Die prähistorische Evolution... 7.000-5.500/5.000 v.Chr

Spätmesolithikum

Das Spätmesolithikum bezeichnet eine Phase in der mesolithischen Periode, die in verschiedenen Regionen Europas zwischen etwa 7000 und 5000 v. Chr. anzusiedeln ist. Während dieser Zeit gab es bedeutende Veränderungen in der Lebensweise und Technologie der mesolithischen Gesellschaften. Eine der markantesten Eigenschaften des Spätmesolithikums war die Fortsetzung und Verfeinerung der Jäger- und Sammler-Lebensweise, die bereits im früheren Mesolithikum etabliert worden war. Die Menschen lebten in kleinen Gruppen und waren mobil, sie zogen oft saisonal zwischen verschiedenen Lebensräumen hin und her, um Ressourcen zu nutzen.

Spätmesolithikum
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In Bezug auf die Technologie war das Spätmesolithikum durch fortschrittliche Steinwerkzeuge gekennzeichnet. Insbesondere die Herstellung von Mikrolithen erreichte während dieser Zeit einen Höhepunkt. Mikrolithen waren kleine, fein gearbeitete Feuersteinwerkzeuge, die für verschiedene Zwecke wie Jagd, Fischfang und Holzbearbeitung verwendet wurden. Sie wurden oft in Harpunen, Pfeilspitzen und anderen Jagd- und Fischfanggeräten eingesetzt. Darüber hinaus zeigen archäologische Funde aus dem Spätmesolithikum eine zunehmende Vielfalt in der materiellen Kultur, einschließlich der Herstellung von Schmuck, Behältern und anderen Artefakten. Dies deutet auf eine weiterentwickelte kulturelle und soziale Komplexität innerhalb mesolithischer Gemeinschaften hin. Das Spätmesolithikum war auch eine Zeit des kulturellen Wandels und der Kontinuität. Während sich die Lebensweise und die Technologie weiterentwickelten, gab es auch viele kulturelle Traditionen und Techniken, die aus dem früheren Mesolithikum übernommen wurden. Insgesamt markiert das Spätmesolithikum eine Phase des Übergangs zwischen dem mesolithischen und dem neolithischen Lebensstil. Während sich einige Gesellschaften bereits auf den Übergang zur sesshaften Lebensweise vorbereiteten, blieben andere weiterhin als Jäger und Sammler mobil.

Klingenherstellung

Stil von Montbani

Im späten Mesolithikum wurde eine interessante Neuerung in der Klingenherstellung entdeckt – die Druck- oder Pressmethode. Diese Methode ermöglichte es, Klingen mit geraden Kanten oder Graten herzustellen, was zuvor nicht üblich war. Die Klingen, die auf diese Weise hergestellt wurden, hatten einen parallelen Verlauf ihrer Kanten oder Grate. Was besonders faszinierend ist, ist die Weiterverarbeitung dieser Klingen zu trapezförmigen Mikrolithen, wie sie aus dem Tardenoisien bekannt sind. Mikrolithen sind kleine, fein gearbeitete Werkzeuge aus Feuerstein, die oft für Jagd- und Fischfanggeräte verwendet wurden. Die Tatsache, dass diese Klingen zu Mikrolithen verarbeitet wurden, deutet auf eine fortschrittliche Technologie und ein raffiniertes handwerkliches Können der Menschen im späten Mesolithikum hin. Diese Entdeckung zeigt, wie sich die Fertigungstechniken im Laufe der Zeit entwickelten und wie sich die Menschen an neue Herausforderungen und Bedürfnisse anpassten. Die Verwendung der Druck- oder Pressmethode und die Weiterverarbeitung zu Mikrolithen waren wichtige Schritte in der Evolution der Steinwerkzeugtechnologie während des späten Mesolithikums.

