durch seine faserige Struktur und Zündfähigkeit eignete er sich hervorragend als Zundermaterial. Diese Technik zeigt, wie raffiniert und durchdacht die Methoden der bandkeramischen Menschen waren. Ihre Fähigkeit, die Eigenschaften natürlicher Materialien gezielt zu nutzen, verdeutlicht ihre Anpassungsfähigkeit und ihr technisches Geschick. Das Feuerentzünden mit Schlagfeuerzeugen war nicht nur ein notwendiger Bestandteil des täglichen Lebens, sondern auch ein Beweis für ihr umfassendes Wissen über die Ressourcen ihrer Umwelt.
Herstellung und Besonderheiten der bandkeramischen Keramik
Die Herstellungstechniken und einzigartigen Merkmale der bandkeramischen Keramik
Die Herstellung von Keramiken war in der Linearbandkeramischen Kultur ein aufwändiger Prozess, der sowohl technisches Wissen als auch handwerkliches Geschick erforderte. Diese Gefäße wurden aus Tonmineralen gefertigt und in sogenannten „offenen Feldbränden“ gehärtet – eine Methode, die auf die Nutzung einfacher Grubenöfen zurückgreift und dennoch beeindruckend widerstandsfähige und vielseitige Keramiken hervorbrachte.
Der Brennprozess und die Technik der Grubenöfen
Die Grubenöfen wurden unterhalb der Erdoberfläche angelegt. Dabei grub man den Feuerraum direkt aus dem Bodenmaterial heraus. Die zuvor an der Luft getrockneten Tonobjekte wurden sorgfältig in der Grube angeordnet, entweder gestapelt oder nebeneinander gelegt. Der Wärmeeintrag erfolgte zunächst durch um die Keramik herum angehäufte Holzscheite, die kontrolliert verbrannten. Sobald die Keramiken eine gleichmäßige Temperatur erreicht hatten, wurde die Grube komplett abgedeckt, um einen Reduktionsbrand zu ermöglichen. Dieser Prozess, der etwa 5–6 Stunden dauerte, erreichte Temperaturen von bis zu 800 °C. Ab einer Temperatur von 600 °C gilt Ton per Definition als „gebrannt“, was ihn deutlich widerstandsfähiger und funktional machte. Die Hitze war ausreichend, um die Gefäße stabil und langlebig zu machen, auch wenn die Grubenöfen keine extrem hohen Temperaturen wie moderne Brennöfen erreichten.
Oberflächenbearbeitung und Farbgebung
Vor dem Brand wurden die Oberflächen der Gefäße durch das Auftragen von Tonanguss geglättet. Die fertigen Keramiken zeigten eine breite Palette an Farbnuancen, von gelblich-grau und beige über rotbraun bis hin zu hellgrau und tiefschwarz. Diese Farbvariationen waren ein Ergebnis der Brandbedingungen:
- Oxidierende Brennatmosphäre: Führte zu helleren, rötlichen Farbtönen.
- Reduzierende Brennatmosphäre: Erzeugte dunklere bis schwarze Farbverläufe.
Ungleichmäßige Farbgebung und fleckige Muster auf den Scherben weisen auf lokale Temperaturschwankungen während des Brandes hin, was bei dieser offenen Technik unvermeidlich war. Die Gefäße waren nicht nur stabil, sondern auch funktional gestaltet. Viele Exemplare waren mit Knubben, Ösen oder Grifflappen versehen, die vermutlich dazu dienten, Schnüre zu befestigen. Diese praktischen Details deuten darauf hin, dass die Gefäße sowohl für den Transport als auch für die Lagerung genutzt wurden.
Arbeitsteilung und Herstellung
Ob die Herstellung von Keramiken geschlechtsspezifisch aufgeteilt war, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. Ethnographische Studien legen jedoch nahe, dass auch in der bandkeramischen Kultur eine solche Arbeitsteilung existiert haben könnte.
Der Prozess umfasste mehrere Schritte:
- Rohstoffgewinnung: Die Gewinnung und der Transport von Ton waren körperlich anspruchsvolle Aufgaben, die Kraft und Ausdauer erforderten.
- Aufbereitung: Die Rohmaterialien wurden zu einer formbaren Masse aufbereitet.
- Formung: Die Gefäße wurden von Hand geformt, getrocknet und in einem lederharten Zustand verziert.
- Brandvorbereitung und Brennen: Der Feldbrand erforderte viel Erfahrung, sowohl beim Anlegen der Gruben als auch beim Überwachen des Brennprozesses.
Während die körperlich schweren Arbeiten wie der Transport und das Anlegen der Brenngruben möglicherweise von Männern ausgeführt wurden, könnten Tätigkeiten, die handwerkliches Geschick und künstlerische Fähigkeiten erforderten, von Frauen übernommen worden sein.
Formen und Stilphasen der bandkeramischen Keramik
Ästhetik und Wandel in Ton
Die Keramik der Bandkeramiker zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Vielfalt an Formen und stilistischen Entwicklungen aus, die über die Jahrhunderte hinweg verschiedene Phasen durchlief. Diese Objekte sind nicht nur funktionale Alltagsgegenstände, sondern auch Zeugnisse der handwerklichen und kulturellen Entwicklung dieser frühen bäuerlichen Gesellschaft. Die Vielfalt der Formen und Verzierungen sowie die regionale Differenzierung der Stile spiegeln nicht nur technische Fortschritte wider, sondern auch die sozialen und kulturellen Strukturen der Bandkeramiker. Die Keramik war mehr als ein Gebrauchsgegenstand – sie symbolisierte Identität, Status und kulturelle Zugehörigkeit innerhalb dieser frühen bäuerlichen Gesellschaften.
Standardformen der
Bandkeramik
Zu den Standardformen der bandkeramischen Keramik zählen:
- Kumpf: Ein kugel- bis birnenförmiges Gefäß, oft mit kurzem Hals und breitem Rand.
- Flasche: Schlankere Gefäße, die als Transport- oder Lagerbehälter dienten.
- Butte: Eine spezielle Flaschenform mit fünf Querhenkeln, die als Tragehilfe dienten.
- Schale: Offene Gefäße, vermutlich für die Zubereitung oder das Servieren von Speisen genutzt.
Die Ähnlichkeit zur Keramik der danubischen Starčevo-Kultur ist auffällig und verweist auf kulturelle Verbindungen und Einflüsse entlang der Donau.
Stilphasen der
Bandkeramik
Die Entwicklung der Keramik wird in zwei Hauptphasen unterteilt:
- Ältere Bandkeramik (5700–5300 v. Chr.):
Diese Gefäße waren dickwandig und durch organische Zusätze gemagert, die ihre Stabilität erhöhten. - Jüngere Bandkeramik (5300–4900 v. Chr.):
Hier entwickelte sich eine stilistische Vielfalt, die sich regional in verschiedene Unterstile gliederte, darunter:- Rubané du Nord-Ouest
- Rubané de l’Alsace
- Rubané du Neckar
- Rubané du Sud-Ouest
Herstellungstechnik der Bandkeramik
Die Herstellung erfolgte ohne die Nutzung einer rotierenden Töpferscheibe. Stattdessen wurde Ton in spiralförmig geschichteten Streifen aufgebaut, wobei die Übergänge sorgfältig verstrichen wurden, um Stabilität zu gewährleisten.
Es wird zwischen verzierten und unverzierten Gefäßen unterschieden:
- Unverzierte Keramiken:
Diese Gefäße waren meist grob gefertigt, dickwandig und dienten als robuste Vorratsbehälter. Obwohl sie „unverziert“ genannt werden, finden sich oft einfache Randmuster oder andere funktionale Verzierungen. - Verzierte Keramiken:
Vor allem Kümpfe aus feinem Ton wurden aufwändig verziert. Ihre dünnen Wände zeugen von hoher Handwerkskunst.
Die Verzierungsmuster umfassten häufig Bänder, Linien oder geometrische Formen, die den typischen „bandkeramischen“ Stil prägten.
Kunstvolle Linien im Ton
Die kunstvolle Verzierung der bandkeramischen Keramiken und ihre kulturelle Bedeutung
Die Verzierung bandkeramischer Keramiken ist ein faszinierendes Element dieser frühbäuerlichen Kultur und spiegelt sowohl handwerkliches Geschick als auch symbolische Bedeutung wider. Die charakteristischen Parallelbänder, die dieser Kultur ihren Namen verliehen, wurden mit präzisen Ritzungen, Stichen und Rillungen in den noch weichen Ton eingearbeitet und anschließend durch das Brennen fixiert. Diese linearen Muster umschlossen die Gefäße oft in durchgehenden, rhythmischen Mustern. Zwischen diesen Bändern entstanden sogenannte Zwickelmotive, die die leeren Flächen kreativ füllten. Ein Beispiel hierfür sind die drei waagerechten Linien auf einem Kumpf, die als dekoratives wie auch symbolisches Element gedeutet werden können. Vermutlich dienten diese Verzierungen nicht nur der Ästhetik, sondern hatten eine tiefere soziale oder kulturelle Funktion. Sie könnten Zugehörigkeiten innerhalb sozialer Gruppen ausgedrückt oder als Identifikationsmerkmal gedient haben.
