Das Erbe der Urzeit: Die Evolution des Homo sapiens CA. 9.6000 JAHREN BIS 4.300 JAHREN v.Chr.

Mesolithikum

Mesolithikum (1)

Das Mesolithikum, auch bekannt als Mittelsteinzeit, bildet eine bedeutende Periode in der archäologischen Chronologie Europas zwischen dem späten Paläolithikum (Jungpaläolithikum) und dem Neolithikum. Sein Ursprung liegt in den Veränderungen der Umweltbedingungen infolge der postglazialen Wiederbewaldung Mitteleuropas zu Beginn des Holozäns, etwa um 9600 v. Chr. Diese Veränderungen zwangen die Menschen, ihre Lebensweise anzupassen, da das einstige Großwild der Kältesteppen verschwand. Statt dessen mussten sie sich nun auf die Jagd nach Standwild in den Wäldern und verstärkt auf die Fischerei konzentrieren. Die Mittelsteinzeit endete durch die schrittweise Ausbreitung der neolithischen Wirtschaftsweise, die Ackerbau und Viehzucht einschloss, jedoch regional unterschiedlich war. Im südosteuropäischen Raum erstreckte sich das Mesolithikum etwa bis 5800 v. Chr., während es im nordwesteuropäischen Raum erst um 4300 v. Chr. endete.

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Im mediterranen Raum wird oft der Begriff „Epipaläolithikum“ anstelle von „Mesolithikum“ verwendet. In Nordafrika werden das europäische Mesolithikum und das Jungpaläolithikum manchmal zusammen als Epipaläolithikum bezeichnet, während das Mesolithikum gelegentlich spezifiziert wird, wie im „Khartoum-Mesolithikum„. Sowohl „Mesolithikum“ als auch „Epipaläolithikum“ sind im westlichen Kleinasien gebräuchlich. Bei übergreifenden Darstellungen wird der Begriff oft zur zeitlichen Einordnung verwendet, ohne dass ein spezifischer Lebensstil dahinter steht, da verschiedene Jäger-und-Sammler-Gesellschaften aufgrund ihrer ökologischen Bedingungen und des Fortbestehens verschiedener Lebensweisen existierten, besonders in Europa und einigen Teilen Westasiens.

Mikrolithen

Winzige Projektile und ihre Bedeutung im Mesolithikum

Im Mesolithikum,  wurden neben Kernbeilen auch zunehmend kleinere Feuersteinwerkzeuge hergestellt, die als Mikrolithen bezeichnet werden. Kernbeile waren eine Reaktion auf die zunehmende Bewaldung und deuteten darauf hin, dass Holz zu einem wichtigen Rohstoff wurde. Die Verwendung von Mikrolithen reicht bereits bis ins Jungpaläolithikum zurück. Schon damals war zu beobachten, dass Werkzeuge immer kleiner hergestellt wurden und der Rohstoff Silex effizienter genutzt wurde. Im Mesolithikum erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt. Die vermehrte Herstellung von Mikrolithen während dieser Zeit lässt sich durch verschiedene Faktoren erklären. Zum einen wurden die bekannten Silexvorkommen zunehmend erschöpft oder durch die dichter werdende Vegetation schwerer zugänglich.

Mikrolith: [ © José-Manuel Benito / CC BY-SA 2.5 ]

Man nutzte den verfügbaren Silex sparsam, aber effizient. Zum anderen erforderte der Wandel in der Tierwelt, bedingt durch die wärmere Witterung und das Abwandern kälteliebender Tiere, neue Jagdstrategien in bewaldeten Gebieten, um warmwettertaugliche Säugetiere zu jagen. Mikrolithen wurden in Kompositwaffen eingesetzt, wie zum Beispiel als Pfeilspitzen oder zur Herstellung von Harpunen.

Mikrolithen weisen typischerweise geometrische Formen wie Dreiecke oder Vierecke auf, können aber auch trapezartig sein. Im Verlauf des Mesolithikums lassen sich regionale und zeitliche Entwicklungen bei Mikrolithen feststellen, die dazu beitragen, das Mesolithikum in Früh- und Spätphasen zu gliedern.