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Die Schamanin von Bad Dürrenberg

Die Schamanin von Bad Dürrenberg

die älteste bekannte Heilerin Europas Ein Sensationsfund aus der Mittelsteinzeit

Die im ersten Moment der Jungsteinzeit zugeschriebene Doppelbestattung von Bad Dürrenberg in Sachsen-Anhalt entpuppte sich als eine der bedeutendsten Grabentdeckungen europäischer Jäger- und Sammlergruppen aus der Mittelsteinzeit (Mesolithikum). Erst Jahrzehnte nach ihrer zufälligen Entdeckung wurde die wahre historische Tragweite dieses Fundes erkannt. Nachgrabungen und moderne Analysen haben mittlerweile faszinierende neue Erkenntnisse über die Bestatteten und die außergewöhnlichen Beigaben zutage gefördert. Am 4. Mai 1934 stießen Arbeiter bei Schachtarbeiten im heutigen Kurpark von Bad Dürrenberg auf eine geheimnisvolle Doppelbestattung. Innerhalb einer nur 90 × 55 cm großen, rechteckigen Grabgrube lagen die Überreste einer Frau, deren Körper stark zusammengepresst in hockender Haltung bestattet worden war. Zwischen ihren Oberschenkeln fanden sich zudem die Überreste eines Säuglingsschädels. Die archäologische Dokumentation war damals jedoch denkbar spärlich: Eine schnelle Bergung am nächsten Tag ließ nur Raum für grobe Skizzen und einen kurzen Grabungsbericht. So blieb die ursprüngliche Fundlage lange Zeit nur durch diese frühen Aufzeichnungen rekonstruierbar. Erst durch spätere wissenschaftliche Untersuchungen wurde das Grab als eine der bedeutendsten mesolithischen Bestattungen Mitteleuropas erkannt.

Schamanin Bad Dürrenberg
Jahrtausendelang lag die Frau mit einem Kind in ihrem Arm unter der Erde. Nun wurden einige ihrer Geheimnisse gelüftet. Foto von Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Karol Schauer

Rätselhafte Beigaben und die Korrektur einer Fehleinschätzung

Bereits in den 1930er-Jahren weckten einige Grabbeigaben großes Interesse, darunter ein sorgfältig bearbeitetes Steinbeil und mehrere kunstvoll durchbohrte Keilerhauer. Zunächst führte dies jedoch zu einer gravierenden Fehleinschätzung: Man ordnete die Bestattung fälschlicherweise der schnurkeramischen Kultur der Jungsteinzeit zu. Erst eine Radiokohlenstoffdatierung in den 1970er-Jahren widerlegte diese Annahme endgültig und datierte das Grab in die späte Mittelsteinzeit, etwa 7000–6800 v. Chr. Besonders bemerkenswert ist die Fülle und Zusammensetzung der Grabbeigaben. Während mesolithische Bestattungen in Mitteleuropa üblicherweise nur wenige oder gar keine Beigaben enthalten, stach dieses Grab durch eine außergewöhnlich reiche Ausstattung hervor. Neben Schmuck aus Tierzähnen und kunstvoll bearbeiteten Knochenfunden fand sich eine Vielzahl von Artefakten aus Stein, Geweih und Muschelschalen. Ein derartiger Fundreichtum legt nahe, dass die Verstorbene eine besondere gesellschaftliche Rolle innehatte – möglicherweise als Schamanin.

Die Schamanin von Bad Dürrenberg
Die Schamanin von Bad Dürrenberg. Ein Sensationsfund aus der Mittelsteinzeit

Die Schamanin von Bad Dürrenberg?

Ein schädelgetreues Rehgeweih, das vermutlich als Kopfschmuck diente, stützt diese Deutung. Vergleichbare Geweihkappen sind aus der mittelsteinzeitlichen Fundstelle Star Carr in England bekannt und finden sich in ethnografischen Parallelen bei Schamanen indigener Kulturen Sibiriens und Nordamerikas. Dort werden sie in rituellen Zeremonien getragen, um Jagdglück herbeizuführen oder sich mit der spirituellen Kraft des Tieres zu verbinden. Das Bad Dürrenberger Rehgeweih weist auffällige Bearbeitungsspuren auf, darunter gezielte Einschnitte an der Schädelbasis und den Geweihstangen – Hinweise auf eine rituelle Nutzung? Auch die außergewöhnliche Menge an durchbohrten Tierzähnen – darunter Schneide– und Eckzähne von Wildschweinen, Hirschen und Auerochsen – spricht für eine besondere soziale Stellung der Verstorbenen. Die auffälligen Nutzungsspuren deuten darauf hin, dass der Schmuck über lange Zeit getragen wurde. Darüber hinaus fanden sich Reste von mindestens drei europäischen Sumpfschildkröten, deren Panzer möglicherweise als Behältnisse genutzt wurden. Diese Zusammenstellung ungewöhnlicher Grabbeigaben ist in der mitteleuropäischen Mittelsteinzeit einzigartig.