Ein wichtiger Beitrag zur Erforschung dieser Verzierungen stammt aus dem seit 1973 laufenden Projekt „Siedlungsarchäologie der Aldenhovener Platte“ (SAP) im Rheinland. Dieses Projekt führte zur Erstellung eines detaillierten Merkmalskatalogs, der die systematische Erfassung und Bearbeitung der Keramiken ermöglicht. Diese Sammlung wurde in jüngerer Zeit von der AG Merkmalskatalog aktualisiert und online zugänglich gemacht, wodurch die wissenschaftliche Analyse der Keramikverzierungen erheblich erleichtert wurde.
Die Vielfalt der Muster und Motive dieser Epoche ist beeindruckend. Typische Verzierungen umfassen eingeritzte, gestochen oder reliefartig ausgearbeitete Muster, ergänzt durch Spiralen, Wellenlinien, Bögen und geometrische Zwickelmotive. Darüber hinaus finden sich Mäander, Winkelmuster, Zickzackreihen, kurze Striche, Kerben, Kreuze und Dreiecksreihen. Einige Motive wirken beinahe lebendig, wie beispielsweise die flügelartigen Muster, die auf besondere handwerkliche und kreative Fähigkeiten hinweisen. In der jüngeren Phase, bekannt als Zseliz-Ware, treten zudem tierkopfförmige Griffknubben auf, wie sie etwa in Draßburg im Burgenland gefunden wurden. Diese kunstvoll gearbeiteten Details erweitern das Spektrum der Verzierungen und zeigen, wie sich die Keramik über die Zeit hinweg weiterentwickelte.
Schmuck und künstlerische Darstellungen der Bandkeramiker
Ästhetik und Symbolik in der frühneolithischen Gesellschaft
Die Bandkeramiker nutzten die außergewöhnlichen Muschelschalen der Stachelauster, bekannt unter dem wissenschaftlichen Namen Spondylus gaederopus und volkstümlich auch als Lazarusklapper bezeichnet. Diese Meeresbewohner kommen in den Gewässern des Schwarzen Meeres, des Mittelmeeres und des angrenzenden Atlantiks vor. Aus den Schalen dieser Muscheln fertigten die Menschen der bandkeramischen Kultur eine Vielzahl beeindruckender Schmuckstücke. Besonders hervorzuheben sind kunstvoll gearbeitete Armringe, dekorative Gürtelschnallen sowie filigrane Anhänger, die sowohl ästhetischen als auch symbolischen Wert besaßen. Diese Artefakte wurden häufig in Gräberfeldern entdeckt, was auf ihre Bedeutung als Statussymbole oder rituelle Objekte hindeutet. Zwei herausragende Fundorte, die solche Stücke ans Licht brachten, sind Aiterhofen-Ödmühle in Bayern und Vedřovice in Mähren.
Die weit im Binnenland gelegenen Fundplätze dieser wertvollen Schmuckstücke erzählen von weitreichenden Handels- und Austauschbeziehungen, die die Menschen der Bandkeramikzeit über große Entfernungen hinweg unterhielten. Die Existenz von Spondylus-Schmuck im Herzen Europas zeugt von einem hochentwickelten Netzwerk, das nicht nur materielle Güter, sondern auch kulturelle Ideen und Techniken zwischen den Küstenregionen und den Siedlungen im Binnenland transportierte.
Die anthropomorphe Plastik der Bandkeramiker
Menschendarstellungen als Ausdruck kultureller Identität und Spiritualität
Die anthropomorphe Plastik der Bandkeramiker ist ein faszinierender Aspekt ihrer Kultur und zeugt von einer tiefen symbolischen und möglicherweise kultischen Bedeutung. Typische Artefakte umfassen Tonfigurinen von Menschen, Tieren sowie Mischwesen aus beiden Kategorien, ergänzt durch figürlich gestaltete Gefäße. Auffallend ist, dass diese Plastiken niemals in Gräbern, sondern ausschließlich im Siedlungsbereich gefunden wurden. Ein weiterer Hinweis auf ihre besondere Nutzung ist die Tatsache, dass viele dieser Stücke absichtlich zerstört wurden. Dies lässt sich daran erkennen, dass die Brüche nicht an den typischen Schwachstellen des Materials entstanden, sondern gezielt an Körperpartien wie dem Torso vorgenommen wurden. Spuren von Hieben, die an manchen Figuren zu finden sind, verstärken diese Vermutung. Bereits die ältesten Bandkeramiker schufen eine erstaunliche Vielfalt anthropomorpher Darstellungen. Hierbei handelte es sich um Voll- und Hohlplastiken, eingeritzte menschliche Motive sowie figürliche Funde aus Knochen.
Die Plastiken, deren Gestaltung oft als stereotyp gilt, lassen sich auf die Starčevo-Kultur zurückführen, aus der die bandkeramische Kultur hervorging. Diese Darstellungsformen begleiteten die Ausbreitung der Bandkeramik nach Mitteleuropa und konzentrierten sich vor allem auf das Siedlungsgebiet der ältesten Bandkeramik, insbesondere in Regionen wie Ostdeutschland, Österreich-Slowakei und dem mainfränkisch-hessischen Raum. Insgesamt sind etwa 160 Bruchstücke bekannt, verteilt auf mehr als 120 Fundorte, was sie zu vergleichsweise seltenen Funden macht. Die figuralen Kleinplastiken aus Ton zeichnen sich durch geringe Größe und eine detailreiche Verarbeitung aus. Typische Merkmale umfassen runde Augenhöhlen, geometrische Verzierungselemente wie ineinander gestellte Winkel, seitlich gestemmte Arme und bei manchen Statuetten kunstvoll gestaltete Lockenfrisuren.
Während westliche mittelneolithische Kulturgruppen wie die Großgartacher oder Rössener Kultur keine anthropomorphen Plastiken hinterließen, existieren solche Darstellungen in der östlichen Lengyel-Kultur in erstaunlicher Vielfalt und Anzahl. Besonders bemerkenswert sind sitzende, reich verzierte Plastiken der älteren LBK, wie jene von Maiersch, die oft keine klar erkennbaren Geschlechtsmerkmale aufweisen. Jens Lüning deutete die Ritzverzierungen dieser Figuren als Kleidung, da sie gelegentlich Gürteldarstellungen und Halsausschnitte zeigen. Hermann Maurer hingegen vertrat die These, dass einige Ornamente an Skelettdarstellungen erinnern, die er als Teil eines kulturübergreifenden „Röntgenstils“ interpretierte. Ein außergewöhnlicher Fund ist der „Adonis von Zschernitz“, ein Bruchstück aus der mittleren bis jüngeren LBK, das zusammen mit der Plastik aus Brunn-Wolfsholz als älteste männliche Darstellung der Bandkeramiker gilt. Dieter Kaufmann vermutete, dass diese Figuren bewusst zerstört wurden und möglicherweise als Substitutopfer dienten. Diese Theorie wird dadurch gestützt, dass Brüche nicht nur an mechanisch anfälligen Stellen wie Armen oder Beinen, sondern auch am Rumpf auftraten, wie beim erwähnten „Adonis von Zschernitz“. Alle Plastiken, die nicht als Lesefunde entdeckt wurden, stammen aus Haus- oder Siedlungsgruben, was auf eine kultische oder rituelle Bedeutung im häuslichen Kontext hindeutet.
Figuralgefäße der Bandkeramiker
Kunstvolle Keramik als Spiegel von Ritualen und Alltagsleben
Figuralgefäße stellen eine besonders interessante Form der Keramik dar, da sie die Grenze zwischen Funktionalität und symbolischer Bedeutung überschreiten. Neben anthropomorphen und zoomorphen Plastiken fanden auch Gefäße mit menschen- und tierförmigen Darstellungen Eingang in die Welt der Linearbandkeramik. Diese kunstvoll gestalteten Gefäße illustrieren die kreative Vielseitigkeit und symbolische Tiefe dieser frühen Kultur. Ein bemerkenswertes Beispiel sind flaschenförmige Gefäße aus der älteren Linearbandkeramik, die in Fundorten wie Ulrichskirchen und Gneidingen entdeckt wurden. Diese Stücke sind nicht nur funktionale Behältnisse, sondern auch Träger künstlerischer Gestaltung. Einige dieser Keramiken zeigen Gesichtsdarstellungen, die durch sorgfältig modellierte Details auffallen. Andere hingegen überraschen mit anthropomorphen Elementen wie menschlichen Füßen, die den Gefäßen als Standbasis dienen. Die Figuralgefäße könnten mehr als nur praktische Objekte gewesen sein; ihre ungewöhnlichen Formen und dekorativen Elemente deuten darauf hin, dass sie möglicherweise rituelle oder symbolische Bedeutungen hatten. Sie verkörpern die Verbindung von Alltag und Spiritualität und geben einen faszinierenden Einblick in die Weltanschauung und das künstlerische Können der Bandkeramiker.
Kleidung, Kopfbedeckungen und Haartrachten der Bandkeramiker
Rekonstruktion des textilen Inventars durch archäologische Funde und Statuetten
Die figürlich-anthropomorphen Darstellungen aus Ton liefern bemerkenswerte Einblicke in das textile Inventar, die Haartrachten und Kopfbedeckungen der Linearbandkeramiker. Für Jens Lüning (2005, 2006) stellen diese Statuetten, die oft zwischen 10 und 35 cm hoch sind und vermutlich im Ahnenkult eine zentrale Rolle spielten, eine wichtige Quelle dar, um Kleidung und Frisuren dieser frühen Kultur zu rekonstruieren. Die Darstellungen zeugen von einer bemerkenswerten Vielfalt und bieten faszinierende Hinweise auf die materielle Kultur der damaligen Zeit. Die Kleidung der Bandkeramiker wurde vermutlich aus Fasern wie Flachs oder Lein sowie wollartigen Materialien gefertigt, wie Funde von Spinnwirteln und Webgewichten in Siedlungen dieser Epoche nahelegen. Weiterhin gibt es direkte Hinweise auf textile Verarbeitung, etwa durch grobe und feine Geflechte aus bandkeramischen Brunnen sowie einen Abdruck eines Leinengewebes auf einem Lehmbrocken aus Hesserode in Nordhessen.