Mikrolithen winzig, aber wirkungsvoll

Gliederung

Die Bedeutung von Mikrolithen im Kontext des Mesolithikums

Der Begriff „Mesolithikum“, der primär auf Mittel– und Nordeuropa beschränkt ist, wurde erstmals 1874 von Otto Martin Torell und 1866 von Hodder Westropp eingeführt. Seine Anwendung konzentriert sich vor allem auf diese Regionen. Das Mesolithikum in Mitteleuropa wird anhand charakteristischer Artefakte, insbesondere sogenannter Mikrolithe, in zwei Hauptphasen unterteilt:

  1. Frühmesolithikum (9600–7000/6500 v. Chr.): Gekennzeichnet durch die Verwendung von Dreiecksmikrolithen.
  2. Spätmesolithikum (ca. 7000/6500–5500/4500 v. Chr.): Gekennzeichnet durch die Verwendung von Trapezmikrolithen und gedrückten Makroklingen.
Jägerhaushöhle

Die archäologischen Fundstellen zeigen regionale Unterschiede:

  1. In Süddeutschland sind insbesondere die Jägerhaushöhle und andere Fundorte um Beuron von Bedeutung. Der Begriff „Beuronien“ wurde hier für das Frühmesolithikum geprägt.
  2. Im nördlichen Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen entspricht das ältere und jüngere Mesolithikum der Halterner Stufe und der Boberger Stufe sowie der Hülstener Gruppe im westlichen Nordrhein-Westfalen.
  3. In der Norddeutschen Tiefebene werden die Duvensee-Gruppe (benannt nach den Wohnplätzen im Duvenseer Moor) und die Oldesloer Gruppe unterschieden, möglicherweise auch die Swifterbant-Kultur in den Niederlanden.
  4.  In Dänemark werden die Maglemose-, Kongemose– und Ertebølle-Kultur unterschieden.

Auf den Britischen Inseln fehlen Trapeze. Hier finden sich im Spätmesolithikum große Industrien wie das Larnian (benannt nach Larne in Nordirland, ab ca. 6000 v. Chr.) sowie das Obanian (benannt nach Oban in der schottischen Grafschaft Argyll and Bute). Der Cheddar Man lebte vor rund 10.000 Jahren und wird phänotypisch als jemand mit dunkelbrauner Hautfarbe, blauen Augen und dunklen gelockten Haaren beschrieben, der zudem laktoseintolerant war. In Linmere, Bedfordshire, wurden 25 monumentale runde Gruben entdeckt, die in geraden Linien angeordnet sind. Radiokarbondatierungen legen nahe, dass sie vor 8500 bis 7700 Jahren ausgehoben wurden. Einige dieser Gruben enthalten Tierknochen, darunter die von Auerochsen. Forscher erklären, dass es im Vereinigten Königreich nur sehr wenige mesolithische Stätten dieser Größe gibt. Das Ende des Mesolithikums und der Beginn der Jungsteinzeit in Europa sind mit dem Aufkommen der ersten bäuerlichen Kulturen verbunden. Diese entwickelten sich im Süden früher als im Norden:

Paläolithikum 2

Bestattungspraktiken

Die Vielfalt mesolithischer Bestattungspraktiken

Mesolithische Bestattungen sind eher rar, aber einige Gräberfelder aus dem späten Mesolithikum, insbesondere aus Dänemark und Südschweden, sind bekannt, wie zum Beispiel Skateholm und Vedbaek-Bogebakken. Auf den Inseln Île d’Hœdic und Île Téviec im Département Morbihan (Frankreich) wurden sogar Steinplatten als Grabeinfassungen verwendet. In Castleconnell im County Limerick in Irland wurden geschliffene Steinbeile und frühe Feuerbestattungen entdeckt. Die Blätterhöhle bei Hagen in Deutschland enthielt frühmesolithische Menschenreste, vergleichbar mit Höhlenfunden aus Belgien und Frankreich. In Ligurien, im Nordwesten von Italien, wurde 2017/18 ein Kindergrab freigelegt, das 66 durchlöcherte Schalen von Meeresschnecken (Columbella rustica) enthielt und auf ein Alter von 10.211 bis 9.910 Jahren (cal BP) datiert wurde. Eine Besonderheit des Spätmesolithikums sind Schädelbestattungen, wie zum Beispiel in der Großen Ofnet-Höhle bei Nördlingen, im Hohlenstein-Stadel im Lonetal und in der Höhlenruine „Hexenküche“ auf dem Kaufertsberg bei Lierheim (Landkreis Donau-Ries). Ein bemerkenswertes Grab stammt aus dem mittelsteinzeitlichen Weinberg nahe dem Ortsteil Groß Fredenwalde der Gemeinde Gerswalde im nördlichen Brandenburg. Dort wurden die Überreste von sechs Individuen (drei Erwachsene und drei Kinder) gefunden. 