Schamanin Bad Dürrenberg
Schamanin von Bad Dürrenberg Funde Grabbeigaben

Werkzeuge und Artefakte von besonderer Bedeutung

Neben rituellen Objekten fanden sich auch praktische Werkzeuge, darunter mehrere Knochenartefakte wie Pfriemen, Nadeln und ein auffälliger Spatel aus dem Mittelfußknochen eines Rothirsches mit deutlichen Ockerresten. Dies belegt die gezielte Verwendung von Rötel, das in vielen prähistorischen Kulturen mit symbolischer Bedeutung in Verbindung steht. Ein weiteres Highlight ist ein Kranichknochen mit einer längsseitig angelegten Öffnung, in dem 29 feine Mikrolithen aus Feuerstein entdeckt wurden. Diese dienten vermutlich als Pfeilspitzen oder Widerhaken für Jagdwaffen – ein faszinierender Beweis für die fortgeschrittene Werkzeugherstellung der Epoche. Unter den Steinwerkzeugen ragt das vollständig geschliffene Steinbeil heraus. Seine Form erinnert zwar an neolithische Exemplare, doch es zählt heute zu den ältesten geschliffenen Steinbeilen Europas – ein technologischer Fortschritt, der in die Mittelsteinzeit zurückreicht.

Geschliffenes Steinbeil, eine Rötelknolle und eine Knochenspatel, mit dem Rötel von der Knolle abgeschabt wurde. Das Beil gehört zusammen mit wenigen anderen Beispielen zu den ältesten geschliffen

Wer war die Frau von Bad Dürrenberg?

Die Bestattung blieb lange Gegenstand von Fehldeutungen – nicht nur in Bezug auf das Alter des Grabes, sondern auch hinsichtlich des Geschlechts der Hauptperson. Ursprünglich hielt man sie für einen Mann. Erst der Anthropologe Hans Grimm stellte 1957 zweifelsfrei fest, dass es sich um eine Frau handelte, die mit einem Säugling bestattet wurde. Neue genetische Analysen enthüllten weitere spannende Details: Die Frau war etwa 30 bis 40 Jahre alt, von zierlicher Statur (ca. 1,55 m groß) und wies eine für ihre Zeit typische Erscheinung auf – dunkle Haut, dunkle Haare und auffallend helle Augen, wahrscheinlich blau oder grün. Auffällig ist das Fehlen ausgeprägter Muskelansätze an den Beinen, wie sie für Jäger und Sammler typisch sind. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie eine weniger körperlich anspruchsvolle Rolle innehatte – ein weiteres Indiz für ihren möglichen Status als Schamanin. Ein besonders rätselhaftes anatomisches Merkmal war eine kleine Einschnürung an der Schädelbasis. Zunächst als Spur einer rituellen Enthauptung fehlinterpretiert, stellte sich später heraus, dass es sich um eine natürliche Anomalie eines Blutgefäßes handelte. Eine zweite Auffälligkeit zeigte sich am ersten Halswirbel, der ebenfalls eine ungewöhnliche Fehlbildung aufwies. Diese könnte in bestimmten Kopfhaltungen zu einer Minderdurchblutung des Gehirns geführt haben, was möglicherweise mit neurologischen Ausfällen oder Trance-Zuständen einherging.

Schädelbasis der Frau mit unvollständig ausgebildetem erstem Halswirbel. Inzwischen konnte der ebenfalls anormale zweite Halswirbel geborgen werden.

Ein Rätsel, das weiterlebt...