Solche Funde verdeutlichen, dass Textilherstellung und –verarbeitung eine wichtige Rolle spielten. Besonders die männlichen Tonfiguren bieten eine beeindruckende Vielfalt an Kopfbedeckungen, die aus Leder, Geflechten, Leinen oder Filz bestanden haben könnten – möglicherweise auch aus Kombinationen dieser Materialien. Diese Details lassen vermuten, dass Kopfbedeckungen nicht nur praktischen, sondern auch symbolischen Zwecken dienten. Auch die Haartrachten wurden in beeindruckender Vielfalt dargestellt und geben Aufschluss über die möglichen Frisuren der Bandkeramiker. Zu den identifizierten Varianten zählen die „Oberkopf-Lockenfrisuren“, bei denen die Locken auf dem oberen Kopfbereich angeordnet sind, und die „Hinterkopf-Lockenfrisuren“, bei denen die Haare am Hinterkopf lockig und am Vorderkopf glatt sind. Weitere Stile umfassen die „Zopffrisur mit Haarkranz“, die „Bänderhaubenfrisur“, bei der ein Band die Haare vom Stirn-Oberkopfbereich zum Nacken teilt, die „Schneckenhaubenfrisur“ sowie die „Ährenfrisur“, die an cornrows erinnert. Ob diese Frisuren jedoch tatsächlich den Alltag widerspiegeln, bleibt eine offene Frage. Die reiche Symbolik auf den Tonfiguren, die Variationen in Haartrachten und Kopfbedeckungen sowie die unterschiedlichen Muster auf der dargestellten Kleidung deuten darauf hin, dass diese Darstellungen soziale Funktionen erfüllten. Es ist wahrscheinlich, dass sie als Kennzeichen für Zugehörigkeiten zu Familien, Lineages oder Clans dienten. Die Bandkeramiker nutzten somit ihre materielle Kultur, um nicht nur ihre handwerkliche Kunstfertigkeit, sondern auch ihre soziale und symbolische Welt widerzuspiegeln.
Gräber und Spiritualität der Bandkeramiker
Zeugnisse eines frühen Glaubenssystems und Bestattungskultur
Die linearbandkeramische Kultur, eine der frühesten neolithischen Gesellschaften Mitteleuropas, hinterließ keine schriftlichen Zeugnisse ihrer Glaubensvorstellungen oder ihres spirituellen Weltbildes. Dennoch wird angenommen, dass diese schriftlose Kultur über eine reiche mündliche Tradition verfügte, bestehend aus Erzählungen, Mythen und mündlicher Literatur, die jedoch nicht direkt überliefert sind. Für die moderne Wissenschaft bleibt daher nur die Analyse materieller Hinterlassenschaften, um Einblicke in ihre religiösen und rituellen Praktiken zu gewinnen. Die Interpretation der Glaubensvorstellungen basiert zwangsläufig auf hypothetischen Annahmen, die auf archäologischen Funden und Ausgrabungsberichten beruhen. Besonders die Bestattungspraktiken der Bandkeramiker liefern Hinweise auf mögliche spirituelle Überzeugungen. Eine wiederkehrende Regelmäßigkeit in der Orientierung der Gräber könnte beispielsweise darauf hinweisen, dass diese in einem symbolischen Zusammenhang mit den Himmelsrichtungen oder dem Lauf der Sonne standen. Solche Muster könnten als Ausdruck einer kosmologischen Ordnung oder als Teil eines spirituellen Weltbildes verstanden werden, bei dem die Sonne eine zentrale Rolle spielte. Die materielle Kultur der Bandkeramiker, einschließlich ihrer Gräber, rituellen Objekte und Siedlungsfunde, dient als Schlüssel zur Rekonstruktion ihrer symbolischen Welt. Ob die Orientierung der Gräber in bestimmten Himmelsrichtungen oder andere Konstanzmerkmale ein tieferes spirituelles Verständnis reflektieren, bleibt eine Frage der Interpretation. Fest steht jedoch, dass diese Kultur ihre Welt durch Symbole und Rituale verstand und gestaltete, deren Bedeutung wir heute nur ansatzweise entschlüsseln können.
Umgang mit den Toten bei den Bandkeramikern
Bestattungsrituale und Einblicke in die frühneolithische Spiritualität
Die Linienbandkeramiker praktizierten verschiedene Bestattungsformen, darunter Brandbestattungen sowie Teil- und Körperbestattungen. Diese fanden an unterschiedlichen Orten statt, wie Gräberfeldern, innerhalb von Siedlungen oder an speziellen Plätzen. Archäologische Funde belegen sowohl Einzel- als auch Kollektivbestattungen, wobei beide Varianten manchmal sogar auf ein und demselben Gräberfeld vorkamen.
Der Umgang mit den Toten in der linearbandkeramischen Kultur zeigt eine bemerkenswerte Vielfalt an rituellen und symbolischen Handlungen, die auf komplexe Begräbnisrituale und möglicherweise auch auf einen entwickelten Totenkult hinweisen. Im Mittelpunkt dieser Rituale stand der Verstorbene, umgeben von kollektiven Aktionen, die ihm auf unterschiedliche Weise zugutekommen sollten. Ein Großteil der Bestattungen erfolgte in Gräberfeldern außerhalb der Siedlungsbereiche (extramural), ein Hinweis auf eine klare räumliche Trennung zwischen dem Lebens- und Totenbereich. Häufig wurde pro Grab nur ein einzelner Verstorbener beigesetzt. Dabei war der Leichnam in der Regel in der sogenannten Hockerlage auf der linken Körperseite positioniert, wobei die Blickrichtung oft gen Osten oder Süden ausgerichtet war. Die Längsachse des Grabes folgte meist einer Nordost-Südwest-Orientierung, wobei die generelle Grabausrichtung Ost-West ein symbolischer Bezug zur Sonne oder den Himmelsrichtungen vermuten lässt. Die Ausstattung der Gräber mit Beigaben zeigt geschlechtsspezifische Unterschiede. Schmuckstücke wie Ketten, Armringe und Gürtelschließen aus Materialien wie Stein, Knochen oder Muscheln – darunter die weit gehandelte Stachelauster (Spondylus gaederopus) – begleiteten die Toten. Auch Perlen aus Schnecken, die vor allem im Donauraum verbreitet waren, wurden häufig gefunden, beispielsweise im großen Gräberfeld von Aiterhofen-Ödmühle in Bayern. Weitere Beigaben umfassten Mahlsteine, Pfeilspitzen, Keramiken sowie Werkzeuge und Schmuck. Besonders erwähnenswert sind Knochenknebel im Hüft- und Beinbereich, deren Funktion bislang ungeklärt ist.
Variationen in den Bestattungsformen
Neben den klassischen Hockergräbern existierten auch andere Formen der Grablegung. Einige Funde, wie die aus der Grabenanlage von Herxheim, deuten auf Sekundärbestattungen hin. Dort fehlten bei den Skeletten häufig Hand- und Fußwurzelknochen, was auf gezielte Entnahme oder spätere Bearbeitung hinweist. Zerbrochene Tongefäße mit Bandmustern aus weit entfernten Siedlungsgebieten sowie Isotopenanalysen von Zahnschmelz, die auf nicht-bandkeramische Herkunft schließen lassen, belegen weite Handels- und Kontaktzonen. Interessanterweise zeigen einige menschliche Knochen aus Herxheim Schnittspuren, die an die Bearbeitung von Schlachtvieh erinnern, was Raum für Spekulationen über mögliche rituelle Handlungen oder Kannibalismus lässt. Ähnlich umstritten sind die Funde aus der Jungfernhöhle bei Tiefenellern. Die dort entdeckten, stark fragmentierten Knochen wurden zunächst als Hinweis auf Kannibalismus interpretiert. Spätere Untersuchungen sprechen jedoch eher für eine Sekundärbestattung, bei der die Überreste nach einer ersten Zersetzung umgebettet wurden. Eine 2021 veröffentlichte Studie analysierte Grabbeigaben aus der Zeit vor etwa 7500 bis 7000 Jahren (cal BP) in 621 Gräbern. Dabei zeigte sich, dass Männer typischerweise mit Steinwerkzeugen bestattet wurden, die für Tätigkeiten wie Holzarbeiten, Jagd oder Tierzerlegung geeignet waren, während Frauen Werkzeuge erhielten, die primär zur Bearbeitung von Tierhäuten dienten. Diese Unterschiede deuten auf eine klare Arbeitsteilung innerhalb der Gesellschaft hin, die auch im Tod symbolisch bewahrt wurde.
Toten- und Opferrituale der Bandkeramiker
Die Bedeutung der Graborientierung und rituellen Praktiken
Die Toten- und Opferrituale der linearbandkeramischen Kultur zeigen eine bemerkenswerte Vielfalt und Tiefe, die auf differenzierte soziale Strukturen, symbolische Praktiken und möglicherweise spirituelle Weltbilder hinweisen. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte dieser Rituale zusammengefasst:
Vier Stufen der Rituale nach Norbert Nieszery (1995):
- Prothesis und Kulthandlungen am offenen Grab:
- Streuen von Farbpigmenten (z. B. Rötel), Feueropfer und das Zerscherben von Tongefäßen als rituelle Akte.