Weitere Einzelheiten Spätmesolithisches Doppelgrab auf der Île Téviec (etwa 6740 bis 5680 vor heute)
Frau von Bäckaskog

Mesolithische Gräber mit einer vergleichbar großen Anzahl von Verstorbenen sind in Europa bisher nur viermal bekannt. Im Jahr 2014 wurde auf dem Weinberg eine ungewöhnliche 7000 Jahre alte Bestattung entdeckt. Ein etwa 1,60 m großer junger Mann wurde aufrecht stehend bis zu den Knien in einer Grube beigesetzt, und erst nach dem Zerfall des Oberkörpers wurde die Bestattung mit einer Feuerstelle versiegelt. Diese Bestattung störte eine ältere Kinderbestattung, und im selben Jahr wurde außerdem eine benachbarte Kleinkindbestattung geborgen. Die verschiedenen Bestattungen legen nahe, dass der Weinberg das älteste Gräberfeld im nördlichen Mitteleuropa sein könnte. Weitere mesolithische Gräber stammen von Unseburg und Coswig in Sachsen-Anhalt. In Europa wurden mehr als 74 von etwa 2100 Personen in sitzender oder halb sitzender Position bestattet, wie zum Beispiel die Frau von Bäckaskog. Weitere 31 Gräber könnten Sitzbestattungen enthalten haben. Diese Bestattungsform hat insbesondere in Skandinavien dazu geführt, dass neolithische Knochenhaufen in Megalithanlagen als Sitzbestattungen interpretiert wurden.

Schamanin von Bad Dürrenberg

Die Schamanin von Bad Dürrenberg ist eine der faszinierendsten archäologischen Entdeckungen Mitteleuropas. Ihr Grab wurde bereits 1934 entdeckt, doch erst moderne Forschungsmethoden haben das volle Ausmaß ihrer Bedeutung enthüllt. Die Bestattung stammt aus der Mittelsteinzeit (Mesolithikum) und ist etwa 9.000 Jahre alt. Damit gehört sie zu den ältesten belegten Heilerinnen Europas. Die Untersuchung des Skeletts zeigt, dass es sich um eine Frau handelte, die etwa 35 bis 40 Jahre alt wurde. Auffällig sind Veränderungen an ihrem Skelett, die auf körperliche Einschränkungen oder eine Krankheit hinweisen. Dies könnte erklären, warum sie in ihrer Gemeinschaft eine besondere Rolle als Heilerin oder Schamanin einnahm. Besonders bemerkenswert sind die Grabbeigaben: Die Frau wurde mit Tierzähnen, Geweihstücken und einem kunstvoll verzierten Kopfschmuck beigesetzt. Diese Funde deuten auf eine spirituelle oder heilkundliche Funktion innerhalb ihrer Gruppe hin. Die Position der Bestattung und die reichhaltigen Beigaben legen nahe, dass die Frau eine angesehene Persönlichkeit war. Die Kombination aus menschlichen und tierischen Überresten in ihrem Grab spricht für schamanistische Rituale. Solche Funde sind aus dieser Epoche äußerst selten, was die Schamanin von Bad Dürrenberg zu einem einzigartigen Beispiel für spirituelle Praktiken der Mittelsteinzeit macht. Dank neuester bioarchäologischer Untersuchungen konnten Forscher mehr über die Lebensweise der Schamanin herausfinden. Analysen ihrer Knochen und Zähne geben Hinweise auf ihre Ernährung, während Isotopenstudien möglicherweise Aufschluss über ihre Herkunft geben. Die Forschung zu diesem außergewöhnlichen Fund ist noch nicht abgeschlossen, doch die bisherigen Ergebnisse liefern wertvolle Einblicke in die spirituellen Traditionen der frühen Jäger- und Sammlerkulturen Europas.