Die Nachgrabung von 2019 brachte weitere fehlende Skelettelemente ans Licht und führte zu neuen Erkenntnissen über die Grabstätte. Besonders aufschlussreich war die genetische Untersuchung des Säuglings: Eine direkte Verwandtschaft zur Frau konnte ausgeschlossen werden, sodass es sich nicht um ihr eigenes Kind handelte. Die Doppelbestattung von Bad Dürrenberg bleibt eine der faszinierendsten archäologischen Entdeckungen Europas. Sie eröffnet einen seltenen Einblick in die spirituellen und sozialen Strukturen der Mittelsteinzeit. Die Frau, die einst in einer mit Beigaben überhäuften Grabstätte bestattet wurde, war möglicherweise eine Schamanin – eine Vermittlerin zwischen Mensch und Natur, die mit Ritualen und Symbolen eine besondere Rolle in ihrer Gemeinschaft spielte.

Blick auf das Grabungszelt im Kurpark von Bad Dürrenberg

Spätmesolithikum

STECKBRIEF

01

Name

Spätmesolithikum

02

Alter

Circa 7000 v. Chr. – 5000 v. Chr. (Datierungen können je nach Region variieren)

03

Orte und Verbreitung

Das Spätmesolithikum erstreckt sich hauptsächlich über Europa, insbesondere in Gebieten wie dem Nahen Osten, Skandinavien, der britischen Insel und den Baltischen Staaten. Es ist die fortgeschrittenste Phase des Mesolithikums vor dem Eintritt in die neolithische Periode.

04

Subsistenzstrategie

Die Menschen des Spätmesolithikums waren Jäger und Sammler, die sich auf die Jagd von Wildtieren und das Sammeln von Wildpflanzen spezialisiert hatten. Sie waren sehr abhängig von der Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen.

05

Werkzeuge und Technologie

Steinwerkzeuge blieben wichtig, wobei Mikrolithe immer noch häufig verwendet wurden. Es gab auch eine Zunahme von technologischen Innovationen, wie beispielsweise komplexere Jagdwaffen und Werkzeuge.

06

Wohnstätten

Die Wohnstätten im Spätmesolithikum waren oft besser organisiert und könnten saisonale Lagerplätze oder sogar halb-permanente Siedlungen gewesen sein.

07

Mobilität

Die Mobilität blieb hoch, aber es gibt Hinweise darauf, dass einige Gemeinschaften möglicherweise begannen, sesshaft zu werden oder zumindest bestimmte Orte regelmäßiger aufzusuchen.

08

Kunst und Religion

Es gibt einige Hinweise auf künstlerische Ausdrucksformen wie Felsgravuren und möglicherweise symbolische Gegenstände. Religiöse Vorstellungen könnten sich weiterentwickelt haben, obwohl konkrete Beweise begrenzt sind.

09

Fortgeschrittene Steinbearbeitung

Es gab eine Weiterentwicklung in der Steinbearbeitung, wodurch Werkzeuge effizienter und spezifischer für verschiedene Zwecke wurden. Werkzeuge wurden möglicherweise spezifischer für bestimmte Aufgaben, was auf eine zunehmende Spezialisierung und Differenzierung von Arbeitsabläufen hinweist.

10

Klimatische Veränderungen

Das Spätmesolithikum war geprägt von klimatischen Veränderungen, die die Verfügbarkeit von Ressourcen beeinflussten und die Anpassungsfähigkeit der Gemeinschaften herausforderten.

11

Wichtige archäologische Funde

Tybrind Vig (Dänemark):Tybrind Vig ist eine archäologische Fundstätte in Dänemark, die Einblicke in das Leben der Menschen im Spätmesolithikum bietet. Dort wurden zahlreiche Artefakte wie Werkzeuge, Tierknochen und sogar gut erhaltene Bootsfunde entdeckt, die auf die Lebensweise der Menschen dieser Zeit hinweisen.

Spätmesolithikum KULTUREN/ INDUSTRIEN

DUVENSEE-GRUPPE
ca. 7.000 – 6.000 v.Chr

TARDENOISIEN
ca. 6.000 – 4.500 v.Chr 

KONGEMOSE-KULTUR
ca. 6.000 – 5.200 v.Chr

 

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