- Manipulation am Leichnam oder an Skeletten:
- Exhumierungen und Leergräber weisen auf sekundäre Bestattungsformen hin.
- Endgültige Deponierung und häuslicher Kult:
- Archäologisch schwer nachweisbar, möglicherweise eine symbolische Übergabe an einen Jenseitsbereich.
- Grablegung und Deponierungen:
- Diese schließt auch rituelle Bauopfer ein, bei denen Gegenstände oder Substanzen als Weihegaben dienten.
Graborientierung und Beisetzungspraktiken
- Orientierung: Die Toten wurden üblicherweise in linksseitiger Hockerlage beigesetzt, meist in Ost-West-Ausrichtung mit Blick nach Süden. Diese einheitliche Orientierung könnte auf astronomische oder kosmologische Vorstellungen hindeuten.
- Varianz: Neben der Hockerbestattung gab es auch Rückenbestattungen und Brandbestattungen, jedoch seltener. Verbrannte Überreste wurden in Gruben deponiert.
Grabbeigaben und soziale Differenzierung
Die Ausstattung der Gräber zeigt deutliche Unterschiede:
- Frauen und Kinder: Hauptsächlich Keramiken und Schmuckstücke, oft aus Spondylusmuscheln.
- Männer: Größere Vielfalt an Beigaben, darunter Werkzeuge, Waffen, Speisebeigaben und Gegenstände wie Feuerschläger oder Schmuck mit Prestigecharakter.
- Reich ausgestattete Gräber: Enthielten Rötelpackungen, Dechsel, Spondylus- und Quarzitperlen sowie Knochenknebel. Der Spondylusmuschelschmuck könnte magisch-spirituelle Funktionen gehabt haben und auf rituelle Spezialisten hindeuten.
Rötelfarbstoff als rituelles
Element
- Rötel wurde vielfach in den Gräbern gefunden, oft als Streuung, zur Einfärbung von Toten oder als Füllung von Gefäßen.
- Reiche Gräber weisen eine stärkere Präsenz von Rötel auf, was auf seinen symbolischen und möglicherweise spirituellen Wert hindeutet.
Besondere Fundorte und Interpretationen:
- Herxheim:
- Hinweise auf Sekundärbestattungen, zerstörte Tongefäße und mögliche Rituale. Die bearbeiteten Knochen könnten auf rituelle oder gewaltsame Handlungen hinweisen.
- Jungfernhöhle (Bamberg):
- Überreste von mindestens 40 Individuen, vorwiegend Frauen und Kinder, die verstreut und unvollständig waren. Schädelverletzungen und fehlende Zähne könnten auf Sekundärbestattungen oder kultische Rituale hinweisen.
- Massengrab in Halberstadt:
- Dokumentation kollektiver Gewalt: Männer mit spezifischen Schädelverletzungen, vermutlich gezielt getötet, möglicherweise fremder Herkunft. Dies deutet auf soziale Konflikte oder kriegerische Handlungen hin.
Zusammenfassung und Hypothesen:
- Die linearbandkeramische Sepulkralkultur spiegelt eine differenzierte Gesellschaft mit klaren sozialen Rollen und spirituellen Vorstellungen wider.
- Rituale wie die Verwendung von Rötel, die einheitliche Graborientierung und die reichen Grabbeigaben könnten auf eine kosmologische Bedeutung der Bestattungen hinweisen.
- Gewaltfunde wie in Halberstadt oder Herxheim legen nahe, dass die Linearbandkeramiker nicht nur friedliche Siedler, sondern auch in soziale und möglicherweise kriegerische Konflikte involviert waren.
Die außergewöhnlichen Funde von Herxheim und ihre Bedeutung
Hinweise auf Kannibalismus bei den Bandkeramikern
Die Fundstelle Herxheim, eine neolithische Siedlung der Linearbandkeramik (LBK), bietet einen einzigartigen Einblick in die Praktiken und Rituale dieser frühen Kultur. Sie wird von einem doppelten Grabensystem umgeben, dessen Form und Funktion lange Zeit Gegenstand intensiver Forschung waren. Die Gräben, schmale und langgezogene Erdaushebungen, weisen unterschiedliche Querschnittsprofile auf – darunter U-, V- und muldenförmige Varianten. Archäologische Untersuchungen zeigen, dass mehrere dieser Gräben gleichzeitig ausgehoben wurden und sich zu größeren Segmenten zusammenfügen. Doch entgegen früherer Vermutungen handelt es sich bei Herxheim nicht um ein Massengrab infolge kollektiver Gewalt, wie es bei anderen bandkeramischen Fundstellen der Fall ist. Während Fundorte wie Talheim und Schöneck-Kilianstätten durch Massengräber geprägt sind, in denen die Toten durch tödliche Schädelverletzungen oder Pfeile in der Wirbelsäule den Tod fanden, zeigt sich in Herxheim ein anderes Bild. Diese Gewalteinwirkungen, die auf kriegerische Konflikte oder Massaker hindeuten, fehlen hier. Stattdessen scheint Herxheim eine rituelle Funktion erfüllt zu haben, was die Besonderheit dieser Stätte unterstreicht.
Archäologische Spuren von Kannibalismus?
Die Möglichkeit, dass es in Herxheim zu einer Form von Kannibalismus gekommen sein könnte, wurde intensiv diskutiert. Zu den Kriterien, die archäologisch auf Kannibalismus hindeuten könnten, zählen:
- Zertrümmerungen von Knochen, ähnlich der Verarbeitung von Tierknochen.
- Hack- und Schnittspuren, die auf eine gezielte Zerlegung hindeuten.
- Längsspaltungen von Röhrenknochen, vermutlich zur Entnahme des Knochenmarks.
- Beschädigungen am Schädel, die möglicherweise zur Gehirnentnahme dienten.
- Spuren von Feuereinwirkung, die auf eine Behandlung der Knochen ähnlich der von Tierknochen schließen lassen.
Anhand dieser Hinweise könnten zumindest rituelle Handlungen vermutet werden. Die Skelette stammen von frisch Verstorbenen, was darauf hindeutet, dass die Zerlegung der Körper vor Ort erfolgte. Die systematische Art der Schnittspuren deutet auf gezielte Handlungen hin, jedoch bleibt unklar, ob diese tatsächlich mit kannibalischen Praktiken zusammenhingen.
Rituelle oder pragmatische Handlungen?
Falls Kannibalismus stattgefunden haben sollte, stellt sich die Frage nach den Motiven. Archäologen diskutieren verschiedene Erklärungsansätze:
- Nahrungsmangel: Kannibalismus in Extremsituationen, etwa während einer Hungersnot, ist eine Möglichkeit.
- Rituelle oder religiöse Motive: Handlungen könnten spirituell begründet sein, etwa als Teil eines Totenrituals oder zur Demonstration von Macht.
- Krisenbedingte Anpassung: Ein ökologisches Modell würde Kannibalismus als Reaktion auf eine krisenhafte Veränderung des Mensch-Umwelt-Verhältnisses erklären.
- Nicht-ökologische Gründe: Invasionen, Naturkatastrophen oder Epidemien könnten solche Praktiken ausgelöst haben.
Einige Forscher vermuten, dass die Spuren an den Knochen auf eine Sekundärbestattung hindeuten. Dabei könnten die Verstorbenen zunächst an einem anderen Ort gelagert und später umgebettet worden sein. Schäden an den Skeletten könnten Teil eines solchen Rituals sein, ohne dass dies mit Kannibalismus zusammenhängt. Neben Herxheim gibt es nur wenige Fundstellen der Bandkeramik, die Hinweise auf außergewöhnliche Praktiken oder gewaltsame Todesfälle liefern. Dazu gehören die Jungfernhöhle, Halberstadt, Talheim, Kilianstädten und Schletz. Der Fundort Wiederstedt unterscheidet sich dadurch, dass hier ein Massengrab ohne Hinweise auf Gewalt gefunden wurde. Herxheim bleibt eine faszinierende Ausnahme, die weniger durch Gewalt als durch rituelle Praktiken geprägt zu sein scheint. Die endgültige Bedeutung der gefundenen Spuren bleibt jedoch ungewiss und lädt zur weiteren Forschung ein.
Hypothesen zu einem spirituellen System der Bandkeramiker
Zwischen Ritualen, Symbolik und Glaubensvorstellungen der Jungsteinzeit
Wie bei allen Kulturen der Vor- und Frühgeschichte ohne Schriftsprache bleibt unsere Kenntnis über die Weltsicht und spirituellen Vorstellungen der Bandkeramiker begrenzt. Dennoch bieten archäologische Funde wie menschengestaltige Plastiken, Ritzzeichnungen und Grabbeigaben wertvolle Hinweise auf mögliche religiöse Praktiken und Narrationen. Menschengestaltige Plastiken und Ritzzeichnungen aus der bandkeramischen Kultur wurden von der Forschung häufig in den Bereich der Religion und Spiritualität eingeordnet. Diese Darstellungen könnten symbolische oder rituelle Funktionen gehabt haben, die eine Verbindung zwischen der natürlichen und einer angenommenen übernatürlichen Welt herstellen sollten. Fachwissenschaftliche Publikationen, wie etwa die Analysen zu archaischer Spiritualität in systematisierten Religionen, betonen die Bedeutung dieser Objekte in einem möglicherweise spirituellen Kontext. Die Interpretation dieser Funde bleibt jedoch umstritten. Während einige Wissenschaftler die Grabbeigaben als Hinweise auf ein religiös-spirituelles Narrativ werten, stellen andere diese Deutung infrage. Kritiker argumentieren, dass alternative Erklärungen ebenso plausibel sein könnten, etwa profane oder soziale Gründe für die Platzierung von Beigaben in Gräbern.