Die Schamanin von Bad Dürrenberg
Die Schamanin von Bad Dürrenberg. Ein Sensationsfund aus der Mittelsteinzeit

Die Materielle Kultur des Mesolithikums

Ein Überblick über Artefakte und Innovationen

Das Mesolithikum zeichnet sich durch die Verwendung von Feuerstein-Geräten aus, insbesondere Mikrolithen, winzige Projektile aus Feuerstein und anderen Rohmaterialien. Es gibt zwei Haupttypen von Mikrolithen: solche aus speziellen, sehr kleinen Klingen (Mikroklingen) und geometrische Mikrolithen, die durch das gezielte Zerbrechen und anschließende Retuschieren größerer Klingen hergestellt wurden. In Nordeuropa wurden zudem geschäftete Feuerstein-Beile, auch Kern- und Scheibenbeile genannt, verwendet. Aus dem Mesolithikum sind die ersten mit organischen Schäftungen erhaltenen Dolche bekannt. Ein Beispiel ist ein mit Bastumwicklung erhaltener Dolch, der aus einer beidseitig spitz retuschierten großen Feuersteinklinge gefertigt ist und vom Fundplatz Nischneje Veretije in Nordrussland stammt. Radiokohlenstoffdaten datieren die Fundschicht um etwa 8000 v. Chr. In der Fundstelle Olenij Ostrov in Karelien wurde ein etwa gleich alter „Knochendolch mit eingeklebten Feuersteinklingen“ gefunden.

Die organische Erhaltung von Artefakten in Torfmooren ermöglicht einen einzigartigen Einblick in die mesolithische Kultur. Es wurden Fischernetze aus Bast, Pfeilschäfte aus Kiefern– und Haselholz, Reusen, Birkenrindengefäße, Rindenböden und Netzschwimmer gefunden. Angelhaken wurden aus Hirschgeweih oder Knochen hergestellt. Bernhard Gramsch führt 38 Angelhaken aus organischem Material auf, die im Havelland westlich von Berlin gefunden wurden. Einbäume und Paddel sind ebenfalls mehrfach belegt. Bogen aus verschiedenen Nadelhölzern sind aus Friesack (Brandenburg) und Nordrussland bekannt. Bei den so genannten „Wächterbogen“ handelt es sich um fest installierte Bogenfallen.

Scheibenbeil

Wohnweisen im Mesolithikum

Anpassungen an die Umwelt und Lebensraumnutzung

Im Mesolithikum nahm die Sesshaftigkeit im Vergleich zu früheren Epochen etwas zu, wie beispielsweise in den langfristig bewohnten Lagerplätzen des Gravettiens (zum Beispiel in Dolní Věstonice und Pavlov) bereits beobachtet wurde. Dies zeigt sich unter anderem anhand des reduzierten Streifgebietes der Jäger und Sammler, was sich anhand der Herkunft von Feuerstein-Rohmaterialien nachvollziehen lässt. Die Gruppen der Mittelsteinzeit nutzten saisonal mehrere Wohnplätze und auf mesolithischen Grabungsplätzen wurden Strukturen entdeckt, die auf Windschirme und Hütten hinweisen. Die häufigeren Windschutzbauten sind durch wenige Pfostenlöcher gekennzeichnet, die entweder in geraden Linien oder in einem Bogen angeordnet sind. Ein herausragendes Beispiel ist Mount Sandel (etwa 6960–6440 v. Chr.) in Irland, wo eine große Anzahl von Pfostenlöchern auf ein solides Gebäude hinweist. Der Fundplatz Morton in Schottland (4700–4300 v. Chr.) deutet mit Lochreihen für Pfosten oder Stangen auf wiederholte Besiedlung hin, wobei vermutlich Windschirme errichtet wurden.

Rekonstruktionsmodell einer Hütte von Mount Sandel
Rekonstruktion einer Hütte, wie sie mesolithische Jäger, Fischer und Sammler in Irland etwa 7.000 v. Chr. saisonal genutzt haben.