Narrativ und Gemeinschaft:
Die Perspektive von Clive Gamble
Nach der Theorie des Archäologen Clive Gamble spielte die menschliche Vorstellungskraft eine zentrale Rolle in der Entstehung und Weitergabe von spirituellen Narrativen. Diese Geschichten, so Gamble, verbanden das Diesseits mit einer übernatürlichen Ebene und wurden durch Rituale gestützt. Die Vorstellungskraft half Gemeinschaften, über den unmittelbaren Alltag hinauszudenken und gemeinsame Werte, Ideen und Rituale sprachlich zu vermitteln. Gamble zufolge stärkten diese spirituellen Systeme nicht nur das soziale Gefüge innerhalb einer lokalen Gruppe, sondern ermöglichten auch die Bildung kultureller Identitäten über größere Distanzen hinweg. Dadurch könnten sich größere territoriale Netzwerke entwickelt haben, die auf einer gemeinsamen symbolischen und spirituellen Basis beruhten.
Muttergöttin und Matriarchat: Ideologische und wissenschaftliche Kontroversen
Die Hypothese einer Verehrung der Muttergöttin oder die Idee eines Matriarchats sind in der archäologischen Forschung zur Bandkeramik stark umstritten. Während einige Ansätze diese Konzepte unterstützen, fehlt es oft an überzeugenden Belegen. Die Annahme, dass Frauen eine zentrale Rolle in der religiösen Praxis oder in der Organisation der Gemeinschaft spielten, basiert oft auf ideologisch geprägten Interpretationen, die nicht immer wissenschaftlich untermauert sind. Kritiker dieser Theorien fordern, die zugrunde liegenden Konstrukte kritisch zu hinterfragen und alternative Deutungen in Betracht zu ziehen. Zum Beispiel könnten die langjährigen Wohnstrukturen in den bandkeramischen Langhäusern auch andere Erklärungen zulassen als die einer rein matrilokalen Gesellschaftsform.
Hypothetische Matrilokalität
in Langhäusern
Einige Forscher vermuten, dass die Langhäuser der Bandkeramiker auf eine matrilokale Organisation hindeuten könnten. In dieser hypothetischen Interpretation blieben Frauen über mehrere Generationen hinweg in ihrem mütterlichen Langhaus wohnen, während Männer aus anderen Gemeinschaften hinzukamen. Diese Form der sozialen Organisation würde bedeuten, dass sich die Zugehörigkeit einer Person primär über die mütterliche Linie definierte. Auch diese Hypothese ist jedoch nicht unumstritten. Kritiker argumentieren, dass die Funktion der Langhäuser ebenso gut durch wirtschaftliche oder pragmatische Gründe erklärt werden könnte, beispielsweise als Orte gemeinschaftlicher Arbeit oder Lagerung.
“ Die Deutungen von Funden aus der bandkeramischen Kultur, insbesondere im Hinblick auf spirituelle oder religiöse Systeme, sollten stets mit einer gesunden Skepsis betrachtet werden. Die Vielfalt der Interpretationen – von rituellen Narrativen über matrilokale Gemeinschaften bis hin zur Muttergöttin – zeigt, wie stark archäologische Erkenntnisse von zeitgenössischen Denkmodellen beeinflusst werden. Eine kritische Lesart der wissenschaftlichen Diskussion ist daher unerlässlich, um ideologische Einflüsse von fundierten Hypothesen zu trennen und ein ausgewogenes Bild der bandkeramischen Welt zu gewinnen. „
Der Fruchtbarkeitskult und die Bandkeramiker
Zwischen Beobachtung und Spekulation
Die natürlichen Rhythmen der Jahreszeiten, die mit den wechselnden Wasserständen in Flüssen und dem Lauf der Himmelskörper einhergehen, prägten das Leben der neolithischen Gesellschaften. Dieser stetige Kreislauf des Entstehens und Vergehens spiegelt sich in landwirtschaftlichen Prozessen wie Saat und Ernte sowie in der Fortpflanzung von Haus- und Wildtieren wider. Einige Wissenschaftler sehen hierin die Grundlage für eine religiöse Verehrung der Fruchtbarkeit, die eng mit der neuen Produktionsweise – dem Ackerbau und der Viehhaltung – verknüpft war. Ein gängiges Erklärungsmodell legt nahe, dass die Frau und ihre Gebärfähigkeit als Manifestation von Fruchtbarkeit verehrt wurden. Diese Annahme wird häufig auf bandkeramische Plastiken übertragen, die oft als Darstellungen von Frauen oder Fruchtbarkeitsgöttinnen interpretiert werden. Ernst Carl Gustav Grosse, ein bedeutender Kulturtheoretiker, kategorisierte die Wirtschaftsformen 1896 in fünf Entwicklungsstufen und bezeichnete die Bandkeramiker als Vertreter einer frühen Ackerbaukultur. In diesen Gesellschaften, so Grosse, spielten Frauen eine zentrale Rolle, was sich nicht nur in der Verehrung des Weiblichen, sondern auch in einer matrilokalen Organisation äußerte. Dies impliziert, dass Frauen dauerhaft in den Häusern ihrer Herkunftsfamilie lebten und mehrere Generationen mütterlicherseits gemeinsam eine soziale Einheit bildeten.
Diese weit verbreitete Interpretation wird jedoch nicht von allen Forschern geteilt. Svend Hansen, ein einflussreicher Archäologe, lehnt die Übertragung der Verbindung zwischen Frau und Fruchtbarkeit auf das Neolithikum entschieden ab. Er argumentiert, dass diese Idee vor allem ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts sei und keine archäologische Grundlage im Fundmaterial der Bandkeramiker habe. Hansen sieht insbesondere die Geschlechtszuschreibung der Plastiken kritisch. In vielen Fällen sei das Geschlecht der Statuetten nicht eindeutig bestimmbar, was die gängigen Annahmen über eine weibliche Darstellung in Frage stellt. Nach seiner Einschätzung basieren viele dieser Interpretationen auf spekulativen Interpolationen. Bricht jedoch die Annahme eines weiblichen Geschlechts zusammen, entfällt nach Hansen auch die Grundlage für die Theorie eines Fruchtbarkeitskults um eine Göttin. Hansen betont außerdem, dass es im archäologischen Inventar der Bandkeramiker keine Hinweise auf einen ausgeprägten Kult um eine weibliche Gottheit gibt, der mit Tempelanlagen oder einer organisierten Priesterschaft verbunden gewesen wäre. Diese Vorstellungen seien vielmehr von späteren Kulturen inspiriert und auf das Neolithikum projiziert worden.
“ Die Frage nach einem Fruchtbarkeitskult bleibt somit eine kontroverse Debatte in der archäologischen Forschung. Während einige Wissenschaftler die symbolische Bedeutung weiblicher Darstellungen und die matrilokale Organisation als Hinweise auf eine Verehrung der Fruchtbarkeit sehen, betrachten andere diese Interpretationen als kulturell beeinflusste Konstrukte ohne hinreichende Beweise. Letztlich bleibt es eine Herausforderung, die symbolische Welt der Bandkeramiker jenseits moderner Projektionen zu verstehen und ein differenziertes Bild dieser frühen Gesellschaft zu zeichnen. „
Die Urmutter in der Bandkeramik?
Symbolik und Spekulationen
In den dekorativen Motiven der bandkeramischen Keramik treten stilisierte Figuren mit erhobenen Armen und gespreizten Beinen auffallend häufig auf. Obwohl das Geschlecht dieser Darstellungen meist nicht eindeutig erkennbar ist, interpretierte die Religionswissenschaftlerin Ina Wunn diese 2014 als Frauen in Empfängnis- oder Gebärhaltung. Ihrer Auffassung nach könnten sie ikonografische Darstellungen einer „Urmutter“ sein – ein archetypisches Symbol, das Geburt, Wiedergeburt und Tod vereint. Parallelen zieht sie etwa zu ähnlichen Funden aus Çatalhöyük, wo vergleichbare Darstellungen auf eine zentrale Rolle weiblicher Figuren in der symbolischen Welt dieser Kultur hinweisen. Ob es innerhalb der Bandkeramik einen Kult um eine „Urmutter“ gegeben hat, bleibt jedoch unklar. Wunn selbst räumte 1999 ein, dass die Vorstellung von „Fruchtbarkeitskulten“ für das Neolithikum nicht belegt werden könne. Die Idee, dass sich der Jahreszyklus einer Gottheit – von Geburt über Tod bis Wiedergeburt – in rituellen Dramen widerspiegelte, sei ihrer Meinung nach ein Phänomen viel späterer Kulturen. Für die bandkeramische Zeit fehlen eindeutige archäologische Beweise, die auf solch ausgereifte Kultpraktiken schließen lassen. Neben der „Urmutter“-Interpretation vermutet Wunn, dass andere Frauenplastiken als Darstellungen von Ahnen– oder Schutzgeistern dienten. Einige dieser Figuren könnten sogar als persönliche Amulette genutzt worden sein, die ihre Träger symbolisch schützen oder mit der spirituellen Welt verbinden sollten. Die konkrete Funktion solcher Objekte bleibt jedoch spekulativ, da die Kontextinformationen aus den Fundorten meist begrenzt sind. Die Diskussion um die Urmutter in der Bandkeramik zeigt die Spannweite möglicher Interpretationen, aber auch die Grenzen archäologischer Erkenntnis. Während Ina Wunns Thesen das Potenzial einer symbolischen Deutung aufzeigen, unterstreicht die fehlende Beleglage die Vorsicht, mit der solche Hypothesen behandelt werden müssen. Ob es sich bei den Darstellungen um ikonografische Urmütter, Schutzgeister oder andere Symbole handelt, bleibt letztlich eine offene Frage, die von den bestehenden Funden nicht abschließend beantwortet werden kann.