In Norwegen wurden Fundplätze mit Überresten von Steinwällen und fundamentartigen Steinsetzungen entdeckt. Beispielsweise in Tverrvikraet bei Gamvik, Finnmark, wurden Reste eines kleinen rechteckigen Hauses gefunden, während auf der Insel Træna die Überreste eines 6000–4000 Jahre alten Hauses entdeckt wurden. Pfostenlöcher an den Innenseiten der Wände und einer zentralen Feuerstelle lassen auf eine klare Deutung als Wohnstätte schließen. Am Varangerfjord in Norwegen nahe der Grenze zu Russland wurden kreisförmige Anordnungen von Pfostenlöchern gefunden, die Grubenhäuser und Zelte andeuten.

Ernährung im Mesolithikum

Strategien, Nahrungsquellen und kulturelle Entwicklungen

Die Umstellung der Ernährung während der Mittelsteinzeit wurde durch mehrere Faktoren beeinflusst, insbesondere durch die Abwanderung großer Herdentiere und die verstärkte Verfügbarkeit von Sammelgut wie Früchten und Muscheln. Verbesserte Techniken zum Fang von Kleintieren sowie die Weiterentwicklung der Fischerei spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Da die großen Herden der Altsteinzeit wie Rentiere, Saigas und Wildpferde abgewandert waren, konzentrierte sich die Jagd nun auf Standwild wie Rothirsch, Reh und Wildschwein. Zusätzlich zur Jagd auf Wildtiere wurden auch Fische, Vögel und Kleintiere gejagt. An den Küsten Nordmitteleuropas erzeugte die Kongemose-Kultur (6000–5200 v. Chr.) die ersten Küchenabfallhaufen, die entlang der Atlantikküste zahlreicher zu finden waren.

Die Haselnuss spielte bereits im frühen Mesolithikum eine bedeutende Rolle in der Ernährung. Ihre schnelle Ausbreitung in dieser Zeit wird mit der Ausbreitung des Menschen in Verbindung gebracht, der möglicherweise durch die Anlage von Haselnussvorräten die Vermehrung der Haselnuss bewusst oder unbewusst gefördert hat. Dies könnte die früheste Form der Kultivierung eines Nahrungsmittels in Europa sein, auch wenn dies nicht eindeutig nachweisbar ist. Dicke Schichtpakete aus Nussschalen vom Fundplatz Duvensee sowie spezialisierte Röstplätze zur Verarbeitung umfangreicher Nussvorräte, Nussknacker und Modellierungen zum Ausmaß der frühholozänen Nussnutzung belegen, dass die Bedeutung der Haselnuss möglicherweise die Erträge des frühen Ackerbaus überstiegen haben könnte. Die Analyse eines circa 5700 Jahre alten Birkenpech-Kaugummis ergab, dass Ente und Haselnuss Teil der damaligen Ernährung in Nordeuropa waren.

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Forschungsgeschichte zum Mesolithikum

Entwicklung, Methoden und Erkenntnisse

Der Begriff „Mesolithikum“ wurde erstmals im Jahr 1866 von Hodder Michael Westropp (1820–1885) eingeführt, ein Jahr nach der Veröffentlichung von John Lubbocks „Pre-historic Times“. Westropp grenzte das Mesolithikum von der Altsteinzeit (Paläolithikum) und der Jungsteinzeit (Neolithikum) ab und ordnete es den dänischen Kökkenmöddingar zu. Er glaubte an einen kontinuierlichen Übergang zwischen Altsteinzeit und Jungsteinzeit. Allerdings waren führende Archäologen wie Gabriel de Mortillet oder Émile Cartailhac anderer Ansicht. Sie argumentierten, dass es einen kulturellen Bruch zwischen Altsteinzeit und Jungsteinzeit gab und lehnten die Vorstellung eines fließenden Übergangs ab. Aus diesem Grund wurde das Mesolithikum zunächst weitgehend ignoriert oder nicht erkannt und fand erst Jahrzehnte später Eingang in die angelsächsische und französische Archäologie. Die Vorstellung eines kulturellen Bruchs blieb bis 1895 bestehen, als Ausgrabungen in Mas d’Azil einen kontinuierlichen Übergang zwischen Alt- und Jungsteinzeit aufzeigten. Obwohl der Begriff Mesolithikum bereits seit 1866 existierte, wurde er in den 1890er Jahren von Archäologen neu geprägt, ohne Kenntnis von Westropps Arbeit. Erst durch die Forschungen von Sir John Grahame Douglas Clark (1907–1995) wurde das Mesolithikum vollständig anerkannt und in die archäologische Forschung integriert.