Ahnenkult in der Bandkeramik
Hypothesen und archäologische Hinweise
Die Interpretation von Plastiken und Ritzzeichnungen als Ahnenfiguren basiert auf der Annahme, dass neolithische Gesellschaften ihren Landbesitz und ihre Gemeinschaft durch die Existenz und Verehrung von Ahnen legitimierten. Ina Wunn (2009) vermutete, dass ein Hauskult mit Ahnenverehrung ein wesentlicher Bestandteil des religiösen Lebens der Bandkeramiker war. Die Praxis der Sekundärbestattungen könnte sowohl den Ahnenkult bezeugen als auch symbolisch den Tod als Übergang und Transformation feiern. Vertreter der Ahnenthese, wie Jens Lüning, stützen ihre Argumente auf folgende archäologische Befunde:
- Funde in Häusern, besonders in der Nähe der Herde:
Die Nähe zu Herden und Wohnbereichen deutet auf einen Zusammenhang zwischen häuslicher Sphäre und Ahnenverehrung hin. Diese Verbindung wird sowohl von Archäologen als auch von Religionswissenschaftlern diskutiert. - Miniaturgefäße mit anthropomorphen Zügen:
Einige Plastiken wurden als Miniaturgefäße identifiziert, die in ethnologischen Kontexten oft mit Speise- und Trankopfern assoziiert werden. Dies könnte auf Opferpraktiken im Rahmen eines Ahnenkults hinweisen. - Maskentragende Plastiken oder maskenhafte Gesichtszüge:
Masken werden häufig mit Ahnenverehrung in Verbindung gebracht. Historische und ethnologische Analogien legen nahe, dass solche Darstellungen rituelle Bedeutung hatten. - Figurinen oder Idole:
Anthropomorphe Figurinen, meist zwischen 10 und 35 cm hoch, könnten Bilder von Ahnen darstellen. In dieser Hypothese spielten sie eine zentrale Rolle in einem möglichen Ahnenkult.
“ Trotz der genannten Hinweise gibt es keine direkten Belege, die eine Ahnenverehrung explizit der bandkeramischen Kultur zuordnen. Die Deutungen basieren auf Analogien und ethnologischen Vergleichen, die zwar plausible Erklärungen liefern, aber keine eindeutigen Beweise darstellen. Masken, Miniaturgefäße oder Figurinen könnten ebenso andere symbolische oder praktische Funktionen gehabt haben. „
Substitutionsopfer in der Linienbandkeramik
Die Deutung von Dieter Kaufmann
Die anthropomorphen Tonstatuetten der Linienbandkeramik könnten laut Dieter Kaufmann (1989, 2002, 2003) als Substitutopfer gedient haben – also als symbolischer Ersatz für tatsächliche Menschenopfer. Diese Interpretation beruht auf einer Analyse von Funden aus der jüngstlinienbandkeramischen Siedlung von Eilsleben, Landkreis Börde, westlich von Magdeburg, und der spezifischen Zeremonien, die diese Statuetten umgaben. In einem Graben eines Erdwerks in Eilsleben wurde das Skelett einer 17- bis 19-jährigen Frau entdeckt, deren extrem gehockte Position auf eine Fesselung der Extremitäten hinweist. Der Kopf der Toten war stark nach hinten gedrückt, was auf eine möglicherweise gewaltsame Opferung deutet. In unmittelbarer Nähe der Leiche wurden folgende Funde gemacht:
- Feuerstelle: Enthielt Holzkohle, kalzinierte Feuersteine und Fragmente von Reibeplatten.
- Kultisch zerbrochene Objekte: Bruchstücke von Reibeplatten und ein Urrindschädel mit Schlagverletzung in der Stirn.
- 14C-Datierung: Holzkohle aus der Feuerstelle ergab ein Datum von 5903±60 BP, was in den Zeitraum 4900–4720 v. Chr. fällt.
Kaufmann deutet diese Anordnung als eine bewusst inszenierte Opferzeremonie, bei der die Leiche einer gefesselten jungen Frau im Mittelpunkt stand, umgeben von rituell zerbrochenen Objekten.
Die anthropomorphen Tonstatuetten, die oft zerbrochen aufgefunden werden, könnten laut Kaufmann symbolische Opfergaben gewesen sein. Auffällig ist, dass die Bruchstellen nicht nur an herstellungsbedingten Schwachstellen (z. B. Kopf, Arme, Beine), sondern auch am Rumpf der Statuetten liegen. Dies deutet auf eine bewusste Zerstörung im Rahmen eines Rituals hin.
- Symbolische Tötung: Die Zerstörung der Statuetten wird als symbolische „Tötung“ interpretiert, die ein tatsächliches Menschenopfer ersetzen sollte.
- Hausopfer: Kaufmann vermutet, dass diese Substitutopfer bei rituellen Zeremonien innerhalb von Familien oder Hausgemeinschaften stattfanden.
Die Reibeplatten, die ebenfalls bewusst zerschlagen wurden, könnten auf das rituelle Zermahlen von Getreide hinweisen, das symbolisch für Leben und Nahrung stand. Der Urrindschädel mit einer Schlagverletzung wird als kultisches Objekt interpretiert, das im Rahmen der Opferzeremonie eine Rolle gespielt haben könnte.
Der Niedergang der Bandkeramischen Kultur
Spuren und Ursachen des kulturellen Wandels in Mitteleuropa
Das Ende der Linienbandkeramischen Kultur markiert einen bedeutenden Wendepunkt im Neolithikum, das in der Saarbrücker Terminologie den Übergang vom Mittel- zum Spätneolithikum beschreibt. Dieser Wandel spiegelt sich vor allem in der Aufspaltung der LBK in kleinere, regional differenzierte Gruppen wider. Die Entwicklung verlief nicht abrupt, sondern war das Ergebnis eines schrittweisen Prozesses, der auf regionalen Dynamiken beruhte. Bereits ab der dritten Stufe der Linienbandkeramik, die als „Jüngere LBK“ bezeichnet wird, lassen sich klar unterscheidbare Untergruppen identifizieren. Diese Untergruppen, die entlang großer Flusssysteme wie Rhein, Donau, Elbe und Oder benannt wurden, zeigen, wie sich die Kultur mit ihrer Ausbreitung über Mitteleuropa an lokale Gegebenheiten anpasste. Die Benennung dieser Gruppen nach den Flüssen unterstreicht die zentrale Rolle, die diese Gewässer in der Besiedlungs- und Lebensweise der Bandkeramiker spielten. Angesichts des enormen geografischen Gebiets, das die LBK ursprünglich umfasste, ist diese regionale Differenzierung kaum überraschend. Die einst homogene Kultur löste sich also in kleinere, spezialisierte Gemeinschaften auf, die jeweils eigene regionale Merkmale entwickelten. Diese Veränderungen markieren das Ende einer Ära und gleichzeitig den Beginn einer neuen Phase in der neolithischen Entwicklung, die von Vielfalt und Anpassung geprägt war.
Mögliche Ursachen
Der Zerfall der Linienbandkeramischen Kultur war ein komplexer Prozess, der auf ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zurückzuführen ist. Ein Anstieg der Temperaturen, bekannt als das Optimum 3 des Holozäns, prägte die klimatischen Bedingungen im atlantischen Raum während dieser Zeit. Obwohl eine langfristige Klimaverschlechterung als Ursache ausgeschlossen werden kann, könnten klimatische Schwankungen mit Trockenphasen dennoch eine bedeutende Rolle gespielt haben. Detlef Gronenborn hob 2007 hervor, dass solche Umweltveränderungen die Lebensbedingungen zum Ende der Bandkeramik erschwert haben könnten. Diese Theorie wird durch Klimaproxydaten gestützt, die auf vorübergehend trockenere Phasen hindeuten. Solche Bedingungen könnten die Menschen dazu gezwungen haben, höhere und niederschlagsreichere Siedlungsgebiete aufzusuchen, was ihre Lebensweise maßgeblich beeinflusste. Ein weiterer Aspekt, der das Ende der Kultur begleitete, waren zunehmende soziale Spannungen. Der Fund in Talheim liefert erschreckende Belege für Gewalt innerhalb der bandkeramischen Gemeinschaften. Hier wurden 18 Erwachsene sowie 16 Kinder und Jugendliche regellos in ein Massengrab geworfen. Das Fehlen von Grabbeigaben und die Ergebnisse anthropologischer Untersuchungen sprechen für ein Massaker: Die Opfer wurden von hinten erschlagen oder mit Pfeilen getötet, vermutlich durch Steinbeile und andere bandkeramische Werkzeuge. Dies deutet darauf hin, dass die Täter ebenfalls Bandkeramiker waren. Ähnliche Funde in Schletz, Herxheim, Kilianstädten und Vaihingen an der Enz stützen die Vermutung, dass Gewalt in diesen Gesellschaften kein Einzelfall war. Der Archäologe Jörg Petrasch schlussfolgerte aus methodenkritischen Analysen, dass solche Massaker regelmäßig, wenn auch selten, vorgekommen sein müssen. Neben Konflikten spielten auch Siedlungs- und Bevölkerungsdynamiken eine Rolle. Die Siedlungsmuster der jüngeren Bandkeramik deuten auf eine zunehmende Fragmentierung hin. Erich Claßen beschrieb das Ende der „rheinischen Bandkeramik“ um 4950 v. Chr. als eine Phase niedriger Besiedlungsdichte, die zu einer teilweisen Wiederbewaldung führte. Diese Entwicklung, als „erste neolithische Krise“ bezeichnet, war weniger das Ergebnis externer Katastrophen als vielmehr eines langwierigen innergesellschaftlichen Wandels. Ein weiterer Faktor war die zunehmende Knappheit von Silex, einem essenziellen Rohstoff für die Werkzeuge der Bandkeramiker. Um 5000 v. Chr. wurden die Lieferketten gestört, was zu Engpässen führte. Hermann Parzinger vermutet, dass das Netzwerk für die Verteilung von Silex, das die Versorgung der Kultur sicherte, aus unbekannten Gründen zusammenbrach. Diese Einschränkungen könnten die Fähigkeit der Gemeinschaften, ihre alltäglichen Bedürfnisse zu decken, erheblich beeinträchtigt haben.
Diskussion der Funde
Die Analyse der Funde aus der Epoche der Linienbandkeramischen Kultur (LBK) offenbart eine bemerkenswerte Bandbreite an sozialen und wirtschaftlichen Dynamiken. Auffällig ist, dass viele Gräberfelder aus der Zeit der LBK keinerlei Spuren von physischen Traumata aufweisen, was auf ein weitgehend friedliches Leben der meisten Individuen schließen lässt. Andererseits dokumentieren Funde aus der Spätphase der LBK eine deutliche Zunahme von Gewaltakten, die offenbar in größerem Ausmaß und mit höherer Frequenz auftraten. Dies wirft die Frage auf, welche Faktoren diesen Wandel ausgelöst haben könnten. Einige Wissenschaftler deuten die Massakergräber dieser Zeit als Anzeichen für den Zerfall einer komplexen Gesellschaft. Die zunehmende Zersiedelung könnte zu einer Ressourcenverknappung geführt haben, die Spannungen und Konflikte über die Verteilung von Land-, Weide- und Ackerflächen auslöste. Diese These wird durch archäologische Befunde gestützt, die zeigen, dass die Entfernungen, über die Feuerstein importiert wurde, zum Ende der LBK deutlich abnahmen. Die Reduktion weitreichender Handelsnetzwerke deutet auf eine Fragmentierung der Verbindungen hin. Gleichzeitig begannen die Gemeinschaften jedoch, lokale Ressourcen intensiver zu nutzen, wie etwa im Feuersteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen. Dieses Beispiel zeigt, dass die Menschen der LBK in der Lage waren, sich an veränderte Bedingungen anzupassen und potenzielle Ressourcenengpässe durch gezielte Maßnahmen abzufedern. Die Nutzung tierischer Ressourcen erfuhr ebenfalls eine Spezialisierung. Während in früheren Phasen Tiere vorwiegend als „lebendige Fleischreserven“ dienten, entwickelte sich in der Hinkelstein-Gruppe eine spezialisierte Rinderzucht. Diese Veränderung spiegelt sich in den reichen Fleischbeigaben wider, die in den Gräbern dieser Gruppe gefunden wurden. Ganze Rinderviertel und größere Mengen an Fleisch deuten darauf hin, dass es in dieser Phase keinen allgemeinen Mangel an tierischen Ressourcen gab. Interessant ist auch der kulturelle Übergang, der sich zwischen der LBK und den nachfolgenden Kulturen vollzog. Vergleiche zwischen den späten LBK-Keramiken und denen der Hinkelstein– und Groß-Gartach-Gruppen sowie der Stichbandkeramik und der Lengyel-Kultur zeigen, dass in vielen Regionen ein bruchloser Übergang stattfand. Besonders fließend verlief dieser in Gebieten, die nahe am Ursprungsgebiet der LBK lagen, wie etwa bei der Lengyel-Kultur. In weiter westlich gelegenen Regionen lassen sich jedoch deutlicher abgegrenzte Nachfolgekulturen beobachten.
Die Erben der Bandkeramiker - Nachfolgende Kulturen
Übergänge, Entwicklungen und neue kulturelle Prägungen in Mitteleuropa
Die Linienbandkeramik (LBK) gilt als die bedeutendste Kultur des mitteleuropäischen Frühneolithikums. Ihr Abschluss markiert gemäß der Chronologie von Jens Lüning den Übergang zum Mittelneolithikum und somit den Beginn einer neuen kulturellen und gesellschaftlichen Epoche. Mit dem Ende der LBK entwickelten sich in verschiedenen Regionen Europas zahlreiche Nachfolgekulturen, die sich teils aus der LBK ableiteten und teils durch den Einfluss benachbarter Kulturen geprägt wurden. In Frankreich formierte sich die Gruppe Villeneuve-Saint Germain, die charakteristische Elemente der LBK aufgriff und weiterentwickelte. Diese Kultur steht exemplarisch für die Anpassung neolithischer Lebensweisen an lokale Gegebenheiten. In Südwest- und Mitteldeutschland bildete sich ein Kulturkomplex aus, der unter den Bezeichnungen Hinkelstein, Großgartach und Rössen bekannt ist. Diese Gruppen zeichnen sich durch ihre spezifische Keramikgestaltung und ihre Weiterentwicklung agrarischer Techniken aus.
Das Elbe-Saale-Gebiet sowie Böhmen, Teile Österreichs und Polens wurden zur Heimat der Stichbandkeramik. Diese Kultur ist insbesondere für ihre namensgebende Verzierung von Keramikgefäßen bekannt, die mithilfe von Einstichen kunstvoll gestaltet wurden. In Bayern entstand die Gruppe Oberlauterbach, die zusammen mit dem Südostbayerischen Mittelneolithikum (SOB) eigenständige kulturelle Merkmale entwickelte. Beide Gruppen repräsentieren regionale Varianten des Mittelneolithikums, die sich durch ihre Keramikstile und ihre Siedlungsstrukturen unterscheiden. In Ungarn, Mähren, Niederösterreich und Südpolen prägte die Lengyel-Kultur die Landschaft. Stark beeinflusst von südosteuropäischen Traditionen, weist diese Kultur eine Vielzahl von Untergruppen auf, die sowohl in ihrer Keramik als auch in ihrer Architektur bemerkenswerte Innovationen zeigten. Weiter östlich, im Gebiet der Großen Walachei um das heutige Bukarest, entstand die Cucuteni-Kultur. Diese entwickelte sich aus einer Verschmelzung lokaler Traditionen mit Elementen der Vinca-Kultur, was zu einer einzigartigen Mischung aus künstlerischer Gestaltung und technischer Vielfalt führte. Der Übergang von der LBK zu diesen Nachfolgekulturen war ein vielschichtiger und regional differenzierter Prozess. Während einige Kulturen deutliche Brüche und neue Einflüsse aufweisen, zeigen andere eine bemerkenswerte Kontinuität. Diese Vielfalt spiegelt die dynamische Entwicklung des Neolithikums in Europa wider und zeigt, wie unterschiedliche Gemeinschaften auf lokale Herausforderungen reagierten und ihre kulturellen Identitäten formten.
Bedeutende Fundorte der Linearbandkeramischen Kultur
Fundorte in Deutschland
- Ammerbuch-Pfäffingen (Landkreis Tübingen): Dieser Fundort zählt zu den bedeutenden Siedlungen der Linearbandkeramiker in Baden-Württemberg.
- Arnoldsweiler (Düren, Rheinland): Hier wurde eine jungsteinzeitliche Siedlung entdeckt, die zur Erforschung der regionalen Entwicklung der LBK beiträgt.
- Blessem (Rhein-Erft-Kreis): In dieser Region fanden sich Reste einer bandkeramischen Siedlung.
- Borgentreich-Großeneder (Warburger Börde): Ein zentraler Fundort in Nordrhein-Westfalen mit zahlreichen Überresten der LBK.
- Eilsleben und Esbeck: Beide Orte sind bedeutend für ihre Erdwerke, die als frühneolithische Befestigungsanlagen interpretiert werden.
- Eythra (bei Leipzig): Hier wurden umfangreiche Siedlungsreste der Linearbandkeramiker freigelegt.
- Harsum (Landkreis Hildesheim): Dieser Fundort dokumentiert die Verbreitung der LBK in Niedersachsen.
- Herxheim bei Landau/Pfalz: Die Grabenanlage von Herxheim ist besonders bekannt für rituelle Deponierungen und menschliche Überreste, die auf kultische Handlungen hinweisen.
- Langweiler 8: Dieser Siedlungsplatz im Rheinland ist Teil eines umfassenden Forschungsprojekts zur bandkeramischen Kultur.