Mas d'Azil
Literatur

Literatur zum Mesolithikum

  • Wolfram SchierJörg Orschiedt, Harald Stäuble, Carmen Liebermann (Hrsg.): Mesolithikum oder Neolithikum? Auf den Spuren später Wildbeuter. Edition Topoi, Berlin 2021. (online, PDF)

  • Philippe Crombé, Erick Robinson: European Mesolithic: Geography and Culture State of Knowledge and Current Debates. In: Encyclopedia of Global Archaeology. 2014, S. 406–413.

  • Birgit Gehlen, Martin Heinen, Andreas Tillmann (Hrsg.): Zeit-Räume. Gedenkschrift für Wolfgang Taute (= Archäologische Berichte. Band 14). DGUF in Kommission bei Rudolf Habelt, Köln/Bonn 2001 (Digitalisat)

  • Judith M. Grünberg et al.: Mesolithische Bestattungen – Riten, Symbole und soziale Organisation früher postglazialer Gemeinschaften. In: Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle. Band 13/II | 2016.

  • Steven J. Mithen, Karen Wicks: The interpretation of Mesolithic structures in Britain: new evidence from Criet Dubh, Isle of Mull, and alternative approaches to chronological analysis for inferring occupation tempos and settlement patterns. In: Proceedings of the Prehistoric Society. 84. ISSN 0079-497X S. 77–110.

  • Thomas Terberger, Berit Eriksen (Hrsg.): Hunters in a changing world. Environment and archaeology of the Pleistocene-Holocene transition (ca. 11.000–9000 B.C.) in Northern Central Europe. Internationale Archäologie – Arbeitsgemeinschaft, Tagung, Symposium, Kongress 5. Rahden/Westfalen: Marie Leidorf 2004.

Mesolithikum

STECKBRIEF

01

Name

Mesolithikum

02

Alter

etwa 9600 v. Chr bis 5.800 v. Chr. im südosteuropäischen Raum, nordwesteuropäischen Raum etwa 4.300 v. Chr

03

Mikrolithen

Eine der herausragendsten Innovationen des Mesolithikums sind Mikrolithen. Diese kleinen Feuersteinwerkzeuge wurden für verschiedene Zwecke wie Jagd- und Fischereigeräte verwendet. Sie waren kleiner und feiner gearbeitet als die Werkzeuge der vorherigen Epochen.

04

Anpassung an veränderte Umweltbedingungen

Während des Mesolithikums vollzog sich eine bedeutende Veränderung der Umwelt, insbesondere durch das Ende der Eiszeit und den Übergang zu wärmeren Klimabedingungen. Die Menschen passten sich an diese neuen Lebensräume an, indem sie neue Jagd- und Sammeltechniken entwickelten.

05

Sesshaftigkeit und soziale Organisation

Während einige Gruppen weiterhin nomadisch lebten, zeigen archäologische Funde auch Ansätze von Sesshaftigkeit. Dies äußerte sich in der Errichtung temporärer Lager oder saisonaler Wohnstätten. Es entstanden auch erste Ansätze von sozialer Organisation und Arbeitsteilung innerhalb der Gemeinschaften.

06

Veränderungen in der Ernährung

Die veränderten Umweltbedingungen brachten auch eine Veränderung in der Ernährung mit sich. Mit dem Rückgang von großen Tieren wie Mammut und Bison wurden vermehrt Kleinwild, Fische und andere Ressourcen gesammelt und gejagt.

07

Kulturelle Vielfalt

Das Mesolithikum war geprägt von einer Vielfalt an kulturellen Traditionen und regionalen Unterschieden. Diese zeigen sich in den unterschiedlichen Artefakten, Werkzeugen und Siedlungsmustern, die in verschiedenen Teilen der Welt gefunden wurden.

Gliederung des Mesolithikum

FRÜHMESOLITHIKUM
ca. 9.600 – 7.000 v.Chr

SPÄTMESOLITHIKUM
ca. 7.000 – 5.500 v.Chr

Prähistorische Evolution

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