- Massaker von Talheim: Ein eindrucksvoller Fundort in Baden-Württemberg, der Hinweise auf Gewaltkonflikte innerhalb der LBK liefert.
- Niederpöring: Dieser Ort zeigt mit seinen Grubenhausfunden die Siedlungsstruktur der Linearbandkeramiker in Bayern.
- Schwanfeld: Eine der frühesten bekannten LBK-Siedlungen in Deutschland.
- Wetzlar-Dalheim und Schwetzingen: Bedeutende Siedlungsfunde mit archäologischem Potenzial für die Analyse sozialer Strukturen.
Weitere herausragende Fundstätten
- Elsloo: Diese niederländische Siedlung zählt zu den nördlichsten Fundplätzen der LBK und ist ein Schlüsselort für die Verbreitungsanalyse der Kultur.
- Grafensulz und Wetzleinsdorf: Zwei wichtige Standorte in Österreich, die durch Funde von Keramik und Siedlungsresten hervorstechen.
- Mold (Gemeinde Rosenburg-Mold): Dieser Fundplatz liefert wertvolle Hinweise auf das Alltagsleben der LBK-Gemeinschaften in Niederösterreich.
- Bylany (Tschechien): Eine der größten und am besten erforschten Siedlungen der Linearbandkeramiker, die tiefgreifende Einblicke in das Leben dieser frühen Bauernkultur ermöglicht.
- Kreisgrabenanlage Dresden-Nickern (Sachsen): Dieser Ort zeigt beeindruckende Belege für die Monumentalarchitektur der LBK.
- Massaker von Schletz (Österreich): Ein tragischer Beleg für Konflikte in der Jungsteinzeit, bei dem zahlreiche menschliche Überreste entdeckt wurden.
- Zschernitz (Sachsen): Berühmt für den Fund der „Adonis von Zschernitz“, einer anthropomorphen Figur, die künstlerische und kulturelle Aspekte der LBK beleuchtet.
“ Diese Fundorte zeugen von der erstaunlichen geografischen Verbreitung und kulturellen Einheit der Linearbandkeramischen Kultur, aber auch von ihrer Vielfalt, die durch regionale Besonderheiten geprägt war. „
Siehe auch...
- Mittlere Wärmezeit (Atlantikum) und Geschichte des mitteleuropäischen Waldes:
Die Bandkeramische Kultur entwickelte sich im Zeitraum des Atlantikums, einer klimatisch begünstigten Phase der mittleren Wärmezeit. Diese Periode hatte entscheidenden Einfluss auf die Vegetation und somit auf die Lebensweise und Landwirtschaft der frühen Bauern. - Bandkeramik-Museum Schwanfeld:
Das Museum in Schwanfeld widmet sich der Erforschung und Präsentation der frühesten bäuerlichen Kultur Mitteleuropas. Hier wird die Linearbandkeramik anschaulich mit Originalfunden und Rekonstruktionen dargestellt. - Museum Herxheim:
Dieses Museum beleuchtet die besondere Rolle der Grabenanlage von Herxheim. Mit Fokus auf rituelle Praktiken und die Funde menschlicher Überreste bietet es tiefere Einblicke in das soziale und spirituelle Leben der Bandkeramiker. - Notenkopfkeramik:
Eine charakteristische Verzierung der Keramik aus der späten Phase der Linearbandkeramik, die ihren Namen aufgrund der notenartigen Musterung erhielt. Sie ist ein Schlüsselmerkmal zur Datierung und Identifikation bandkeramischer Funde. - Steinzeitliche Parallelgesellschaften:
Neben den Bandkeramikern existierten in der Jungsteinzeit weitere Gruppen, wie etwa mesolithische Jäger- und Sammlergesellschaften, die parallel zur neolithischen Lebensweise existierten. Der kulturelle Austausch zwischen diesen Gesellschaften spielte eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Region. - Frühe europäische Bauern:
Die Linearbandkeramiker zählen zu den ersten sesshaften Bauern Mitteleuropas. Ihre Lebensweise, landwirtschaftlichen Techniken und Siedlungsstrukturen prägten die Basis der europäischen Agrarkultur.
Diese Themen sind eng mit der Erforschung der Linearbandkeramischen Kultur und ihrer Rolle in der Jungsteinzeit verbunden. Sie ergänzen das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Kultur und sozialen Strukturen der damaligen Zeit.
Frühneolithikum Mitteleuropa
STECKBRIEF
01
Name
Linearbandkeramische Kultur, auch Linienbandkeramische Kultur oder Bandkeramische Kultur, Fachkürzel LBK
02
Alter
Ca. 5.500–4.900 v. Chr.
03
Region
Mitteleuropa (von Frankreich über Deutschland, Österreich, Polen bis in die Slowakei und Ungarn)
04
Namensgebung
Nach der charakteristischen Verzierung ihrer Keramik, die durch lineare Bänder und Muster geprägt ist.
05
Lebensweise
Wirtschaft:
- Sesshafte Bauern, die Landwirtschaft und Viehzucht betrieben.
- Hauptsächlich Anbau von Emmer, Einkorn, Gerste und Erbsen.
- Haltung von Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen.
Siedlungen:
- Langhäuser als typische Wohnbauten aus Holz, Lehm und Stroh.
- Dörfer oft in fruchtbaren Lössgebieten gelegen.
Werkzeuge:
- Verwendung von geschliffenen Steinwerkzeugen (z. B. Dechsel).
- Herstellung von Keramik, teilweise kunstvoll verziert.
06
Kulturelle Merkmale
Sprache und Organisation:
- Keine Schrift, jedoch eine komplexe Organisation zur Errichtung von Langhäusern und Siedlungen.
- Wahrscheinlich einheitliche Sprache über weite Gebiete.
Rituelle Praktiken:
- Funde von Massengräbern (z. B. Talheim, Schletz) deuten auf Konflikte oder rituelle Handlungen hin.
- Grabenanlagen wie in Herxheim könnten kultischen Zwecken gedient haben.
Keramik:
- Verzierungen durch eingeritzte Bänder und Muster, später auch Notenkopfkeramik.
07
Bedeutende Fundorte
- Talheim (Massaker von Talheim)
- Herxheim (Rituelle Grabenanlage)
- Schwanfeld (älteste bandkeramische Siedlung in Deutschland)
- Eythra (umfangreiche Siedlungsspuren)
- Bylany (Tschechien, eines der größten Fundgebiete)
08
Herkunft
Die Bandkeramiker stammten genetisch überwiegend von anatolischen Bauern ab. Sie vermischten sich teilweise mit mesolithischen Jäger- und Sammlerpopulationen Mitteleuropas.
09
Besonderheiten
- Erste großflächige landwirtschaftliche Kultur Mitteleuropas.
- Einführung von Ackerbau und Viehzucht in der Region.
- Die Linearbandkeramische Kultur bildete die Grundlage für nachfolgende neolithische Kulturen.
10
Ende der Kultur
Um 4.900 v. Chr. löste sich die LBK in regionale Nachfolgekulturen auf (z. B. Rössener Kultur, Stichbandkeramik).
11
Erbe
Die Linearbandkeramiker gelten als Wegbereiter der europäischen Agrarkulturen und trugen wesentlich zur Neolithisierung Mitteleuropas bei.
Die detaillierten Informationen auf dieser Seite sind wirklich beeindruckend und machen deutlich, wie bedeutend die Linearbandkeramik für die Entwicklung der europäischen Frühgeschichte ist. Besonders spannend fand ich den Abschnitt über die Verbreitung der Kultur und wie die Landwirtschaft neue Lebensweisen hervorgebracht hat.
Ein Vorschlag, der mir in den Sinn kam: Vielleicht könnte man noch mehr auf die Werkzeuge oder Techniken eingehen, die in der Landwirtschaft oder Keramikherstellung genutzt wurden. Das würde das Bild für Leser wie mich, die tiefer in die Alltagswelt dieser Zeit eintauchen möchten, noch lebendiger machen.
Vielen Dank für die großartige Arbeit – ich werde definitiv häufiger vorbeischauen!“
Liebe Elisabeth, vielen lieben Dank für Ihr ausführliches und positives Feedback zu dem Beitrag über die Linearbandkeramik! Es freut mich sehr, dass die Informationen hilfreich und spannend für Sie waren. Ihr Vorschlag, den Fokus noch stärker auf die Werkzeuge und Techniken in der Landwirtschaft und Keramikherstellung zu legen, ist großartig und absolut nachvollziehbar. Ich werde diesen Punkt aufgreifen und in zukünftigen Beiträgen ausführlicher darauf eingehen, um ein noch lebendigeres Bild vom Alltag dieser faszinierenden Kultur zu zeichnen.
Es ist jedoch oft eine Herausforderung, an detaillierte und verlässliche Informationen zu gelangen, da viele Quellen verstreut oder schwer zugänglich sind. Daher bin ich über jegliche Unterstützung zur Datensammlung und -aufbereitung dankbar.
Wenn Sie Hinweise, Literaturtipps oder andere Ressourcen kennen, freue ich mich sehr, davon zu erfahren. Es ist mir ein großes Anliegen, Geschichte greifbar und erlebbar zu machen, und Ihre Anregungen helfen mir dabei, die Inhalte stetig zu verbessern. Schauen Sie also gerne wieder vorbei – ich freue mich auf Ihren nächsten Besuch!
Herzliche Grüße,
Lydia von Prehistoric Evolution